Teil 3: Die Rolle Israels

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Syrien

Teil 3: Die Rolle Israels

Israel ist der große Profiteur der Entwicklungen in Syrien und Netanjahu könnte nach dem Sturz von Assad seinen Zielen, ein Großisrael zu schaffen und alle Gegner Israels zu vernichten, einen sehr großen Schritt näher gekommen sein.
Von Thomas Röper

Israel hat beim Sturz von Assad vielleicht keine entscheidende Rolle gespielt, ist aber offenbar der Hauptprofiteur der Entwicklungen. Allerdings kann das auch noch umschlagen, wenn in Syrien echte Islamisten an die Macht kommen sollten, die es mit dem Kampf gegen Israel weitaus ernster meinen, als Assad, der bestenfalls passiv gegen Israel vorgegangen ist.

Die Interessen Israels

Israel will seine Macht im Nahen Osten ausbauen und die aktuelle, national-faschistische israelische Regierung strebt sehr offen ein Großisrael an, das den Gazastreifen, das Westjordanland und Teile Syriens annektiert. Was dabei aus den dort lebenden Palästinensern und anderen Arabern wird, fragt im Westen übrigens niemand, obwohl das Ziel der aktuellen israelischen Regierung offensichtlich deren Vernichtung oder Vertreibung ist.

Das erste Ziel Israels ist es, den Iran zu schwächen, der die Hamas in Gaza und die Hisbollah im Libanon unterstützt. Diese Unterstützung lief bisher über Syrien, was einer der Gründe dafür ist, dass der Iran Assad so stark unterstützt hat, weil er die Nachschubwege für die Hisbollah und die Hamas sichern wollte.

Israels Ziel war daher der Sturz Assads, um die Nachschubwege von Hisbollah und Hamas aus dem Iran abzuschneiden. Das Ziel hat Israel nun erreicht.

Dass die Islamisten von HTS ihr Vorgehen mit Israel koordiniert haben, ist bemerkenswert, aber man sieht das daran, dass der Angriff der Islamisten an dem Tag erfolgte, als Israel seinen Waffenstillstand mit der Hisbollah geschlossen und einen kleinen Grenzstreifen syrischen Gebietes bei den ohnehin schon völkerrechtswidrig von Israel okkupierten Golanhöhen besetzt hat. Und am Tag des Sturzes von Assad hat die israelische Armee gemeldet, weitere Truppen dahin verlegt zu haben, um eine „Pufferzone“ zu bilden und unbestätigte Meldungen sprachen davon, dass israelische Panzer nur 20 Kilometer von der syrischen Hauptstadt Damaskus entfernt gesichtet wurden.

Die Türkei als Schutzmacht der Islamisten und Israel haben ihr Vorgehen gegen Assad offensichtlich koordiniert. Politik hat eben nichts mit Moral zu tun, sondern es geht nur um Macht. Erdogan und der israelischen Regierung war es aus unterschiedlichen Gründen wichtig, Assad zu stürzen, also hat man das Vorgehen in Syrien trotz aller anderen Differenzen offensichtlich koordiniert.

Israel dürfte die von der Türkei unterstützten, radikalen Islamisten, die in Syrien nun die Macht übernommen haben, keineswegs als Freunde ansehen, aber das oberste Ziel Israels war es, den Iran aus Syrien zu verdrängen, und das ist gelungen. Mit den folgenden Problemen befasst man sich offenbar später.

Israel bombardiert Syrien

Wie das aussieht, zeigen die massiven israelischen Luftangriffe auf Syrien, mit denen Israel Waffen und Ausrüstung der syrischen Armee komplett vernichtet, damit sie niemand gegen Israel einsetzen kann.

So hat die israelische Luftwaffe den Sturz der Regierung von Assad und den Zusammenbruch seiner Armee ausgenutzt, um unmittelbar danach hunderte Luftangriffe auf Syrien zu fliegen. Quellen aus der syrischen Armee, die mit Reuters sprachen, beschrieben die Luftangriffe als die „bisher schwersten, die Militäreinrichtungen und Luftwaffenstützpunkte in ganz Syrien trafen und Dutzende Hubschrauber und Jets sowie Einrichtungen der Republikanischen Garde in und um Damaskus zerstörten“. Auch Syriens Luftabwehr in Damaskus, Homs, Hama, Latakia und Daraa sei durch Israels Angriffe ausgeschaltet worden.

Berichten israelischer Medien zufolge wurden bei den Angriffen etwa 80 Prozent der militärischen Einrichtungen und 90 Prozent der Luftabwehr Syriens zerstört. Berichten zufolge hat Israel in den Tagen nach Assads Sturz 1.800 Bomben auf 500 Ziele abgeworfen. Laut der israelischen Armee geschehe das, um Israels Sicherheit zu gewährleisten.

Die entspannte Reaktion der Islamisten

Wenn man bedenkt, dass Israel für Islamisten eigentlich der Feind Nummer 1 ist, wundert man sich darüber, wie entspannt die neuen syrischen Machthaber auf Israels heftige Angriffe reagieren. Syriens neuer Machthaber Abu Mohammad al-Dschulani sagte am Samstag nur, Israel benutze „falsche Vorwände“, um seine Angriffe auf Syrien zu rechtfertigen, denn seine Regierung sei nicht an einem neuen Konflikten interessiert, da sich das Land nach dem Ende der Herrschaft von Baschar al-Assad auf den Wiederaufbau konzentriere. Die Israelis hätten eindeutig die Grenzen ihres „Engagements“ in Syrien überschritten, was die Gefahr einer ungerechtfertigten Eskalation in der Region berge.

