Was heißt hier völkerrechtswidrig? – Über die Kriege von 1999 bis heute – Jugoslawien bis Ukraine Von Klaus Hartmann

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Aktueller Online-Flyer vom 03. Februar 2024  
Aktuelles
Vortrag bei der Konferenz „Frieden ohne NATO“ am 25. und 26. November 2023 in Köln
Was heißt hier völkerrechtswidrig? – Über die Kriege von 1999 bis heute – Jugoslawien bis Ukraine
Von Klaus Hartmann
Plötzlich und unerwartet haben USA, NATO und Bundesregierung das Völkerrecht wiederentdeckt. Könnte man zumindest meinen, gemessen an der Häufigkeit ihrer Stellungnahmen und Veröffentlichungen ihrer Medien. Woher das plötzliche Interesse? Nun, es bezieht sich exklusiv auf den Krieg in der Ukraine. Zu ihren eigenen völkerrechtswidrigen Kriegen schweigen sie selbstredend. Als könnten sie selbst kein Wässerchen trüben, werfen sie in gespielter Unschuld der Russischen Föderation den Bruch des Gewaltverbots der UN-Charta vor. Art. 2 Nr. 4 der UN-Charta verbietet den Gebrauch und die Androhung militärischer Gewalt, als Ausnahme von diesem Gewaltverbot existiert das Recht zur Selbstverteidigung gem. Artikel 51 der Charta.
Klaus Hartmann – Foto: Anneliese Fikentscher (Arbeiterfotografie)

Ich soll hier „nur“ über die Kriege ab 1999 sprechen, also nicht über den Korea-Krieg 1950-53, den Vietnamkrieg 1955-1975, einschließlich jener gegen Laos und Kambodscha; und auch nicht über die US-Invasion in Cuba 1961, die Intervention in Grenada vom 25. Oktober 1983, die US-Invasion vom 20. Dezember 1989 in Panama oder 1994 in Haiti (der eine weitere 2004 folgte), nebst zahlreichen verdeckten Operationen zum Sturz fortschrittlicher Regierungen in aller Welt.

Eine Bemerkung, ist allerdings noch nötig, weil sie unmittelbar zum Jahr 1999 hinleitet. Mit dem Ende der sozialistischen Staaten in Europa verschwand auch mit der DDR der erste und einzige deutsche Friedensstaat, es endete vermeintlich der „Kalte Krieg“ und manche Friedensbewegte träumten von der „Friedensdividende“, die nun über uns kommen würde. Was real kam, war die Wort- und Vertragsbrüchigkeit der NATO, die noch 1990 versprochen hatten, das Bündnis werde „keinen Zentimeter nach Osten vorrücken“. Im März 1999, rechtzeitig vor ihrem Überfall auf Jugoslawien, nahmen sie jedoch Polen, Tschechien und Ungarn in die Militärallianz auf.

Jugoslawien

1999 startete die NATO-Aggression gegen Jugoslawien, der UN-Sicherheitsrat wurde „vorsichtshalber“, in Erwartung eines Vetos durch Russland und China, gar nicht damit befasst. Ich sagte damals in verschiedenen Reden, dass es sich um einen „Türöffnerkrieg“ für weitere imperialistische Kriege handelt. Nach einem von US-NGOs angeleiteten Regime-Change-Staatsstreich 2000 wurde Präsident Slobodan Miloševic von der neuen Marionettenregierung gekidnappt, nach Den Haag entführt und vor ein Femegericht gestellt. Dieses ICTY (International Criminal Court for the Former Yugoslavia) ist unter Bruch der UN-Charta installiert worden, da dieses nur nach Beschluss der UN-Vollversammlung und durch einen völkerrechtlichen Vertrag möglich wäre. Es wurde auch nicht aus dem UN-Haushalt bezahlt, sondern überwiegend von „philantropischen“ US-Stiftungen, insofern ähnelte es dem Finanzierungsmodell der WHO (Weltgesundheitsorganisation. Miloševic wurde im Scheveninger Gefängnis aufgrund unterlassener ärztlicher Hilfeleistung am 11. März 2006 zu Tode gebracht. Völkerrechtswidrig ist ebenso die Behandlung Serbiens nach Ende des NATO-Überfalls, denn der Krieg wurde mit der UN-Resolution 1244 beendet, in der die Zugehörigkeit des Kosovo zu Serbien garantiert wird. Die Kampagne der USA, Kosovo zum „selbstständigen Staat“ zu machen, sind illegal und alle Anerkennungen seither, auch durch Deutschland, sind nichtig von Anfang an.

