Die sozialdemokratische Bombe

Newsletter

Die sozialdemokratische Bombe

SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl schließt Beschaffung von EU-Atomwaffen nicht aus. Paris bietet Ausdehnung des französischen Nuklearschirms an, Medien spekulieren über eine deutsche Bombe.

BERLIN/PARIS (Eigener Bericht) – Die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Katarina Barley, schließt die Beschaffung nuklearer Waffen durch die EU nicht aus. „Auf dem Weg zu einer europäischen Armee“ könne auch eine EU-Atombombe „ein Thema werden“, erklärte Barley am gestrigen Dienstag. Zuvor hatte unter anderem der ehemalige deutsche Außenminister Josef Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) „eine eigene atomare Abschreckung“ der EU verlangt. Während Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine Ausweitung des französischen Nuklearschirms über die EU in Aussicht stellt, bringen führende deutsche Medien zum wiederholten Mal eine deutsche Bombe in die Diskussion. Die Forderung, die Bundesrepublik oder ersatzweise die EU sollten nuklear aufrüsten, ist nicht neu. Offensiv diskutiert wurde sie unter anderem nach dem Wahlsieg von Donald Trump in der US-Präsidentenwahl im November 2016 und dann wieder vor dem US-Wahlkampf im Jahr 2020. Zur Begründung hieß es jeweils, man benötige Ersatz für einen etwaigen Wegfall des US-Nuklearschirms über Europa. Die gegenwärtigen Forderungen werden von Plädoyers für eine beispiellose konventionelle Aufrüstung begleitet; man benötige, heißt es, Mittel für Waffen in Höhe von 300 Milliarden Euro.

„Ein europäischer Nuklearschild“

Die Forderung, die Bundesrepublik müsse Atomwaffen beschaffen, ist nicht grundsätzlich neu. Erstmals wurde sie von der Bundesregierung bereits in den 1950er Jahren vorgebracht; Bonn scheiterte damit aber (german-foreign-policy.com berichtete [1]). Zuletzt auf breiter Ebene geäußert wurde das Verlangen, Berlin müsse entweder Zugriff auf eine „europäische“ Bombe oder sogar eigene Nuklearwaffen erhalten, nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten Anfang November 2016. Deutsche Politikberater äußerten damals, Berlin werde es jetzt „in Betracht ziehen müssen, einen europäischen Nuklearschild zu entwickeln, der auf französischen und britischen Fähigkeiten basiert“.[2] Auch Politiker schlossen sich dem an; so drang der damalige verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Roderich Kiesewetter, darauf, einen EU-„Nuklearschirm“ zu errichten, der aus einem EU-Militärhaushalt finanziert werden solle.[3] Manche gingen sogar noch einen Schritt weiter und verlangten, man müsse nun den Bau einer deutschen Atombombe in Betracht ziehen. So hieß es in einem Leitkommentar der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, es stelle sich „die Frage einer eigenen nuklearen Abschreckungsfähigkeit“; „die französischen und britischen Arsenale“ seien dafür „zu schwach“.[4]Weiterlesen bei german-foreign-policy.com

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

Entdecke mehr von Sicht vom Hochblauen

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen