Wie in Russland über das abgehörte Telefonat der Bundeswehrführung berichtet wird von Thomas Röper von Anti-Spiegel

Wie in Russland über das abgehörte Telefonat der Bundeswehrführung berichtet wird

Wie die Nachrichtenagentur France-Presse berichtet, wird sprechen die NATO-Verbündeten heimlich schon seit mehreren Wochen über diesen Plan und er soll sogar von Washington genehmigt worden sein. Kanada war nach Frankreich das erste Land, das seine Bereitschaft zur Entsendung von Truppen bekannt gab.

„Das wäre Landesverrat“

Wie in Russland über das abgehörte Telefonat der Bundeswehrführung berichtet wird

Das abgehörte Telefonat der Bundeswehrführung war am Sonntag ein großes Thema im russischen Nachrichtenrückblick und der Deutschland-Korrespondent hat einen Gedanken zu Ende gedacht, auf den die deutschen Medien nicht kommen.
 

von Thomas Röper

Das abgehörte Telefonat der Bundeswehrführung über die Planung von Angriffen auf die Krimbrücke mit Taurus-Raketen hat in Russland eingeschlagen wie eine Bombe und beherrscht die russischen Medien. Das galt auch für den Bericht des Deutschland-Korrespondenten, der am Sonntag im wöchentlichen Nachrichtenrückblick des russischen Fernsehens gezeigt wurde. Ich habe den Bericht wie jede Woche übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Deutsche Experten haben die Echtheit einer am Freitag von russischen Medien veröffentlichten Aufzeichnung des Gespräches von vier hochrangigen Beamten des Verteidigungsministeriums über mögliche Lieferungen von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine bestätigt. Scholz sagte dazu: „Das ist eine sehr ernste Angelegenheit, deshalb wird dieses Thema jetzt sehr sorgfältig, sehr intensiv und sehr schnell aufgeklärt.“

Ohne die Schlussfolgerungen der Experten abzuwarten, die einmal mehr die Gültigkeit ihrer Schlussfolgerungen belegen, begann der Militärische Abschirmdienst, die Accounts in sozialen Netzwerken zu sperren, die diese Aufzeichnung verbreitet haben, und leitete eine Untersuchung ein, wie geheime Informationen in die Hände der Russen gelangen konnten.

Unter Verdacht steht die Internetplattform WebEx, über die telefoniert wurde. Darüber hinaus befand sich einer der Gesprächsteilnehmer am 19. Februar in einem Hotel in Singapur, was ein direktes Abhören des Zimmers nicht ausschließt. Die deutschen Medien griffen die Spionagegeschichte auf: Was könnten die Russen sonst noch wissen, was sie nicht wissen sollten, das über die offiziell erklärte Position Berlins hinausgeht?

Die formulierte Scholz nach heutigen Stand so: „Die Taurus-Raketen haben eine Reichweite von 500 Kilometern und können bei falscher Anwendung ein sehr konkretes Ziel irgendwo in Moskau treffen. Man muss genau wissen, was wo runterkommt. In unserem Fall bedeutet das, dass wir mitmachen müssen, um die Ziele zu überwachen. Das halte ich für unmöglich.“

Der Einsatz der Taurus kann man nur kontrollieren, wenn Luftwaffenspezialisten die Zielkoordinaten in das Navigationssystem eingeben. Und das wäre bereits ein Krieg mit Russland. Und das Gleiche gilt, wenn man es nicht kontrolliert, denn Kiew würde nicht zögern, sie in die strategischen Tiefen Russlands zu schicken, wo die britischen Storm Shadow und die französischen SCALP nicht hinkommen. Dabei versuchen Paris und London, die im Vergleich zu Berlin immer noch im Hinterland der Nato liegen, Scholz zur Lieferung zu drängen. Das Argument, dass die Deutschen nach Umfang der Militärhilfe bereits an erster Stelle hinter den USA stehen, funktioniert nicht.

Im Kampf gegen die lästigen Verbündeten, die die Taurus fordern, unternahm der Kanzler einen verzweifelten Schritt, als er sagte: „Was die Briten und Franzosen bei der Zielkontrolle und Zielverfolgung tun, kann Deutschland nicht tun.“

Scholz verkündete der ganzen Welt die Präsenz britischer und französischer Militärspezialisten in der Ukraine, die die Marschflugkörper bedienen. Das ist eines der Geheimnisse, von denen jeder weiß. Es weiß auch jeder, dass Deutsche bei ihren IRIS-T-Luftverteidigungssystemen in der Ukraine sind. Aber trotzdem wurden solche Dinge bisher nicht auf offizieller Ebene gesagt. Das zerreißt die Hülle eines Stellvertreterkonflikts und enthüllt das Wesentliche: Den direkten militärischen Zusammenstoß.

