Jüdische Stimme soll schweigen Von Annuschka Eckhardt

Repression gegen Palästina-Bewegung: Jüdische Stimme soll schweigen

Berlin: Fast 79 Jahre nach Ende der Nazidiktatur sperrt Sparkasse einem jüdischen Verein das Konto und fordert eine Liste seiner Mitglieder an * Foto: imago images/Sven Simon

Aus: Ausgabe vom 28.03.2024, Seite 1 / Titel
Repression gegen Palästina-Bewegung

Jüdische Stimme soll schweigen

Berlin: Fast 79 Jahre nach Ende der Nazidiktatur sperrt Sparkasse einem jüdischen Verein das Konto und fordert eine Liste seiner Mitglieder an
Von Annuschka Eckhardt

Fast 79 Jahre nach Ende der Nazidiktatur werden wieder Konten jüdischer Organisationen von deutschen Finanzinstituten gesperrt – vermutlich, um »Antisemitismus zu bekämpfen«. Klingt absurd? Willkommen in der BRD 2024!

Am Dienstag sperrte die Berliner Sparkasse ohne vorherige Rücksprache das Konto des Vereins »Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost«, vorgeblich zur Aktualisierung der Kundendaten. In einem Schreiben, das junge Welt vorliegt, teilte die Sparkasse dem Vereinsvorstand mit, die Sperrung sei »vorsorglich«, und forderte, dass zahlreiche Vereinsunterlagen bis zum 5. April eingereicht werden müssten – unter anderem eine Liste mit Namen und Anschriften aller Vereinsmitglieder.

Der Zeitpunkt der Kontosperrung wirkt indes nicht zufällig gewählt, denn die »Jüdische Stimme« hat dem von Verbotsforderungen betroffenen »Palästina-Kongress«, der vom 12. bis 14. April in Berlin stattfinden soll, ihr Konto zur Verfügung gestellt. Die Konferenz wird über Ticketverkäufe und Spenden finanziert, nun ist eine nicht unerhebliche fünfstellige Spendensumme eingefroren. Der »Palästina-Kongress« möchte öffentliches Bewusstsein für die anhaltenden Völkerrechtsbrüche des israelischen Militärs in Gaza und die Rolle Deutschlands in diesem Krieg schaffen. Die Politik versucht, den Kongress mit allen Mitteln zu boykottieren, unter dem Deckmantel des Kampfes gegen »importierten Antisemitismus«, als könne so die Geschichte des Wehrmachtsopas reingewaschen werden. CDU-Fraktionschef Dirk Stettner sagte laut Berliner Morgenpost vergangenen Donnerstag im Abgeordnetenhaus: »Ein solcher Kongress wäre eine Schande für Berlin«. Er forderte, dass »alles getan werden« müsse, um eine »Judenhasserveranstaltung« zu verhindern. Einige Tage zuvor hatte die Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD) mitgeteilt, dass die Behörden den geplanten »Palästina-Kongress« im Blick hätten. Die Berliner Sicherheitsbehörden stünden dazu in engem Austausch.

»Es ist sehr außergewöhnlich, dass ohne Vorankündigung und ohne überhaupt die Unterlagen abzufragen, ein Konto gesperrt wird«, schätzte Rechtsanwalt Ahmed Abed den Fall am Mittwoch im jW-Gespräch ein. Die Mitgliederliste mit Namen und Anschriften zu verlangen sei nicht nur ohne Rechtsgrund, sondern auch moralisch für eine deutsche Bank völlig unverständlich. »Ich glaube, dass versucht wird, politisch auf die Sparkasse Einfluss zu nehmen, anders kann ich mir das nicht erklären«, so Abed. Weiterlesen bei jungewelt.de

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