
Fesselnd, wie es Ozan Zakariya Keskinkılıç gelungen ist, mit seinem Buch „Muslimaniac – Die Karriere eines Feindbildes“ Die Karriere eines Feindbildes, uns schonungslos den Spiegel vorzuhalten. Über den Rassismus und Hass und Fremdheit, der Muslimen in Deutschland entgegenschlägt. Es ist eine ernüchternde Bilanz darüber, wie Muslime sich dem antimuslimischen Rassismus ausgesetzt fühlen. Da hilft es auch nicht sich mit allen Mitteln zu integrieren, ja selbst das in Deutschland geboren sein, schützt nicht davor, als fremd und gefährlich ausgegrenzt zu werden. Es ist dieses Gefühl, dieses niemals dazu zu gehören, zur deutschen Gesellschaft. Eine Ausgrenzung gegen Islam und Muslime, ja eine gefühlte „Wertlosigkeit“ mit Vorurteilen, die sich seit 9/11 so gnadenlos verstärkt haben. Westliche Gräueltaten werden gern, als notwendige „Anti-Terror“ Maßnahmen begrüßt, während Muslime als potentielle Terroristen gelten, denen man mit Vorsicht begegnen muss.
Die deutsche „Leitkultur“, die Kopftücher nicht vorsieht, hat uns allen viel Leid gebracht. Die Vorurteile gegen Muslime verstärkten sich seit Einzug der AfD erschreckend, als ich danach schon warnte vor dieser Partei, wurde ich verlacht und angefeindet. Nach Solingen und den NSU Morden, schallte zwar ein Aufschrei durch die Republik, aber geändert hat sich seitdem wenig. Solange das wirkliche Bewusstsein gegen Rechtsextremismus nicht erwacht ist, sondern ständig mit Linksextremismus und „muslimischen Antisemitismus“ Angst erzeugt wird , kann keine Änderung eintreten. Die Bedrohung kommt von rechts, dass war und bleibt so. Aber solange die Politiker nicht bereit sind, sich diesem wirklich zu stellen, solange wird es kein Umdenken geben. Ist das vielleicht gewollt? Brauchen und wollen wir das „Feindbild Muslim“, den „Gefährder“?
Wie Ozan Zakariya Keskinkılıç in acht Kapiteln das „Geschäftsbild“ der Islamkritik beschreibt, geht unter die Haut. Medienvertreter sollten sich nach Lektüre dieses Buches einmal fragen, wie sie denn endlich viel gezielter und wahrheitsgemäßer in ihrer Berichterstattung dazu beitragen können , indem mit Wörtern, wie „politischer Islamismus“ ein tiefes Misstrauen und Vorurteile geschürt wird.
Dieser Hochmut, der von deutschen führenden politischen Vertretern ständig bemüht wird und von von „christlichen Werten spricht“ ist völlig fehl am Platz und eine fatale Lüge. Auch der deutsche Philosemitismus, dem Nachfolger des Antisemitismus, der Juden und Judentum unter „Artenschutz“ stellt, ist fatal und bewirkt genau das Gegenteil. Es ist dieses ungesunde Klima des anti-muslimischen Rassismus, den wir bekämpfen müssen. Mit “ Muslimaniac“ kommen wir diesem Ziel etwas näher, auf diesem langen Weg.
Lassen sie mich mit einem Zitat von Ozan Zakariya Keskinkılıç aus dem Buch enden: “ Wenn ein „guter Muslim in Deutschland zu sein bedeutet, den Mund zuhalten, keine politischen Forderungen zu stellen, sich mit Krümeln zufrieden zu geben, Rassismus, Abschiebungen und rechte Gewalt nicht anzuklagen, wenn es heißt der „Leitkultur“ bedingungslos zu folgen oder zu gehen wenn ein „guter Muslim“ jemand ist, der schweigt und nicht, der Unrecht in Kauf nimmmt, sich gegen andere vereinnahmen lässt, um dadurch Profit zu schlagen, um die eigene Situation zu verbessern auf Kosten des Rests, wenn das ein „guter Muslim“ ist – dann will ich lieber ein „böser Muslim“ sein“.
Evelyn Hecht-Galinski
Interview mit Ozan Zakariya Keskinkılıç : „Muslime bekommen immer die Rolle des Täters“ – Qantara.de
Herr Keskinkılıç, Ihr Buch „Muslimaniac“ über anti-muslimischen Rassismus ist letztes Jahr erschienen und aktueller denn je. Wie kam es zu diesem Projekt? Ozan Zakariya Keskinkılıç : Ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit anti-muslimischem Rassismus, in erster Linie aus wissenschaftlicher Perspektive. Dabei hat mir etwas gefehlt.
Großen Dank an den Autor und die Edition Körber , die dieses unbedingt lesenswerte und wichtige Buch publizierte.
Muslimaniac
Die Karriere eines Feindbildes

Wer denkt, aus »Ausländern« könnten je »richtige Deutsche« werden, irrt sich gewaltig: Es reicht nie, ist die Erfahrung hier lebender Muslime. Brillant und bissig erzählt Ozan Zakariya Keskinkılıç von einer konsequenten Verfremdung und bahnt einen Weg der Annäherung.
Egal, ob man in Deutschland geboren wurde und sich überhaupt in jeder Hinsicht integriert: Muslim bleibt immer Muslim – fremd, gefährlich, rückständig. Und als Muslimin ist man entweder unterdrücktes Opfer oder erotische Projektionsfläche.
Diese Zuschreibungen sind weit älter als die gegenwärtigen angeblich islamkritischen Debatten. Als Orientalika bezeichnet Keskinkılıç solche Gegenstände, Symbole und Sprachspuren, in denen die hartnäckigen Klischees von Orient und Okzident sich spiegeln. Indem er sie mit aktuellen Entwicklungen und eigenen Erfahrungen verknüpft, seziert Keskinkılıç die Fixierung auf »den Islam« als zentrales Feindbild der Gesellschaft.
»Muslimaniac« nennt Keskinkılıç diese Erfindung der Muslime als Problem: ein schillernder Begriff, in dem sich gesellschaftliche Konstruktion und Besessenheit mit dem leidenschaftlichen, ironischen Geist des Ausbruchs aus den Stereotypen mischen. Und erst, wenn diese Umkehr gelingt, öffnet sich eine gemeinsame Zukunft jenseits der Stigmatisierungen.
Informationen
Über Ozan Zakariya Keskinkılıç

Ozan Zakariya Keskinkılıç ist Politikwissenschaftler, freier Autor und Lyriker. Er studierte in Wien und Berlin und lehrt und forscht an Berliner Hochschulen. 2021 wurde er als Mitglied der Expertenkommission gegen antimuslimischen Rassismus im Land Berlin berufen. Regelmäßig nimmt Keskinkılıç Stellung zu tagespolitischen Themen, u. a. auf ZEIT Online, zdf heute und in der Süddeutschen Zeitung. Neben wissenschaftlichen und journalistischen Arbeiten publiziert Keskinkılıç Gedichte in Literaturzeitschriften und Anthologien in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Im September 2021 erscheint »Muslimanic. Die Karriere eines Feindbildes« in der Edition Körber.
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