Ein Weltkrieg scheibchenweise? Von Leonardo Boff

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Leonardo Boff. Bild: Manuela d’Ávila/Bruno Alencastro/CC BY-2.0

Ein Weltkrieg scheibchenweise?

Von Leonardo Boff

2. August 2023

Auf dem NATO-Gipfel in Madrid ging das angebliche Defensivbündnis zu einem offensiven Selbstverständnis über. Man führte die perverse Kategorie des „Feindes“ ein, den man bekämpfen und vernichten muss.Am 29. Juni 2022 fand in Madrid der Gipfel der Länder statt, die der NATO, also dem „Nordatlantischen Verteidigungspakt“, angehören. Die führende Nation dieses Bündnisses sind die USA. Die Beziehung der europäischen NATO-Länder zu den USA ist übrigens eine der demütigen Unterwerfung.

Auf diesem Gipfel wurde das „Neue Strategiekonzept“ festgelegt, das in gewisser Weise über die Grenzen Europas hinausweist und die gesamte Welt abdeckt. Um diese Strategie mit globalem Anspruch zu verstärken, waren auch Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland auf dem Gipfel vertreten. Hier wurde etwas äußerst Gefährliches und Provozierendes über einen möglichen Dritten Weltkrieg gesagt. Man bekräftigte, dass Russland der derzeitige direkte Feind und China der potenzielle Feind von morgen sei. Die NATO stellt sich selbst nicht nur als Defensivbündnis dar, wie dies ursprünglich gedacht war, sie ging zu einem offensiven Selbstverständnis über.

Man führte die perverse Kategorie des „Feindes“ ein, den man bekämpfen und vernichten muss. Dies verweist auf den den Nazis nahestehenden Juristen Carl Schmitt (1888–1985). In seinem Essay aus dem Jahr 1932, Der Begriff des Politischen, heißt es:

„Die spezifisch politische Unterscheidung, auf welche sich die politischen Handlungen und Motive zurückführen lassen, ist die Unterscheidung von Freund und Feind. […] Politisches Denken und politischer Instinkt bewähren sich also theoretisch und praktisch an der Fähigkeit, Freund und Feind zu unterscheiden. Die Höhepunkte der großen Politik sind zugleich die Augenblicke, in denen der Feind in konkreter Deutlichkeit als Feind erblickt wird.“ (Carl Schmitt, Der Begriff des Politischen. Synoptische Darstellung der Texte, Berlin 2018, 76. 204–206.)

Wiederum macht sich Europa zum Opfer seines eigenen Paradigmas des Willens zur Macht im Sinne von Herrschaft über die anderen – einschließlich der Natur und dem Leben. Dieses Paradigma bewirkte, dass allein im 20. Jahrhundert zwei große Weltkriege mit hundert Millionen Toten stattfanden. Es hat den Anschein, als ob Europa in zwei Jahrtausenden der Verkündigung des Evangeliums nichts gelernt hätte – eines Evangeliums, dessen strukturierendes Prinzip die Liebe, die Solidarität und die Verteidigung der am meisten Verletzlichen ist.

Heute weiß man, dass sich hinter dem Krieg in der Ukraine die Konfrontation zwischen den USA und Russland bzw. China verbirgt. Es geht darum, wer die Welt geopolitisch beherrscht. Weiterlesen bei overton.de

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