„Antiterrorkrieg“: Afghanistan u.a.

2001 wurde die Operation 9/11 inszeniert, und anschließend der „Krieg gegen den Terror“ proklamiert. Teils vermutlich hypnotisiert durch die Medienbilder, nahm am 12.09.2001 der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1368 an, die auf das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der Charta Bezug nahm und die Anschläge als „Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“ einstufte. Dies nahmen die USA und NATO-Regierungen als Legi¬timation eines jahrzehntelangen sog. „Antiterrorkriegs“, der nach Einschätzung vieler Juristen aber ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg ist, der in allen überfallenen Ländern nur verbrannte Erde hinterlassen hat. Nach Angaben der IPPNW ist ihm über eine Million Menschen zum Opfer gefallen, (1) andere Angaben gehen darüber hinaus.

Der Start dieser US-geführten Kriegsserie mit der „Operation Enduring Freedom“ erstreckte sich auf Afghanistan, Georgien, Kirgistan, die Philippinen, Somalia und in Afrika auf den Jemen und die Staaten südlich der Sahara. Allein der Kreuzzug gegen Afghanistan dauerte 20 Jahre bis 2021 und erbrachte mindestens 176.000 Todesopfer, die Zahl der Toten sämtlicher „Nach-9/11-Kriege“ (einschl. Irak) wird auf 905.000 – 940.000 geschätzt. Hinzu kommen die „indirekten“ Toten aufgrund zerstörter Infrastruktur, Hungern und Verdurstens sowie Seuchen von 3,6 – 3,8 Millionen, was eine Gesamtzahl von 4,5-4,7 Millionen bedeutet. (2)

Irak

Am 20. März 2003 starteten die USA, Großbritannien und eine sog. „Koalition der Willigen“ einen Aggressionskrieg gegen den Irak. Die fälschliche Berufung auf UN-Resolution 1441, die keine Autorisierung militärischer Gewalt enthielt, kann nicht verdecken, dass es sich um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg handelt. Präsident Saddam Hussein wurde von einem von den USA eingerichteten Gericht zum Tode verurteilt und am 30.12.2006 gehängt. „Die Gesamtzahl der Todesopfer des Irakkriegs liegt je nach Schätzung zwischen 200.000 und einer Million Menschen; die angesehene medizinische Fachzeitschrift Lancet kam bereits 2006 auf eine Zahl von über 650.000 „zusätzliche Todesfälle“. (3) US-Truppen schießen auch heute weiter im Irak, 120 Bundeswehrsoldaten stehen an ihrer Seite, ebenfalls unter Bruch des Völkerrechts, 2022 wurden 740 tote Iraker gezählt. (4)

Nach mehrheitlichem Beschluss der Re¬solution 1973 des UN-Sicherheitsrates über die Durchsetzung eines Waffenembargos und einer Flugverbotszone über Libyen am 17. März 2011 haben die Streitkräfte verschiedener NATO-Länder dies als Ermächtigung zu einer Inter¬vention zum Sturz der Regierung sowie einem Luftkrieg gegen das Land interpretiert, das sie weitgehend in Schutt und Asche legten. Neben der Infrastruktur wurden auch die vorbildlichen Sozialsysteme des Landes zerstört, ein unregierbares Chaos geschaffen und die Staatlichkeit fragmentiert. Nach der bestialischen Ermordung des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi frohlockte die US-Außenministerin Hillary Clinton: „Wie kamen. Wir siegten. Er starb“. (5)

Syrien

Im März 2011 begannen unter der Flagge des Arabischen Frühlings bewaffnete Aufständische den Kampf gegen die Regierung von Baschar al-Assad in Syrien. Mit dem Zustrom von sog. Freiwilligen und Söldnern begann ein „Bürgerkrieg“, der von den USA als regionaler Stellvertreterkrieg um die Vormacht im Nahen Osten inszeniert wurde. Das Auftreten des von den USA selbst geschaffenen sog. IS nutzen die USA 2015 zu Luftangriffen auf Syrien.

