Klitschko: Selenskijs Ukraine ist ein autoritärer Staat
In Interviews kritisierte Vitali Klitschko den ukrainischen Präsidenten mehrfach: Man könne das Volk und die Partner nicht „ewig anlügen“. Zu seiner Perspektive auf das Präsidentenamt könne Klitschko noch nichts sagen. Die Existenz der Ukraine sei ungewiss.
Klitschko: Selenskijs Ukraine ist ein autoritärer Staat
Die Meinung von Vitali Klitschko ist aktuell offenbar international sehr gefragt. Neben dem am Samstag in der Schweizer Wochenzeitung 20 Minuten veröffentlichten Interview mit dem Kiewer Bürgermeister gab es noch ein weiteres Interview im Spiegel. Klitschkos Aussagen rezipierte am Mittwoch die New York Post. Der Ex-Schwergewichtsboxer spricht über die Fehler im Ukraine-Krieg, über die Fehler des ukrainischen Präsidenten und über die Zukunft der Ukraine, sofern „die Ukraine überhaupt weiter existiert.“
Der Journalist von 20 Minuten befragte Klitschko zunächst über die Lage in Kiew. Die ukrainische Hauptstadt stehe weiterhin unter russischem Beschuss, erklärte der Bürgermeister. Allerdings würden die Einwohner mittlerweile nicht mehr die Bunker aufsuchen, „dank der deutschen Iris-Abwehrsysteme“ blieben die russischen Angriffe weitestgehend ohne Erfolg. Außerdem kehrten die Menschen inzwischen nach Kiew zurück. Die Stadt sei brechend voll.
Die Russen würden Terror verüben – daher sei Schweizer Neutralität in diesem Krieg nicht angebracht
Grundsätzlich würden die Russen sich nicht an das internationale Kriegsrecht halten.
„Die Russen erzählen, dass sie militärische Anlagen zum Ziel hätten, doch sie gehen gegen die zivilen Strukturen und wollen, dass Millionen Menschen bei Minusgraden frieren. Es ist schlicht Terror und gegen jedes Kriegsrecht.“
Für den kommenden Winter halte Klitschko die Kiewer Bürger daher an, sich Vorräte anzulegen: Wasser, Essen und warme Kleidung.
Zwar versuche die Schweiz bekanntlich, neutral zu sein, so der ehemalige Schwergewichtsboxer, aber in diesem Krieg „kann man nicht neutral sein.“ Nach Klitschkos Aussagen verteidige sich die Ukraine gegen einen Angriff auf ihre Menschenrechte seitens einer diktarorischen russischen Regierung: „Gegen Terror und Völkermord – und das passiert in diesem Krieg gerade – muss man Stellung beziehen. Entweder verteidigt man Menschenrechte oder eine Diktatur.“
Was hält Klitschko vom ukrainischen Präsidenten?
Er sei nicht überrascht, dass Selenskijs Beliebtheit sinke. Schließlich würden „die Leute sehen, wer effektiv ist und wer nicht.“ Die Leute würden sich fragen, „warum wir auf diesen Krieg nicht besser vorbereitet waren.“ Es habe auch zu viele Falschinformationen gegeben, Informationen, die sich nicht mit der Realität deckten.
Der ukrainische General Saluschny habe die Kriegslage als „Pattsituation“ beschrieben. Ob das ein Fehler gewesen sei, wollte 20 Minuten wissen. Saluschny habe Klitschko zufolge die Wahrheit gesagt. Man könne das Volk und die Partner der Ukraine nicht ewig euphorisch anlügen. Deshalb stehe Klitschko hinter den klaren Worten von Saluschny. Dennoch müsse man den Präsidenten nun noch weiter unterstützen. Bei Kriegsende werde dann jeder Politiker für seine Misserfolge zahlen.
Im Spiegel-Interview soll Klischko den ukrainischen Präsidenten öffentlich so heftig angegriffen haben, wie es noch nie vorgekommen sei, berichtete die New York Post am Mittwoch. Demnach habe Klitschko gesagt:
„Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij entwickelt sich zu einem Autokraten, der die Ukraine zu einem autoritären Staat umgestaltet, der sich von Russland nicht unterscheidet.“
Diese scharfe Verurteilung sei schockierend, kommentierte die NY Post. Und obwohl ihre Büros nur wenige Meter voneinander entfernt lägen, würden sich die beiden „verfeindeten“ Politiker nie treffen und auch nicht miteinander reden. Nach Klitschkos Auffassung hätten nur die Bürgermeister und Regionalgouverneure dafür gesorgt, dass die Ukraine sich nicht in ein autoritäres Regime verwandelt habe, gab die US-amerikanische Zeitung die Position des Kiewer Bürgermeisters wieder.
Hat Klitschko Ambitionen auf das Präsidentenamt?
Es wäre unklug, sich jetzt über politische Ambitionen zu äußern, erklärte der Kiewer Amtschef im Interview mit 20 Minuten auf die Frage nach seinen Ambitionen auf das Präsidentenamt.
„Es wäre dumm, heute darüber nachzudenken. Heute geht es nur darum, ob die Ukraine überhaupt weiter existiert.“
Das Land wackele im Augenblick in seiner Existenz. Schließlich würde Putin die Unabhängigkeit der Ukraine nicht akzeptieren. Der ehemalige Profiboxer Klitschko über Putin:
„Er sagt, die Ukraine gehöre zum russischen Imperium.“
Demgegenüber kämpften die Ukrainer für ihre Freiheit und Unabhängigkeit.
Beim Wiederaufbau gehe es ihm nicht nur um die Instandsetzung der Infrastruktur. Um die Korruption in seinem Land zu stoppen, bräuchte man europäische Gesetze, und Reformen in der ukrainischen Justiz, Verwaltung und Politik. Im Bereich Korruptionsbekämpfung sei die Hauptstadt Kiew bereits jetzt ein Vorbild für das ganze Land.
Die New York Post schrieb schließlich noch über Selenskijs Reaktion auf Klitschkos Attacken. Demnach habe Selenskijs Büro nicht öffentlich reagiert. Allerdings habe es am Montagabend von Selenskij wohl einen Seitenhieb gegeben, bewertete die Post die Worte des ukrainischen Staatschefs. In seiner täglichen Ansprache an die Nation erklärte der Präsident: Er sei „denen dankbar, die ihre persönlichen Interessen nicht über die Interessen des ukrainischen Staates stellen.“
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Ein Günstling der Konrad Adenauer Stiftung und Protegé Berlins bringt sich vorsichtig in Stellung um eigene, sowie deutsche Interessen zu vertreten. Leider sind beide nicht geeignet, um Frieden und Ausgleich in der Region zu erreichen.