Auf dem Weg in die Kriegswirtschaft

Auf dem Weg in die Kriegswirtschaft

(Eigener Bericht) – Mit einer neuen Strategie für die Rüstungsindustrie will die EU-Kommission die Waffen- und die Munitionsproduktion in der EU für künftige Kriege fit machen. Die Strategie, die am Dienstag in Brüssel vorgestellt wurde, sieht unter anderem Schritte vor, um die Fertigung von Kriegsgerät von Zulieferungen von außerhalb der Union, zumindest aber aus nicht verbündeten Staaten unabhängig zu machen.

Auf dem Weg in die Kriegswirtschaft

Neue EU-Strategie für die Rüstungsindustrie sieht Reduzierung der Waffenkäufe in den USA und deutlich mehr Waffenkäufe innerhalb der EU vor. EU-Kommission will Unternehmen zur Priorisierung militärischer Aufträge zwingen können.

BRÜSSEL (Eigener Bericht) – Mit einer neuen Strategie für die Rüstungsindustrie will die EU-Kommission die Waffen- und die Munitionsproduktion in der EU für künftige Kriege fit machen. Die Strategie, die am Dienstag in Brüssel vorgestellt wurde, sieht unter anderem Schritte vor, um die Fertigung von Kriegsgerät von Zulieferungen von außerhalb der Union, zumindest aber aus nicht verbündeten Staaten unabhängig zu machen. Darüber hinaus soll die Beschaffung von Rüstungsgütern in der EU spürbar gesteigert werden; zuletzt kamen nur 22 Prozent aller Waffenimporte der EU-Staaten aus der Union selbst, 63 Prozent hingegen aus den USA. Um die Realisierung ihrer Vorhaben durchzusetzen, will die Kommission nicht nur ein „mapping“ der EU-Rüstungsindustrie und ihrer Lieferketten vornehmen, sondern im Krisen- und Kriegsfall unmittelbar in die Produktion eingreifen dürfen, um die Herstellung kriegswichtiger Güter gegenüber dem zivilen Bedarf zu priorisieren. Ein EU-Kommissar für die Rüstungsindustrie soll die Vorgänge begleiten und steuern. Mit mehreren ihrer Vorschläge greift die Kommission auf alte Elemente einer Kriegswirtschaft zurück, deren Einführung Industriekommissar Thierry Breton explizit fordert.

Die Waffenlieferanten der EU

Anlass für die Erstellung der neuen EU-Strategie für die Rüstungsindustrie (European Defence Industry Strategy, EDIS) ist zum einen die Tatsache gewesen, dass das Staatenkartell nicht in der Lage war, Waffen und insbesondere Munition für die Ukraine im gewünschten Tempo zu produzieren. Hatte Brüssel im März 2023 angekündigt, bis März 2024 eine Million Granaten liefern zu können, so wird dieses Ziel frühestens Ende 2024 erreicht. Zum anderen beschaffen die Mitgliedstaaten nach wie vor erhebliche Mengen an Waffen außerhalb der EU, vor allem in den USA, anstatt mit ihren Einkäufen die Rüstungsindustrie auf dem eigenen Kontinent zu stärken. Nach Angaben der EU-Kommission kamen in der Zeit vom 24. Februar 2022 bis Juni 2023 rund 63 Prozent aller Rüstungsimporte der Mitgliedstaaten aus den USA; rund 15 Prozent kamen aus anderen Ländern außerhalb der EU. Gerade einmal 22 Prozent wurden von Waffenschmieden innerhalb der Union geliefert. Es kommt hinzu, dass das schon 2007 beschlossene Ziel, 35 Prozent aller Rüstungskäufe gemeinsam mit anderen EU-Staaten zu tätigen, weit verfehlt wurde; der Anteil lag zuletzt bei nur 18 Prozent.[1] Gemeinsame Käufe sollen die Einheitlichkeit der Bewaffnung der EU-Streitkräfte im Sinne der Interoperabilität verbessern.

Rüstungsboom in Westeuropa

Die EU-Kommission legt nun in der EDIS neue Richtwerte fest. So sollen die EU-Staaten den Anteil der Rüstungsgüter, die sie innerhalb der Union beschaffen, bis zum Jahr 2030 auf mindestens 50 Prozent, bis 2035 dann auf 60 Prozent anheben.[2] Zudem sollen sie bis 2030 mindestens 40 Prozent ihrer Rüstungskäufe gemeinsam mit anderen Mitgliedern tätigen. Letzteres fördert Brüssel, indem es unter anderem bürokratische Vereinfachungen ankündigt, eine Umsatzsteuerbefreiung für gemeinsam beschafftes Kriegsgerät in Aussicht stellt und nicht zuletzt mit Fördermitteln lockt. Insgesamt sind für die Jahre von 2025 bis 2017 gut 1,5 Milliarden Euro eingeplant. Gewinner einer Verlagerung der Rüstungskäufe aus den USA nach Europa wäre die Rüstungsindustrie in der EU. Besonders profitieren würden die Waffenschmieden der großen Staaten Westeuropas, insbesondere Deutschlands, Frankreichs und Italiens. Diesen dürfte auch der Druck, Waffensysteme in Kooperation mit weiteren EU-Mitgliedern zu beschaffen, zugute kommen: Sie sind strukturell besser in der Lage, große Aufträge abzuarbeiten, als kleine Rüstungsfirmen in schwächeren EU-Staaten. Damit zeichnet sich ein mutmaßlich deutlich spürbarer Bedeutungsgewinn der Rüstungsindustrie insbesondere in Westeuropa ab. Weiterlesen bei foreign-german-policy.com

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