Die syrische Regierung bat die Russische Föderation um militärischen Beistand, der auch gewährt wurde, was im Westen zu einer großen Empörung über diesen „Beistand für den Schlächter Assad“ führte. Dank russischer Unterstützung konnte die Syrische Regierung ihre Autorität im größten Teil des Landes wiederherstellen, allerdings waren dem vom Westen initiierten Umsturzversuch über 500.000 Menschen zum Opfer gefallen. (6) Wir halten fest: Das Eingreifen Russlands war völkerrechtskonform, die Intervention der USA und ihrer Koalitionstruppen war völkerrechtswidrig. Ebenfalls völkerrechtswidrig sind die westlichen Sanktionen gegen Syrien, die Hunger, Elend und gesundheitliche Unterversorgung der Bevölkerung bewirken, und sie so zum Aufstand gegen den „Machthaber“ Assad anstacheln sollen. Die deutsche „humanitäre“ Aktion namens „Refugees welcome!“ sollte zur Entvölkerung des Landes beitragen, und die auf Syriens Kosten ausgebildeten Fachkräfte zur Ansiedelung in Deutschland und den EU-Staaten locken.

Ukraine

Im Februar 2014 hat in der Ukraine ein gewalttätiger Putsch gegen die rechtmäßige und international anerkannte Regierung in Kiew stattgefunden, der von NATO-Staaten verdeckt vorbereitet wurde, und in den die USA lt. Ihrer Vizeaußenministerin Nuland bis dahin 5 Milliarden US-Dollar investiert hatten. Dies stellte eine verdeckte NATO-Aggression gegen die Ukraine dar. Die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine wurde durch die NATO-Regierungen verletzt, indem die USA, die NATO und die EU dadurch faktisch einen Teil der Ukraine unter ihren Einfluss brachten, unter Bruch des Völkerrechts und der ukrainischen Verfassung. Nur einen Teil der Ukraine, weil auf der souveränen Krim als einzigem Landesteil noch unumschränkt die ukrainische Verfassung weitergalt, bis sich die Bevölkerung in einer Abstimmung für den Beitritt zur Russischen Föderation entschied.

Der erste Rechtsakt der Putschregierung war die Aufhebung des Gesetzes „Über die Grundlagen der staatlichen Sprachenpolitik“ war, das Russisch und die Sprachen der Minderheiten den Status von Regionalsprachen in Gebieten verlieh, in denen sie von mindestens 10 Prozent der Bevölkerung gesprochen werden. In den industriellen Zentren im Osten führten der entfesselte extreme Nationalismus und die Diskriminierung der russischsprachigen Bevölkerung zu Empörung, am 1.und 2. März 2014 zum Volksaufstand und einer authentischen antifaschistischen Volksrevolution, die am 7. April 2014 in Donezk und am 27. April 2014 in Lugansk zur Proklamation von Volksrepubliken führte.

Der Krieg in der Ukraine begann nicht im Februar 2022 durch Russland. Er begann im April 2014, als die Putschisten in Kiew Armee und Nazi-Einheiten zu einer „antiterroristischen Aktion“ gegen die Bevölkerung im Südosten der Ukraine in Marsch setzten, die gegen eine Machergreifung der Putschisten auf ihrem Territorium Widerstand leisteten.

Die weitere Entwicklung vom Massaker ukrainischer Faschisten im Gewerkschaftshaus von Odessa am 2. Mai 1914 über die Minsk-1 und Minsk-2 -Abkommen, die von den westlichen Unterzeichnern nie beabsichtigt wurden, umzusetzen bis zum Schreiben der Russischen Föderation im Dezember 2021. Darin wurde der NATO und den USA ein Abkommen auf der Basis gleicher Sicherheit vorgeschlagen, Sicherheitsgarantien und ein Ende der NATO-Osterweiterung gefordert. (7) Die Vorschläge wurden von den Adressaten zurückgewiesen.

