Die Drehtür zwischen Medien und Politik: Ex-Regierungssprecherin wird RBB-Intendantin Ein Artikel von: Tobias Riegel

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Die Drehtür zwischen Medien und Politik: Ex-Regierungssprecherin wird RBB-Intendantin

Ein Artikel von: Tobias Riegel

Mit Ulrike Demmer wurde gerade eine ehemalige stellvertretende Regierungssprecherin zur Intendantin des öffentlich-rechtlichen Senders RBB gewählt. Der Vorgang zeigt die Drehtür in beide Richtungen: Angepasste Journalisten werden Regierungssprecher – und (zumindest im Fall Demmer) können sie danach eine leitende Stelle im bürgerfinanzierten Rundfunk übernehmen, obwohl dieser Rundfunk eigentlich die Regierung kontrollieren soll. Der Vorgang ist skandalös, aber auch ein Zeichen der Zeit. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

T-Online schreibt unter der Überschrift „Eine maximal unglückliche Wahl“:

„Die 50-jährige Demmer ist eine erfahrene Journalistin, arbeitete unter anderem für das ZDF, den ‚Spiegel‘ und den RBB. Eine vom Fach, nicht schlecht. Wäre da nicht noch eine weitere wichtige Station in Demmers Lebenslauf: Von 2016 bis 2021 war sie stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung unter der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU).“

Der Vorgang um Demmer ist inakzeptabel, er ist aber auch ein Zeichen der Zeit: Es wird nicht mal mehr versucht, wenigstens offiziell die Illusion einer „Staatsferne“ des von den Bürgern bezahlten öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu erzeugen. Darum ist der Vorgang nicht nur sehr fragwürdig bezüglich der mutmaßlich fehlenden Distanz von Demmer gegenüber Politikern, über die sie berichten soll. Zusätzlich ist es eine Beleidigung der Intelligenz der Beitragszahler, wenn diese fehlende Distanz nun mit Phrasen vom Tisch gewischt werden soll. So zitiert die „Tagesschau“:

„Ihre frühere Arbeit als stellvertretende Regierungssprecherin der Bundesregierung stehe der Unabhängigkeit des rbb nicht entgegen. Der rbb sei auch mit ihr als neuer Intendantin staatsfern und unabhängig. ‚Ich habe fast 20 Jahre als kritische und unabhängige Journalistin gearbeitet. […] Wenn Sie mal so lange wie ich Journalistin waren, das legen Sie ja nicht einfach ab.’“

Rundfunk und „Staatsferne“

Diese Aussage der Betroffenen selbst hat bezüglich ihrer mutmaßlichen Interessenkonflikte und einer dadurch möglicherweise fehlenden Distanz zum etablierten Politikbetrieb keinen Wert. Zu den Medien, bei denen Demmer zuvor gearbeitet hat: Laut Wikipedia war sie unter anderem „als Korrespondentin für Verteidigungs- und Sicherheitspolitik für den Spiegel und den Focus tätig“ und leitete das Hauptstadtbüro des sogenannten „Redaktionsnetzwerks Deutschland“. Spiegel-Artikel von Demmer finden sich unter diesem Link.

Zur im öffentlich-rechtlichen Rundfunk offiziell angestrebten Staatsferne schreibt der „Tagesspiegel“ relativierend:

„‚Staatsferne‘ ist unbestritten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein hohes, sehr hohes Gut. Und sie war lange Jahre, lange Zeit nicht gegeben. Der WDR galt als ‚Rotfunk‘, der Bayerische Rundfunk als ‚Schwarzfunk‘. Und das ZDF war nach Rot und Schwarz von oben nach unten sortiert: der Intendant CDU, der Programmdirektor SPD. Durch ein wegweisendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurde die ‚Staatsbank‘ in öffentlich-rechtlichen Gremien auf ein Drittel reduziert. Es liegt an den Gremienmitgliedern, sich von der Parteipolitikern im Rundfunkrat nicht instrumentalisieren zu lassen.“

Öffentlich-rechtlichen Rundfunk reformieren, aber nicht abschaffen

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