Wenn man dabei noch die Meldungen der letzten Tage über die Lage der Glaubensbrüder von Dschulani in Gaza und im Westjordanland bedenkt, dann verwundert diese entspannte Reaktion umso mehr.

So erklärte Netanjahu am 11. Dezember, Israel werde die Kontrolle über ganz Jerusalem niemals wieder abgeben, was eine Provokation an die muslimische Welt ist, denn erstens gehört Ost-Jerusalem laut Völkerrecht zu einem zu schaffenden Palästinenserstaat und zweitens steht dort mit der Al-Aksa-Moschee eines der wichtigsten islamischen Heiligtümer.

Unterdessen setzt Israel seine Aktionen im palästinensischen Westjordanland fort, bei denen viele Palästinenser getötet werden, ohne dass die westlichen Medien darüber allzu viel berichten. In der letzten Woche hat die israelische Armee dort Flüchtlingslager und Dörfer gestürmt. Und laut der UNO hat Israel in den letzten zwei Monaten 95 Schulen im Gazastreifen bombardiert, außerdem sind eine Millionen Menschen in Gaza dem Winter ohne Dach über dem Kopf ausgesetzt.

Allerdings zeigt sich der von der Türkei unterstützte HTS erstaunlich gleichgültig gegenüber dem israelischen Massaker an seinen palästinensischen Glaubensbrüdern.

Greift Israel als nächstes den Iran an?

Ich habe gestern die Analyse eines russischen Professors übersetzt, in der genauer beschrieben ist, was ich hier nur kurz anreißen werde.

Israel sieht sich von Feinden umgeben, wobei es mit einigen Nachbarländern wie etwa Jordanien und Ägypten recht ordentliche Beziehungen unterhält. Aber die Hamas in Gaza und die Hisbollah im Libanon sind Feinde Israels und sie werden vom Iran unterstützt, der wiederum Syriens Staatsgebiet genutzt hat, um der Hisbollah und der Hamas Nachschub zu schicken. Damit ist es nun vorbei.

Die Hamas ist zwar nicht komplett geschlagen, aber doch schwer geschwächt und nun offenbar bereit, mit Israel über eine Rückgabe von Geiseln zu verhandeln. Anscheinend war es vor allem der Druck von Trump, der von Israel und der Hamas eine Einstellung der Kämpfe und den Austausch von Gefangenen bis zu seinem Amtsantritt am 20. Januar gefordert hat, der Wirkung gezeigt hat. Meldungen zufolge soll es erste Einigungen auf dem Weg zu einem Waffenstillstand geben und im ersten Schritt will die Hamas 30 alte und kranke Geiseln gegen in Israel gefangene Palästinenser austauschen.

Auch die Hisbollah ist zwar nicht zerschlagen, aber ebenfalls schwer geschwächt und da ihr Nachschubweg durch Syrien nun blockiert ist, dürften weder die Hamas noch die Hisbollah sich so bald wieder erholen.

Man kann also festhalten, dass der israelische Ministerpräsident Netanjahu wohl der große Sieger der aktuellen Ereignisse ist, denn er hat seine wichtigsten Feinde schwer geschwächt und ist seinen Träumen, ein Großisrael unter Annektierung von palästinensischen und syrischen Gebieten zu schaffen, näher denn je.

Aber noch stört der Iran, den Israel bisher nur sehr begrenzt militärisch angreifen konnte, weil die zwischen Israel und dem Iran gelegenen Länder der israelischen Luftwaffe dazu keine Erlaubnis geben.

Auch das hat sich geändert, denn nun ist die syrische Luftabwehr ausgeschaltet und die neuen syrischen Machthaber halten sich mit Kritik an Israel auffällig zurück. Und da auch sie in Syrien gegen den Iran gekämpft haben, dürfte sich ihre Kritik, wenn Israel den Iran angreifen und dazu Flugzeuge in den syrischen Luftraum schicken sollte, in noch engeren Grenzen halten.

Der Radiosender der israelischen Armee hat am 12. Dezember gemeldet, das israelische Militär der Meinung sei, dass sich nach den erfolgreichen massiven Angriffen auf Syrien die Möglichkeit für einen Angriff auf Nuklearanlagen im Iran eröffnet habe. Der Meldung zufolge koordinieren sich verschiedene Strukturen des israelischen Militärs, darunter die Armee und Geheimdienste, um der politischen Führung des Landes Handlungsoptionen bezüglich Teheran aufzuzeigen.

Und da auch Trump, der ohnehin ein Gegner des Iran ist, in einem Interview militärische Aktionen gegen die Iran nicht ausgeschlossen hat, ist nicht ausgeschlossen, dass Israel in den nächsten Wochen oder Monaten mit Trumps Rückendeckung militärisch gegen den Iran vorgeht und dazu den syrischen Luftraum nutzt.

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