Westliche Geheimdienste und Medienberichteten berichteten zur Jahreswende 2021/22, dass Hunderttausend russische Soldaten an der ukrainischen Grenze stünden, eine Grenze von über 2.000 Kilometer Länge, mitgezählt wurden Garnisonen, die dreihundert Kilometer entfernt lagen. Hingegen standen an der Frontlinie im Donbass, 400 Kilometer lang, hunderttausend ukrainische Soldaten, die sich auf den Angriff vorbereiteten. Eine Invasion in die an Russland grenzenden Gebiete Donezk und Lugansk stand unmittelbar bevor, der Termin war auf den 8. März 2022 festgelegt. Wegen dieser bevorstehenden Invasion, der nach acht Jahren Dauerbeschuss des Donbass mit 14.000 Toten bis Ende 2021 sowie der ukrainischen Ankündigung einer „Rückeroberung der Krim“ (8), hat die Russische Föderation ihr Recht auf Selbstverteidigung geltend gemacht und gem. Artikel 51 den Sicherheitsrat ordnungsgemäß informiert, wie der Friedensrat der USA betont.

Palästina

Nachdem in Palästina ein Ausbruch aus dem permanent terrorisierten Freiluftgefängnis in Gaza stattfand, schlug die Armee der Besatzer zurück, die Aggression gegen das palästinensische Volk im Gazastreifen geht weiter, Hunderttausende wurden gewaltsam vertrieben werden. Die Zahl der im Gazastreifen getöteten Palästinenser ist nach Angaben der palästinensischen Behörden bis zum 23. November auf 14.854 gestiegen. Darunter sind 6.150 Kinder und 4.000 Frauen. Die Zahl der Verletzten liegt bei 36.000.

Der Weltfriedensrat: „Während dieser anhaltenden Aggression, die einen langsamen Völkermord darstellt, wird mehr als selbstverständlich, dass das Besatzungsregime Israels mit der vollen Billigung und Unterstützung der USA und der stillen Komplizenschaft der EU und ihrer Verbündeten handelt. Das „Recht auf Selbstverteidigung“ Israels ist ein Vorwand, der genutzt wird, um seine Verbrechen gegen das unbewaffnete palästinensische Volk, das das wahre Recht hat, sich den Besatzungstruppen zu widersetzen, reinzuwaschen.“ Er ruft zu Aktionen am 29. November auf, dem Internationalen Tag der Solidarität mit dem palästinensischen Volk. (9)

Kanzler Scholz und sein Baerbock sind entschieden gegen einen sofortigen Waffenstillstand in Palästina. Ohne Waffenstillstand – keine Friedensverhandlungen. „Der Krieg soll die Palästinenser vernichten, da ist ein Frieden im Weg“, so das Fazit von Uli Gellermann. (10)

„Es ist, als ob die israelische Regierung – mit voller Unterstützung der Vereinigten Staaten – Gaza in eine Ruine verwandeln möchte, um die Palästinenser in einem weiteren Akt ethnischer Säuberung zu vertreiben, der die Nakba (Katastrophe) von 1948 nachahmt“, schreibt der US-Friedensrat. (11)

Im Irak sind weiterhin rund 2500 amerikanische Soldaten stationiert, in Syrien etwa 900. Angesichts zunehmender Angriffe auf amerikanische Stützpunkte im Irak und in Syrien erklärte US-Präsident Biden auf einer Pressekonferenz im Weißen Haus, er habe den Obersten Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, gewarnt, dass Washington reagieren werde, wenn Teheran weiterhin “gegen” die US-Streitkräfte in der Region vorgehen würde. (12)

Am 27.10.2023 beschloss der UN-Sicherheitsrat die Resolution für „dringende und ausgedehnte humanitäre Pausen und Korridore im gesamten Gazastreifen für eine ausreichende Anzahl von Tagen“. 12 Mitglieder stimmten dafür, die USA und Deutschland enthielten sich. Anschließend wies Tel Aviv die Resolution empört und scharf zurück. (13)

Da sie jedoch völkerrechtlich bindend ist, werden jetzt sicherlich Sanktionen gegen die zionistische Entität verhängt und militärische Zwangsmaßnahmen angedroht. Oder etwa nicht? Da der Wertewesten grundsätzlich mit zweierlei Maß misst, eher unwahrscheinlich. „Das 11. Gebot: Israel darf alles“, lautet ein Buchtitel der Preisträgerin dieses Karlspreises, Evelyn Hecht-Galinski. Er bewahrheitet sich wieder in diesen Tagen.