Damit hat Scholz offiziell bestätigt, was Russland schon seit langem sagt: Die NATO kämpft in der Ukraine gegen Russland. Es ist logisch, dass das ein wütendes Grollen hervorrief.

„Scholz‘ Verhalten hat gezeigt, dass er aus europäischer Sicherheitsperspektive die falsche Person ist, die den falschen Job am falschen Ort macht“, sagte der ehemalige britische Verteidigungsminister Ben Wallace.

„Scholz‘ Äußerungen sind falsch, unverantwortlich und ein Schlag ins Gesicht der Verbündeten. Wir haben die Wahl: Entweder wir geben der Ukraine, was sie braucht, oder wir erleben noch mehr Blutvergießen und ein völliges Versagen der Abschreckung“, sagte Alicia Cairns, die Chefin der Briten Parlamentarischer Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten.

Doch je schlimmer die Lage Kiews wird, desto schwieriger wird es für sie, ihre eigene Beteiligung zu verbergen. Der französische Präsident Emmanuel Macron, der diese Woche eine Konferenz in Paris einberufen hat, um die Situation zu erörtern, schlug offen das bisher radikalste Szenario vor: die offizielle Entsendung von Truppen in die Ukraine zu erwägen, was es den ukrainischen Streitkräften ermöglichen würde, Reserven für die Kämpfe freizusetzen.

Wie die Nachrichtenagentur France-Presse berichtet, wird sprechen die NATO-Verbündeten heimlich schon seit mehreren Wochen über diesen Plan und er soll sogar von Washington genehmigt worden sein. Kanada war nach Frankreich das erste Land, das seine Bereitschaft zur Entsendung von Truppen bekannt gab. Auch diejenigen, die eigentlich nichts zu entsenden haben, wie zum Beispiel Estland, haben nicht dagegen, darüber zu sprechen, wie estnische Premierministerin Kaja Kallas sagte: „Wir müssen alle Optionen in Betracht ziehen. Was können wir noch tun, um der Ukraine wirklich zum Sieg zu verhelfen?“

Dennoch wurde Macrons Initiative von fast allen und überall scharf zurückgewiesen – in der NATO, in der EU und sogar in Washington selbst, wo man offensichtlich von den Absichten des französischen Präsidenten wusste und beschloss, sie als rein europäische Initiative darzustellen, indem man nur den stellvertretenden Außenminister O’Brien zu den Präsidenten und Premierministern nach Paris schickte. Macrons Dritte-Weltkriegs-Initiative schockierte den slowakischen Premierminister Robert Fico, der sagte, er habe „Gänsehaut“ gehabt: „Die slowakische Regierung wird eine souveräne slowakische Außenpolitik verfolgen, genau wie wir es in der Regierungserklärung geschrieben haben, und deshalb sprechen wir nicht über eine mögliche Beteiligung slowakischer Truppen auf ukrainischem Gebiet.“

Das Visegrád-Quartett, das diese Woche zusammenkam, hat nicht die Absicht, Grenzen zu überschreiten, schon gar nicht mit Truppen: Tschechien sucht überall auf der Welt nach Granaten für die Ukraine, Polen ist durch die Proteste der Bauern abgelenkt und scheint nicht mehr der größte Freund der Ukraine zu sein, während Ungarn wie die Slowakei für schnellstmögliche Verhandlungen eintritt. Dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban ist es egal, was von der Ukraine übrig bleibt, Hauptsache es bleibt etwas übrig: „Das wichtigste Grundprinzip der ungarischen nationalen Sicherheit ist, dass es östlich von uns ein Gebilde zwischen Russland und Ungarn geben sollte“, sagte er.

