Gaza, der Westen und das Völkerrecht Ein Artikel von John Neelsen

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Gaza, der Westen und das Völkerrecht

Ein Artikel von John Neelsen

Im aktuellen Konflikt um Gaza sind die westlichen Regierungen, allen voran Washington und Berlin, ebenso wie die etablierten Medien Partei. Sie stehen voll hinter Israel, dessen Existenzrecht sie durch die Terrororganisation Hamas bedroht sehen. Bombardierung und späterer militärischer Einmarsch nach Gaza mit dem Ziel, die Hamas zu vernichten, finden ihre Zustimmung. Völkerrechtlich stützen sie sich dabei auf das Recht auf Selbstverteidigung angesichts des bewaffneten Angriffs der Hamas vom 7. Oktober mit 1.139 Opfern, darunter 695 Zivilisten, und 240 Geiseln. [1] Umstritten ist allein angesichts Tausender von Toten unter der Zivilbevölkerung Gazas deren Verhältnismäßigkeit. Diese Position widerspricht fundamental dem Völkerrecht. Statt der proklamierten menschenrechtsbasierten Außenpolitik ist der Westen Komplize eines späten Kolonialismus. Von John P. Neelsen.

1. Der Sechs-Tage-Krieg 1967, Völkerrecht und Status der Kontrahenten

  1. Der Gazastreifen mit seinen 2,4 Millionen, auf 362 Quadratkilometer eingepferchten Einwohnern wird seit 2007 von der Hamas regiert. Doch trotz israelischen Rückzugs aller Truppen und Siedler im Jahr 2005 betrachtet die UN das Territorium wegen der umfassenden Belagerung und Kontrolle aller Zugänge ganz wie die anderen, im Sechs-Tage-Krieg von 1967 eroberten Gebiete, d.h. den syrischen Golan, Ostjerusalem und die Westbank, als ‚besetzte Gebiete‘, Israel als ‚Krieg führende Besatzungsmacht‘. Von einer seit je geforderten Zweistaatenlösung keine Spur – trotz Osloer Abkommen von 1993. So ist Israel seinen zentralen völkerrechtlichen Verpflichtungen nach Rückzug bzw. zeitlicher Begrenzung seiner Besetzung und, noch weniger, diese zum Wohl und zur Sicherheit inklusive des Eigentums der Lokalbevölkerung auszuüben, nicht nachgekommen. [2] Im Gegenteil! Nach 56 – bzw. Gaza 38 – Jahren Besatzung gekennzeichnet von jüdischer, meist mit Enteignung und gewalttätiger Vertreibung der palästinensischen Eigentümer verbundenen Ansiedlung sowie einer umfassenden sozial-ökonomischen Fragmentierung und infrastrukturellen Archipelisierung der städtischen Gebiete der Westbank diagnostiziert die UNO eine Politik der Annektierung, de jure (Ostjerusalem) bzw. de facto. [3]
  2. Auf diesem Hintergrund formulierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen, gestützt auf Resolutionen, inklusive des Sicherheitsrates ausdrücklich die Legitimität des Kampfes des palästinensischen Volkes für Selbstbestimmung auch mit Waffengewalt. [4] Darauf setzte auch die 1964 gegründete PLO (Palestine Liberation Organisation mit der FATAH als Hauptpartei und ohne die Hamas), die international als legitime Vertretung Palästinas – seit 1974 mit UN-Beobachterstatus – anerkannt ist. Ihrer Absage 1987 an den bewaffneten Kampf folgte im Kontext der ersten Intifada die Gründung der ‚islamischen Widerstandsbewegung‘ Hamas. Anders als vor allem Israel, die USA und die EU verdammen die meisten Staaten inklusive der UN die Hamas nicht als Terrororganisation. [5]Weiterlesen in den nachdenkseiten.de

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