Supermacht im Abstieg

„Auch heute werden den Menschen die Kriege mit edlen Zielen begründet. Man führt Kriege und tötet Menschen, um ihnen Freiheit, Wohlstand und Demokratie zu bringen. Allerdings hat das in den letzten 60 Jahren eher schlecht funktioniert. Egal, wo die USA in den letzten Jahrzehnten für Freiheit und Menschenrechte gekämpft haben, es hat nie funktioniert. Egal ob wir uns Vietnam ansehen, oder den Irak, Afghanistan, Kosovo, Libyen, Syrien und so weiter. Es gibt nicht ein Beispiel, wo diese Kriege Frieden, Freiheit, Wohlstand und Menschenrechte gebracht hätten. Dafür brachten die Kriege den USA Ölquellen, Absatzmärkte und der Rüstungsindustrie gute Geschäfte, die aus den Steuergeldern der US-Bürger bezahlt wurden, die der Meinung waren, damit ihren Beitrag zu Freiheit und zum Frieden auf der Welt zu leisten. Das hat jedes Mal funktioniert, die Eliten wurden mit jedem Krieg reicher und mächtiger.“ (Thomas Röper, 2019) (14)

Der kollektive Westen, ein neueres Wort für die imperialistischen Länder, will weiterhin unter Führung der USA eine multipolare Weltordnung souveräner und gleichberechtigter Länder verhindern. Er hält an seinem Ziel fest, die große Mehrheit der Länder der Welt in Vasallenstaaten und Tributpflichtige zu verwandeln, wie es bereits der programmatische Buchtitel von Zbigniew Brzezi?ski offen formuliert wurde. (15) US-Hegemonie und ein neokoloniales internationales System ist das Ziel.

Wir erleben heute eine gewaltige globale Umwälzung, die vom Niedergang der westlichen Vorherrschaft und der Entstehung einer neuen multipolaren Welt geprägt ist. Länder, die sich derzeit noch im Würgegriff kolonialer Ausbeutung befinden, schaffen sich neue Entwicklungsperspektiven. Diese tiefgreifende Umgestaltung verläuft dabei unter dem extremen Widerstand der Machtstrukturen des Imperialismus. Die Eliten der imperialistischen Mächte USA, Kanada, West-Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Japan haben sich zusammengeschlossen, um den Untergang ihrer Vorherrschaft zu verhindern. Dabei setzen sie alles auf eine Karte, die Karte der Aggression und des Krieges. (16)

Ohne Zweifel sind die USA eine „Supermacht im Abstieg“, und ihre „westlichen Partner“ begleiten sie dabei. China, Russland, auch Indien vergrößern ihre ökonomische Potenz und ihren internationalen Einfluss. Wir erleben den Wandel zu einer multipolaren, einer polyzentrischen Weltordnung. Absteigende Mächte werden nicht weniger gefährlich. Bereits die NATO-Aggression gegen Jugoslawien, die Installation von Camp Bondsteel im Kosovo und die NATO-Mitgliedschaft von Montenegro bis Makedonien waren Bausteine dieses aggressiven Kurses gegen Russland. Die Frage nach dem eigenen Platz sollte nicht schwer zu beantworten sein: Will man an der Seite der künftigen Verlierer oder der Aufsteiger stehen? (17)

Meinungsterror

Hand in Hand mit dem immer aggressiveren Kriegs- und Konfrontationskurs gegen Russland geht der Abbau demokratischer Rechte. Im „Corona-Ausnahmezustand“ wurde geübt, alle Zweifler an irren Ministeraussagen als „Covidioten“ zu ächten und medial zu jagen. Jetzt wird sogar das Strafrecht gegen die freie Meinungsäußerung eingesetzt. Seit Monaten versucht man, sog. „pro-russische Demonstranten“ strafrechtlich zu belangen, in jüngster Zeit auch alle, die Solidarität mit Palästina bekunden. Die Anti-Russenhetze bleibt erlaubt, aber Widerspruch und jede Abweichung vom NATO-Kurs kann bestraft werden.

