75 Jahre Grundgesetz: Endlich kriegstüchtig
Ein Land in schlechter Verfassung: Das Jubiläum des Grundgesetzes liefert keinen Grund zum Feiern.
Endlich kriegstüchtig
Von Stefan HuthAn Fest- und Fensterreden wird es nicht mangeln, ebenso wenig an anderen Gelegenheiten zu offiziöser Selbstbeweihräucherung an diesem halbrunden Jahrestag der »besten Verfassung der Welt«, wie Exaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) sie einmal bescheiden nannte. Als am 23. Mai 1949 in Bonn das Grundgesetz (GG) feierlich verkündet wurde, betonten dessen »Väter« im Parlamentarischen Rat die Vorläufigkeit des Werks – nach der »Wiedervereinigung« von BRD und DDR sollte nach Artikel 146 eine Verfassung an seine Stelle treten, »die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist«.
Das wurde kurzerhand gestrichen – und die demokratische Chance vertan. So blieb das GG all die Jahrzehnte hindurch als Provisorium alles andere als unantastbar. Und bis heute wird sein Wortlaut politisch-ökonomischen Vorgaben angepasst, ist seine Geschichte also die Geschichte der Einschränkung und Beseitigung elementarer Grundrechte. Der KPD-Vorsitzende Max Reimann, der mit Hugo Paul seine Partei im Parlamentarischen Rat vertrat und dort gegen das GG votiert hatte, sah klug voraus: »Die Gesetzgeber werden im Verlauf ihrer volksfeindlichen Politik ihr eigenes Grundgesetz brechen. Wir Kommunisten aber werden die im Grundgesetz verankerten wenigen demokratischen Rechte gegen die Verfasser des Grundgesetzes verteidigen.« 1956 wurde die KPD vom Bundesverfassungsgericht verboten. Weiterlesen in jungewelt.de
Zum Verbot der KPD in 1956 auf dem Boden dieser Verfassung passt Noam Chomskys Satz:
Der schlaueste Weg, Menschen passiv und Gehorsam zu halten, ist, das Spektrum an akzeptablen Meinungen streng zu beschränken, aber eine sehr lebhafte Debatte innerhalb des Spektrums zu ermöglichen