Im Prinzip zielt Macrons Idee genau darauf ab, in der heutigen Ukraine zumindest ein „Gebilde“ zu erhalten, aber das ist eindeutig um eine Variante des russischen Roulettes. Der französische Präsident, der die Woche mit einer schändlichen Flucht vor seinen eigenen Bauern begonnen hatte, schaffte es, das Thema zu wechseln, aber so, dass sein Ruf als unberechenbarer Politiker mit Napoleon-Komplex – diese Diagnose stammt aus dem britischen Fernsehen – nur noch gestärkt wurde, und in den letzten Tagen waren seine Untergebenen gezwungen, ihren Chef zu rechtfertigen. Entweder hat er gesagt, was er sagen wollte, oder er wurde missverstanden: Premierminister Gabriel Attal und Außenminister Stéphane Séjourné verwechseln ihre Aussagen, obwohl man meinen sollte, dass Ehepartner miteinander sprechen.

„Was die französischen Soldaten betrifft, so könnte es sich um militärisches Personal handeln, das zur Ausbildung, zur Luftverteidigung oder zur Verteidigung einiger Grenzen eingesetzt werden könnte“, sagte Attal.

„Die Franzosen werden nicht für die Ukraine sterben“, stellte Séjourné sofort fest.

Die Verteidigung der Grenzen und der Einsatz in der Luftverteidigung sind Kampfeinsätze. Die Franzosen werden, wenn sie das tun, wahrscheinlich zusammen mit Kanadiern und anderen Balten für die Ukraine sterben müssen, aber ohne die Deutschen. Zumindest offiziell.

„Boots on the ground sind keine Option für Deutschland. Dase kann keine Option sein und wird keine Option sein“, sagte Verteidigungsminister Pistorius.

Die Beziehungen zwischen Berlin und Paris begannen sich nach dem Abgang von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die die europäische Politik unbestritten dominiert hat, rapide zu verschlechtern. Mit Scholz als Partner beschloss Macron, ihn zu zwingen, nach seinen eigenen Regeln zu spielen, was laut Politico zu einem offenen Konflikt geführt hat.

Bei dem Treffen in Paris versuchte Macron in rüpelhafter Manier, Scholz zu zwingen, seine Unentschlossenheit aufzugeben, indem er ihn daran erinnerte, dass Deutschland zu Beginn des Konflikts nur Helme und Schlafsäcke an die Ukraine liefern wollte, jetzt aber fast alles außer Taurus liefert. Es sei an der Zeit, die letzten Zweifel auszuräumen und sich voll zu engagieren.

Das ist das Szenario, das Scholz zu vermeiden versucht: Macron spielt den politischen Gegnern von Scholz in Deutschland unverhohlen in die Hände und untergräbt sogar die Einheit der Koalition, indem er sich an ihren aggressivsten Teil in Person der Grünen wendet.

Der Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter von der oppositionellen CDU sagte: „Wir müssen selbst eskalieren, damit Putin den Weg der Deeskalation einschlägt. Das ist eine unzureichende, aber notwendige Bedingung für die Lieferung von Taurus. Der Kanzler muss endlich seine Rhetorik ändern und auf Macron hören.“

Und Anton Hofreiter, Grüner und Vorsitzender des Europaausschusses des Bundestages, sagte: „In der Konfrontation mit Putin brauchen wir nicht diese kindischen Streitereien, sondern eine starke Führung. Mit der Verweigerung der Lieferungen von Taurus hat der Bundeskanzler aber einmal mehr Führungsqualitäten vermissen lassen.“

Das Bekanntwerden der Geheimgespräche über die Lieferung der Marschflugkörper hat die Befürchtungen der Kriegspartei stark verstärkt, dass der Bundeskanzler, der weiß, was die Russen wissen, das Thema komplett abwürgt. Doch bisher hat Scholz nur eine Untersuchung fest zugesagt.

Die Art dieser Untersuchung wird viel über die wahren Absichten der deutschen Regierung aussagen. Es ist das Eine, wenn sie sich darauf konzentriert, die Verantwortlichen für die Weitergabe von Verschlusssachen ausfindig zu machen, denn darum geht es jetzt. Es ist etwas ganz anderes, wenn sich die Untersuchung auf die Tatsache konzentriert, dass eine Gruppe hochrangiger Offiziere hinter dem Rücken des Bundeskanzlers, des Verteidigungsministers und des Parlaments eine Angelegenheit erörtert, die den offiziellen Vorstellungen der nationalen Sicherheitsinteressen Deutschlands direkt widerspricht. In diesem Fall müsste man über einen Fall von Verschwörung und Landesverrat sprechen. Diese Möglichkeit ist natürlich unwahrscheinlich.

Ende der Übersetzung

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

Entdecke mehr von Sicht vom Hochblauen

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen