Wer sind die Guten? Merz, die AfD und das Schaulaufen im Sommerloch Von Dagmar Henn

Wer sind die Guten? Merz, die AfD und das Schaulaufen im Sommerloch

Es ist Juli, der Monat, in dem Redaktionen für jedes Thema dankbar sind, und Friedrich Merz legt einen Streit um kommunalpolitische Zusammenarbeit mit der AfD auf den Tisch. Tut er das wirklich? Oder hat er nur die Gelegenheit genutzt, eine weitere Runde „Wir sind die Guten“ zu spielen?

Wer sind die Guten? Merz, die AfD und das Schaulaufen im Sommerloch

Von Dagmar Henn

 

Es ist Juli, der Monat, in dem Redaktionen für jedes Thema dankbar sind, und Friedrich Merz legt einen Streit um kommunalpolitische Zusammenarbeit mit der AfD auf den Tisch. Tut er das wirklich? Oder hat er nur die Gelegenheit genutzt, eine weitere Runde „Wir sind die Guten“ zu spielen?

Man fragt sich unwillkürlich, war die Äußerung von Friedrich Merz überhaupt ernst gemeint oder war sie nur ein Schauspiel durch einen Politiker, der schon das Rentenalter erreicht hat, um eine weitere Runde Beteuerungen, wie sehr man nichts mit der AfD zu tun haben wolle, zu ermöglichen?

Die Halbwertszeit dieser Aussage lag mit weniger als 24 Stunden an der Untergrenze des technisch Machbaren. Merz, dessen gesamte politische Karriere nicht wirklich von einem Streben nach Konsens geprägt war, wirft ein paar kontroverse Sätze in den Raum und rudert sofort wieder zurück? Das war genau so beabsichtigt.

Schließlich sind bald Landtagswahlen in Bayern und Hessen, zwei der großen Bundesländer, es ist gerade Sauregurkenzeit, und wenn man jetzt ein Thema durch die Presse jagen will, dann bekommt es die ganze Aufmerksamkeit fast ohne Aufwand. Es war doch klar, dass auf einen Satz, der Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene mit der AfD akzeptiert, selbst aus der CDU eine ganze Meute anspringt.

Im eigentlichen Sommerinterview des ZDF, aus dem diese Aussage stammt, gibt es davor einen Einspieler mit einer Reihe von CDU-Kommunalpolitikern, vor allem aus den annektierten Bundesländern, die alle erklären, die Kommunalpolitik sei weitestgehend nicht parteipolitisch, und selbstverständlich müsse man zusammenarbeiten, die proklamierte „Brandmauer“ sei widersinnig. Der Einspieler endet mit dem Kommentarsatz: „Friedrich Merz kann die Brandmauer seiner Basis nicht mehr diktieren.“

Dann wird, ehe die Frage an Merz geht, ein früheres Zitat von ihm aufgegriffen: „Wenn irgendjemand von uns die Hand hebt, um mit der AfD zusammenzuarbeiten, dann steht am nächsten Tag ein Parteiausschlussverfahren an.“ Ein Satz, der Merz in die Zwickmühle bringen muss – es blieben in manchen Regionen nicht mehr allzu viele Kommunalpolitiker übrig.

Wobei Kommunalpolitik wirklich ein anderes Feld ist als die Landes- oder Bundespolitik. Selbst bei größter Aufmerksamkeit ist die Zahl der Themen, bei denen man eine grundsätzliche Auseinandersetzung führen kann, äußerst begrenzt. Dort, wo die Kommunen unter Haushaltsaufsicht stehen, also über keine Mittel verfügen, über die frei entschieden werden könnte, werden diese Themen noch seltener. Eine Schulrenovierung benötigt einen Beschluss, weil öffentliche Mittel nicht ohne Beschluss ausgegeben werden dürfen, aber eine politische Auseinandersetzung lässt sich darum nicht führen, weil die Kommune in der Regel dazu verpflichtet ist. In kleinen Kommunen kommt noch der Faktor hinzu, dass sich viele der Beteiligten üblicherweise bereits seit Jahren oder Jahrzehnten kennen, ehe sie sich in der Rolle als Vertreter einer bestimmten Partei begegnen.

„Auf der kommunalen Ebene ist die Parteipolitisierung ohnehin ein wenig zu weit vorangeschritten. Es ist jetzt in Thüringen ein Landrat gewählt worden, und natürlich ist das eine demokratische Wahl. […] Und natürlich muss dann in den Kommunalparlamenten nach Wegen gesucht werden, wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet.“

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