Deutschlands „Dönerbeschränkung“ zielt auf die Vernichtung von Einwandererbetrieben
Robert Rigney
23. Dezember 2024
Reuters
Mehrere Politiker sind auf den Zug aufgesprungen, bezeichnen Dönerläden als undeutsch und versprechen, ihr Wachstum im ganzen Land zu begrenzen.
Der Umsatz mit Döner in Deutschland beläuft sich auf 7 Milliarden Euro pro Jahr, wobei 1,3 Milliarden Döner pro Jahr verzehrt werden. / Foto: Reuters
Die deutsche Mitte-Rechts-Partei Christlich Demokratische Union (CDU) will türkisch geführte Dönerläden in der Innenstadt einer baden-württembergischen Kleinstadt verbieten.
Der so genannte „Dönerdeckel“ hat eine bundesweite Diskussion über die Machbarkeit solcher Beschränkungen ausgelöst.
Der Vorschlag betrifft nicht nur Dönerläden, sondern auch andere, im Wesentlichen von Ausländern geführte Kleinbetriebe, darunter Friseurläden, Spätis, Handyshops, Shisha-Bars und Nagelstudios.
Der Heilbronner CDU-Politiker Thomas Aurich erklärte kürzlich in einem Gespräch mit Journalisten, dass es seiner Meinung nach zu viele solcher Geschäfte in der Heilbronner Innenstadt gebe. Er kündigte an, dem „Wildwuchs“ Einhalt gebieten zu wollen.
„Wir wollen die Zahl der Dönerläden begrenzen, um diesen Wildwuchs einzudämmen. Es ist in Ordnung, wenn es hier und da einen gibt, aber nicht fünf hintereinander“, sagte er.
Heilbronn ist eine Stadt mit 125.000 Einwohnern nördlich von Stuttgart. Sechzig Prozent der Einwohner der Stadt haben einen ausländischen Hintergrund. Im Stadtzentrum gibt es nach eigenen Angaben 20 Dönerläden.
In der gesamten Innenstadt kommen statistisch gesehen 3,5 Dönerläden auf 10.000 Einwohner, weniger als im Bundesdurchschnitt, aber in den Augen von Aurich und seinen Mitstreitern viel zu viele.
„Wir erwarten in den kommenden Jahren eine wunderbare 120-Millionen-Investition“, sagte Aurich und bezog sich dabei unter anderem auf den geplanten Bau eines neuen Einkaufszentrums, das in Kürze errichtet werden soll.
AP
Ein Döner Kebab ist ein Gericht aus gewürztem Fleisch wie Lamm, Huhn oder Rind, das in einer vertikalen Rotisserie kegelförmig aufgeschichtet wird.
Nach Ansicht von Aurich könnten Investoren möglicherweise vor der Fülle von Dönerläden zurückschrecken – nicht nur Dönerläden, sondern auch von Ausländern geführte Friseurläden, Spätis, Handyshops, Shisha-Bars und Nagelstudios, die irgendwie als minderwertig, schlecht, undeutsch dargestellt werden.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jürgen Linz aus der nordrhein-westfälischen 60.000-Einwohner-Stadt Wesel hat den Aufruf Aurichs aufgegriffen und angekündigt, sich in seinem Wahlkreis für eine ähnliche Aktion einzusetzen.
„Man kann keine Sportartikel mehr kaufen und es gibt keine Konditoreien oder Teestuben“ – Dinge, die vermutlich von Deutschen betrieben würden. „Die Leute vermissen diese Dinge.“
Linz weiter: „Es ist wichtig, die Innenstadt vor dem gefährlichen Abwärtstrend zu schützen, der unsere Werte zu zerstören droht.“
Gunnar Schupelius, der Chefredakteur der größten Berliner Boulevardzeitung BZ, unterstellte, dass solche von Ausländern geführten Geschäfte gewissermaßen ein Magnet für die organisierte Kriminalität seien.
Aurichs Vorschlag wurde vorerst vom Tisch gewischt, nachdem ein Rechtsgutachten Zweifel an der Machbarkeit eines solchen Vorhabens aufkommen ließ.
Der Heilbronner Gemeinderat hat sich stattdessen parteiübergreifend dafür ausgesprochen, in einer gemeinsamen Initiative „Aufbruch Innenstadt“ ein Stadtentwicklungskonzept zu erstellen, das „die Vielfalt und die weitere Attraktivität und Stärkung der Innenstadt fördern“ soll.
Auch wenn Aurichs Vorschlag abgelehnt wurde, sind die Ideen der beiden CDU-Politiker in Deutschland auf fruchtbaren Boden gefallen, wo es inzwischen zum guten Ton gehört, über Ausländer zu schimpfen.
Einige konservative deutsche Politiker haben sich die Sache mit der „Dönermütze“ zu eigen gemacht, um vor den Wahlen politisch zu punkten.
