Offener Brief an Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner und Berlins Innensenatorin Iris Spranger Protest gegen die Auflösung des Palästina-Kongresses in Berlin

Offener Brief an Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner und Berlins Innensenatorin Iris Spranger
Protest gegen die Auflösung des Palästina-Kongresses in Berlin
Von Arbeiterfotografie e.V.

Guten Tag Frau Faeser, Frau Spranger und Herr Wegner, wir als Vorstandsmitglieder der Arbeiterfotografie e.V. protestieren schärfstens gegen die Auflösung des vom 12. bis 14. April geplanten Palästina-Kongresses in Berlin, nachdem eine monatelange Kampagne gegen die Veranstalter und die Inhalte des Kongresses voraus ging. Laut dem Anmelder der Veranstaltung, der „Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“, waren die Vortragenden und die Inhalte ihrer Reden vorab den Sicherheitsbehörden bekannt gemacht und von diesen abgesegnet worden. Allein schon dieses Verfahren halten wir einer Demokratie für unwürdig.

Als Begründung zur Auflösung wurde den Veranstaltern mitgeteilt, dass gegen Yanis Varoufakis, Ghassan Abu-Sittah und Salman Abu Sitta vom Innenministerium ein „Betätigungsverbot“ erlassen wurde. Der Begriff „Betätigungsverbot“ entstammt dem Verbrechensbekämpfungsgesetz. Es erschließt sich uns nicht, welchen Verbrechens sich die genannten Personen schuldig gemacht haben könnten.

Yanis Varoufakis war ehemaliger Finanzminister Griechenlands. Salman Abu Sitta ist ein palästinensischer Forscher, der 1948 aus Palästina vertrieben wurde und sein Leben dem Rückkehrrecht der palästinensischen Vertriebenen gewidmet hat. Und Ghassan Abu-Sittah ist ein palästinenischer Chirurg, der seit April 2024 Direktor der Universität von Glasgow ist.

Meinungsfreiheit ist kein Verbrechen!

Nach seiner erzwungenen Rückkehr aus Berlin gab Dr. Gassan Abu-Sittah eine Stellungnahme gegenüber dem Nachrichtenportal Middle East Eye (MEE) ab. Sie endet mit dem Hinweis, „dass Deutschland sich heute gegen den Vorwurf verteidigen müsse, Mitschuldiger in dem völkermörderischen Krieg in Gaza zu sein. So beschreibe der Internationale Gerichtshof das dortige Geschehen. Und Deutschland verhalte sich so, wie sich ein Mittäter eines Verbrechens verhalte: »Sie begraben die Beweise und sie bringen die Zeugen zum Schweigen, verfolgen sie oder schüchtern sie ein.« Dann verweist er auf Hannah Arendt, die 1958 in ihrem ersten Vortrag, den sie in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg gehalten hat, sagte, man vermenschliche das Geschehen in der Welt und das, was in den Menschen selbst vor sich gehe, indem man darüber spreche.

»Und indem wir darüber sprechen, lernen wir, menschlich zu sein.«

Die freie Rede zu verhindern, sei ein gefährliches Beispiel, weil das, was in Gaza geschehe, ein gefährlicher Vorgang sei, so Ghassan Abu Sitta. »Wir sehen, wie sich der erste Völkermord im 21. Jahrhundert entfaltet. Dass Deutschland Zeugen dieses Völkermordes zum Schweigen bringt, verheißt für das vor uns liegende Jahrhundert nichts Gutes.«

Regierungskritische Meinungen oder von der Politik unerwünschte Meinungen sind von dem Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützt. Wir haben in den vergangenen Jahren beunruhigende Einschränkungen unserer Grundrechte und Meinungsfreiheiten erfahren müssen, die bis heute nicht aufgearbeitet sind. Die Auflösung des Palästina-Kongresses in Berlin ist ein neuer Höhepunkt der staatlichen Willkür. Unterlassen Sie das Behindern von öffentlichen Debatten. Wir fordern die Einhaltung von Art. 5 des Grundgesetzes.

Mit um die Demokratie besorgten Grüßen
Vorstand der Arbeiterfotografie e.V.

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