Springer: Wie der Medien-Konzern von Israels illegalen Siedlungen profitiert von David Goeßmann

Dank an David Goeßmann für die Genehmigung der Veröffentlichung seines neuen, heute auf Telepolis erschienenen Artikel.

Springer: Wie der Medien-Konzern von Israels illegalen Siedlungen profitiert

Verlag wirbt mit „Vom Fluss bis zum Meer“ für Israel-Anzeigenportal. Geht um Immobilienkäufe in jüdischen Siedlungen in besetzten Gebieten und Profit über Recht.

 

Logo Telepolis

Springer: Wie der Medien-Konzern von Israels illegalen Siedlungen profitiert

von

Axel Springer Verlag in Berlin. Bild: Sammy Zimmermanns / CC BY 3.0 Deed

Verlag wirbt mit „Vom Fluss bis zum Meer“ für Israel-Anzeigenportal. Es geht um Immobilienkäufe in rein-jüdischen Siedlungen in besetzten Gebieten und Profit über Recht.

Der Journalist Hanno Hauenstein, der für die Berliner Zeitung, den Guardian und die israelische Zeitung Haaretz schreibt, berichtet auf der US-Nachrichtenseite The Intercept [1], dass der Axel-Springer-Verlag Geld verdiene an Israels illegalen Siedlungen in den besetzten Gebieten.

Der Konzern besitzt das israelische Anzeigenportal Yad2, das größte dieser Art in Israel. Auf ihm können bezahlte und unbezahlte Immobilienangebote gepostet werden, für ganz Israel.

„From the river to the sea“ ‒ für Israel

The Intercept hat nun herausgefunden, dass dort auch tausende Mietwohnungen und Häuser in den von Israel besetzten Gebieten gelistet sind. Die israelischen Siedlungen im Westjordanland sind nach internationalem Recht illegal.

In einer Anzeige für Springers Kleinanzeigenseite in einer israelischen Wirtschaftszeitung heißt es plakativ: „From the river to the sea“, „Vom Fluss bis zum Meer“. Damit bewirbt man den Verkauf von Wohnungen über die eigene Webseite.

Dazu wurde eine Karte von Israel und Palästina gezeigt. Über das ganze Gebiet sind symbolische Stecknadeln als Markierungen für die Angebote eingefügt.

Doppelstandard

Ähnlich wie bei Netanjahus Karte, die er bei einer Rede vor der UN hochhielt [2], wird jedoch darauf die sogenannte „grüne Linie“, die Israel von den palästinensischen Gebieten abtrennt und die international anerkannten Grenzen markiert, weggelassen. Es wird damit suggeriert, dass ganz Palästina israelischen Staatsgebiet ist.

Die Werbung ist auch deswegen bemerkenswert, da der „Fluss-bis-zum-Meer“-Spruch [3] vom Konzern und insgesamt in Deutschland strikt zurückgewiesen wird.

Auf Springers US-Medium Politico [4] stellte der Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner Ende Oktober letzten Jahres fest, dass die Formulierung „River to the Sea, Palestine will be free“ ein Aufruf zum Genozid an Juden sei. Die deutsche Regierung erklärte [5] den Spruch im November für illegal.

Geld verdienen mit illegalen Siedlungen

Der Axel-Springer-Verlag, der größte Verleger in Europa, verkörpert wie kein anderes Medienunternehmen die deutsche Regierungslinie, dass Israel deutsche Staatsräson ist. „Gott schütze das israelische Militär“, hieß es zum Beispiel jüngst in einem Leitartikel des Springerblatts Die Welt [6].

Springer hat in seinen journalistischen Leitlinien zudem fünf „Essentials“ [7], in denen ausdrücklich die Unterstützung des jüdischen Volks und Existenzrecht des Staates Israel aufgeführt wird. Auch wird von der Unternehmensführung betont, dass man sich für das „transatlantisch Bündnis zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Europa“ einsetze.