Schupelius, der Redakteur der BZ, die für ihre ausgesprochene Türken- und Ausländerfeindlichkeit bekannt ist, schaltete sich kürzlich in die Debatte ein und fragte, ob eine ähnliche Maßnahme auch für Berlin gelten könnte, wo es rund 4.000 Dönerläden gibt – die meisten in jeder deutschen Stadt.
Der Journalist – ein besonders schmieriger Kolumnist der Zeitung, der für seine einwandererfeindlichen Tiraden bekannt ist – konzentrierte sich auf zwei Straßen in überwiegend von Zuwanderern bewohnten Berliner Stadtteilen, in denen es viele türkische Läden gibt, kritisierte deren „undurchsichtige Intransparenz“ und vermutete, dass sie von kriminellen „Clans“ betrieben werden könnten.
Er verwies auch auf einige angebliche „Vorfälle“, bei denen Menschen vor solchen Geschäften offenbar niedergeschlagen wurden. Am Ende räumte der Journalist etwas halbherzig ein, dass solche Beiträge wie in Baden Württemberg und NRW in Berlin nicht funktionieren würden.
Klein-Istanbul
Es ist ein Freitagabend rund um das Kottbusser Tor – oder Kotti – wie es hier in Berlin liebevoll genannt wird, ein stark türkisch geprägtes Viertel im Bezirk Kreuzberg.
Nach vielen Jahren als vernachlässigtes türkisches Ghetto hat sich die Gegend zu Berlins wichtigstem Hotspot des Nachtlebens entwickelt, wo sich Nachtschwärmer, Hipster und Clubgänger mit einheimischen Türken in türkisch geführten Bistros und Baklava-Läden treffen; hier in Kreuzberg sind Dönerläden angesagt.
Klein-Istanbul‘ heißt es, aber das stimmt nicht“, sagt Hatice K. vor einem nagelneuen Dönerladen in der Adelbertstraße, mitten im türkischsten Teil Berlins. „Tatsächlich ist praktisch der ganze Kiez in der Hand von anatolischen Türken.“
Nefis ist ein solcher Dönerladen, der von Leuten betrieben wird, die ursprünglich aus Urfa in der Südosttürkei stammen, von wo – so heißt es – praktisch alle Dönerladenarbeiter in Berlin herkommen.
Mehr lesen
Wem gehört der Döner? Wie der Döner die Geschichte der türkischen Migranten widerspiegelt
Nefis ist erst seit etwa sieben Monaten im Geschäft, und das Geschäft boomt. Luftballons hängen in Girlanden, eine Mischung aus kurdischer Volksmusik und Oldschool-Hip-Hop ertönt, während die Deutschen Schlange stehen für Berlins neuesten Veggie-Döner.
Auf die Frage, was er von dem Heilbronner Plan hält, eine so genannte „Dönerbeschränkung“ einzuführen, und ob Berlin eine ähnliche Regelung braucht, sagt Ibrahim D.: „Das ist doch Unsinn. Es stimmt, dass es in letzter Zeit mehr Dönerläden gibt. Aber jedes Restaurant bietet seine eigene Spezialität an. Der eine bietet Hähnchen an, der andere Lamm, wieder ein anderer ist auf Veggie-Kebab spezialisiert… Alle lieben Döner.“
Yusuf K., ein Mitarbeiter von Nefis Döner, fügt hinzu: „Der Grund, warum so viele unserer Leute im Kebab-Geschäft arbeiten, ganz zu schweigen von den mobilen Läden, den Spätis, den Shisha-Bars und den Friseuren, ist, dass viele von ihnen erst vor kurzem hierher gekommen sind und für nichts anderes qualifiziert sind. Sie arbeiten dort und ziehen dann weiter. Ich selbst habe nicht die Absicht, hier länger zu arbeiten, als ich muss.
Ein türkischer Kunde sagt: „Es ist klar, dass die CDU diesen Schritt machen will, weil sie die Kanaken (eine abwertende Bezeichnung für Ausländer aus Südosteuropa) klein halten will. Aber was wäre dieses Land ohne uns Kanaken? Es wäre ein Null-Land.“
Mehr lesen
Türkischer Döner ist in Deutschland beliebter als Currywurst: Umfrage
QUEELLE: TRTWorld und Agenturen
Robert Rigney
Robert Rigney ist ein amerikanischer Journalist aus Berlin. Er ist viel in Osteuropa, auf dem Balkan und in der Türkei herumgereist, von wo er seine Themen übernommen hat. Er schreibt für eine Vielzahl internationaler Publikationen und gibt ein Online- und Printmagazin namens Berlin Bazzar heraus.
Übersetzt mit Deepl.com
--
Kommentar hinterlassen
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.