Alle, die nicht der Propaganda der Regierung und ihrer Medien glauben, alle die nicht der NATO-Linie folgen, werden niedergemacht, in die Nähe von Landesverrätern gerückt, als „Rechte“, gar „Nazis“ diffamiert. Zu diesem Zweck wird eine eigens installierte „System-Antifa“ eingesetzt. Mit dem staatsoffiziellen „Kampf gegen rechts“ soll verdeckt werden, dass man nicht nur den realen wiederentstandenen Neonazismus in der Ukraine negiert, sondern offen mit dem faschistischen Regime des blutigen Clowns Selenskij (so nannte ihn der ukrainische Ostermarschredner 2023 in Bruchköbel!) paktiert. Ukrainische Nazis sind gute Nazis, die ethnischen Säuberer und Völkermörder in Tel Aviv ebenso.

Die Bundesregierung erweist sich an allen Fronten als zuverlässiger Vasall. Ganz im Sinne des Buchtitels eines anderen Karlspreis-Trägers, Werner Rügemer: „Verhängnisvolle Freundschaft“. Jetzt will Kriegsminister Pistorius sogar „Deutschland wieder kriegstüchtig“ machen. (18) Unbeirrt hält Deutschland an der so genannten „Nuklearen Teilhabe“ fest und trainiert mit den USA, die in Büchel stationierten US-Atombomben Richtung Osten zu fliegen.

All das unterstreicht die Aktualität der Forderungen der Kampagne „NATO raus – raus der NATO“: die Kündigung des Vertrags über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte – mit Zwei-Jahres-Frist, dann muss das Militär aller NATO-Staaten abziehen sowie den Austritt Deutschlands aus der NATO – nach Mitteilung an den US-Präsidenten binnen einer 1-Jahres-Frist.


Anneliese Fikentscher und Klaus Hartmann – Foto: Senne Glanschneider (Arbeiterfotografie)

Klaus Hartmann ist stellvertretender Bundesvorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbandes.

Fußnoten:

1 Body Count. Opferzahlen nach 10 Jahren „Krieg gegen den Terror“. In : IPPNW , Abgerufen am 18 . November 2020.
2 https://watson.brown.edu/costsofwar/figures/2021/WarDeathToll und https://watson.brown.edu/costsofwar/papers/2023/IndirectDeaths
3 https://www.dw.com/de/irak-krieg-nach-der-lüge-folgte-der-völkerrechtsbruch/a-64942299
4 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/163882/umfrage/dokumentierte-zivile-todesopfer-im-irakkrieg-seit-2003/
5 https://youtu.be/0qYS0uiFPvQ
6 https://de.statista.com/infografik/19601/geschaetzte-anzahl-der-buergerkriegstoten-in-syrien/
7 https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-12/ukraine-konflikt-russland-nato-sicherheitspakt
8 https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-08/ukraine-krim-praesident-wolodymyr-selenskyj-russlandaufforderung-rueckgabe
9 https://wpc-in.org/statements/call-world-peace-council-members-and-friends-wpc
10 https://www.rationalgalerie.de/home/tagesschau-bleibt-auf-us-kurs
11 https://uspeacecouncil.org/u-s-peace-council-statement-end-the-israeli-us-attack-on-the-palestinians-of-gaza/
12 M.K. Bhadrakumar, ehemaliger Botschafter Indiens in Usbekistan und der Türkei auf Indian Punchline, zit. n.
https://linkezeitung.de/2023/11/05/diplomatische-rueckschlaege-der-usa-erschweren-die-isolierung-des-iran/
13 https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/un-sicherheitsrat-resolution-israel-gaza-100.html
14 https://krisenfrei.com/warum-die-europaeer-vasallen-der-usa-sind-und-wie-von-dieser-tatsache-abgelenktwird/
15 Zbigniew Brzezinski, The Grand Chessboard. American Primary and Its Geostrategic Imperatives, 1997, Basic Books, New York
16 Revolutionärer Freundschaftsbund, Roter Sturm Nr. 30, 07.11.2023
17 Klaus Hartmann, Interview mit der serbischen Tageszeitung „ALO!“, 13.10.2019
18 https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/pistorius-wir-muessen-kriegstuechtig-werden,Tu6Tlcz

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