Unter den Tausenden Yad2-Angeboten der israelischen Anzeigenseite von Springer fand The Intercept mehr als tausend bezahlte von Maklerfirmen. Damit verdient Yad2 und Axel Springer Geld an den illegalen Siedlungen.

Shoppen in rein jüdischen Siedlungen in besetztem Gebiet

1.300 Wohnungen und Gewerbeflächen befinden sich dabei in de facto rein jüdischen Siedlungen im besetzten Westjordanland, in denen Palästinenser, sowohl aus den besetzten Gebieten als auch aus Israel selbst, nicht mieten und kaufen dürfen.

Es soll sich in manchen Fällen um sogenannte Außenposten oder Siedlungen handeln, die selbst nach israelischem Recht als illegal gelten. Einige Angebote befinden sich in Gebieten, die denen die Siedler-Mentalität am extremsten ist wie Kochav Ha’Shachar, Kedumim, Talmon, Shilo, Eli, Psagot, Tekoa, Otniel und Susiya.

Eine Sprecherin des Springer-Konzerns betonte, dass es im Verlag klare Richtlinien gebe, die Diskriminierung im Unternehmen verbieten. Zu den Vorwürfen wollte man sich auf Nachfrage von The Intercept nicht äußern.

Palästinensische Opfer herunterspielen

Das internationale Recht ist eindeutig: Alle israelische Siedlungen in den besetzten Gebieten sind illegal [8]. Diverse UN-Gremien haben das zum Ausdruck gebracht, alle Staaten der Welt sehen das so, nur Israel und die USA nicht.

Der Springer-Verlag ist nicht allein, bei Immobiliengeschäften in von Israel besetzten Gebieten Geld zu machen. Der Unterkunft-Vermittler Airbnb mit Sitz in Kalifornien ist ebenfalls in den illegalen Siedlungen tätig und profitiert von der israelischen Besatzung.

The Intercept hat schon mehrfach über die Pro-Israel-Haltung des deutschen Mediengiganten kritisch berichtet. Ende Oktober letzten Jahres fand man heraus, dass Springers News-Aggregator Upday (eine App, die Nachrichten sammelt und verbreitet, der größte Aggregator in Europa), Redakteure angewiesen haben soll, palästinensische Todesopfer herunterzuspielen [9], nachdem das israelische Militär den Gazastreifen unterschiedslos bombardierte und die zivilen Todeszahlen steil nach oben gingen.

Zugleich wurde bekannt, dass der Axel Springer Verlag einen libanesischen Mitarbeiter feuerte [10], der die Pro-Israel-Haltung auf einer internen Nachrichtenplattform infrage stellte.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-9629265

Links in diesem Artikel:
[1] https://theintercept.com/2024/02/05/axel-springer-israel-settlement-profit/
[2] https://www.commondreams.org/news/netanyahu-map
[3] https://apnews.com/article/river-sea-israel-gaza-hamas-protests-d7abbd756f481fe50b6fa5c0b907cd49
[4] https://www.politico.eu/article/enemies-democracy-test-israel-hamas-russia-ukraine/
[5] https://www.rnd.de/politik/from-the-river-to-the-sea-palaestinenser-parole-verboten-bis-zu-drei-jahre-freiheitsstrafe-CZKQ4U4UAJADBJR5L7PDZCRHDM.html
[6] https://www.welt.de/debatte/kommentare/plus248079192/Judenhass-und-No-Go-Areas-Wir-haben-alles-sehenden-Auges-zugelassen.html
[7] https://www.axelspringer.com/de/werte
[8] https://www.amnesty.org/en/latest/campaigns/2019/01/chapter-3-israeli-settlements-and-international-law/
[9] https://www.telepolis.de/features/The-Intercept-Springer-Konzern-ordnete-bei-News-App-an-tote-Palaestinenser-herunterzuspielen-9340740.html?seite=all
[10] https://theintercept.com/2023/10/26/axel-springer-fires-employee-israel/

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

Entdecke mehr von Sicht vom Hochblauen

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen