Wagenknecht will Partei gründen – 10 Mitglieder verlassen Linken-Fraktion
Nun ist es so weit: Sahra Wagenknecht gründet eine eigene Partei. Heute stellte sie das Projekt „Bündnis Sahra Wagenknecht“ in der Bundespressekonferenz vor. Durch den Austritt Wagenknechts und anderer Abgeordneter wird die Linksfraktion im Bundestag ihren Fraktionsstatus verlieren.
Wagenknecht will Partei gründen – 10 Mitglieder verlassen Linken-Fraktion
Im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin ist der Vorstand des Vereins „Bündnis Sahra Wagenknecht“ erstmals an die Öffentlichkeit getreten. Ab 10 Uhr stellte sich der Vorstand, bestehend aus den Politikern Sahra Wagenknecht, Amira Mohamed Ali, Christian Leye und Lukas Schön sowie dem Unternehmer Ralph Suikat.
Mohamed Ali, die Vorsitzende des Vereins, erklärte, dass das Ziel des Vereins, wie bereits im Vorfeld spekuliert worden war, die Gründung einer Partei ist. Die Linke habe man daher verlassen, was Mohamed Ali als notwendigen und richtigen Schritt bezeichnete. Die neue Partei werde im Januar 2024 gegründet.
„Heute Morgen sind Sahra Wagenknecht, Christian Leye, Lukas Schön und ich gemeinsam mit sieben weiteren Abgeordneten der Linksfraktion aus der Partei ausgetreten.“
Der Kurs der Führung der Partei habe die Linke in die Bedeutungslosigkeit geführt, wie die vielen Wahlschlappen seit der Europawahl 2019 gezeigt hätten. Eine kritische Auseinandersetzung über das Scheitern der Linken sei hingegen ausgeblieben.
Gleichzeitig würden in Deutschland immer mehr Menschen das Vertrauen in die Politik verlieren, so Mohamed Ali. Die Bürger sollten jedoch nicht zur Wahl zwischen der „arroganten“ Ampelkoalition und der „in Teilen rechtsextremen“ AfD gezwungen sein. Die neue Partei, die man gründen werde, solle für „wirtschaftliche Vernunft, soziale Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit“ stehen.
Die langjährige Spitzenpolitikerin der Linken Sahra Wagenknecht sagte in ihrer Stellungnahme, dass Deutschland gerade in Zeiten vieler Krisen und schwerer Kriege eine sehr schlechte Bundesregierung habe. Das erste Ziel der neuen Partei sei eine vernünftige Wirtschaftspolitik, so Wagenknecht.
„So wie es jetzt läuft, kann es nicht weitergehen.“
Deutschland als rohstoffarmes und exportstarkes Land brauche eine Rückkehr zu einer vernünftigen Wirtschaftspolitik. Kaum eine Regierung in Europa setze die Sanktionen gegen Russland so selbstschädigend um wie Deutschland. Während man jedoch außenpolitisch immer isolierter sei, hätte Deutschland im Inneren mit einem akuten Fachkräftemangel infolge eines schlechten Bildungssystems zu kämpfen, hinzu kämen eine schwache Infrastruktur, etwa beim öffentlichen Verkehr oder dem Internet.
Eine solche Politik dürfe nicht fortgesetzt werden. Beim Thema Klima müsse sich Deutschland der Entwicklung von Zukunftstechnologien zuwenden. Dafür brauche es jedoch die richtigen Rahmenbedingungen für die kleinen und mittleren Unternehmen.
Das zweite Ziel der neuen Partei sei soziale Gerechtigkeit. Immer weniger Arbeitsverhältnisse seien nicht tarifgebunden. Das Rentenniveau sei im europäischen Vergleich zu niedrig.
Außenpolitisch müsse Deutschland wie früher auf Entspannungspolitik setzen, anstatt die „militärische Karte“ zu spielen. Konflikte lassen sich aber militärisch nicht lösen, betonte Wagenknecht.
Zuletzt appellierte Wagenknecht an die Pressevertreter, dass der Meinungskorridor wieder breiter werden müsse. Die Diffamierung von Abweichlern sei einer Demokratie unwürdig. Die Journalisten mögen sich folglich sachlich mit dem auseinandersetzen, was man vertrete, und auf Unterstellungen verzichten.
Der frühere IT-Unternehmer und heutige „Impact-Investor“ Ralph Suikat wird laut eigenen Angaben die Funktion des Schatzmeisters im Verein übernehmen. Zu seiner Motivation sagte Suikat, dass ihm die Wirtschaftspolitik der Ampelregierung Sorgen bereite. Durch den Verein und die Gründung einer Partei hoffe er, dass die Vernunft in die Politik zurückkehre und dass kleine und mittelständische Unternehmer mehr unterstützt werden. Zum Schluss rief Suikat zu Spenden an den Verein auf.
Christian Leye, Mitglied des Deutschen Bundestags, betonte, dass sich keiner der Anwesenden den Austritt aus der Linken leicht gemacht habe. Parteien seien jedoch kein Selbstzweck, und die Versuche, den Kurs der Linkspartei zu korrigieren, seien erfolglos gewesen. Der Frust in Deutschland sei jedoch groß.
Die Bürger hätten den Eindruck, die Zeche für Kriege und Krisen zu zahlen. Gleichzeitig seien Arbeitsplätze gefährdet, das Land werde kaputtgespart, Schulen, Brücken und der öffentliche Verkehr seien marode. Mit der neuen Partei wolle man wieder die Teile der Deutschen erreichen, die ein niedriges oder mittleres Einkommen haben, aber sich von keiner der bisherigen Parteien vertreten fühlen, so Leye.
Lukas Schön, Gründungsmitglied der Linken 2007 und ehemaliger Geschäftsführer der Linken aus Nordrhein-Westfalen, ist laut eigenen Angaben der gewählte Geschäftsführer des neu gegründeten Vereins. Aus seiner Sicht sei die Gründung einer neuen Partei dringend notwendig. Ab der Gründung der Partei, die man für Januar 2024 ansetzt, werde es zunächst um den Aufbau erster Landesverbände gehen. Auch Schön betonte, dass sie auf Spenden angewiesen seien.
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