Mein Wochenende mit Jewgenij Prigoschin Gert-Ewen Unga

Mein Wochenende mit Jewgenij Prigoschin

Mein letztes Wochenende war nicht ganz so spannend, wie man sich das in Deutschland vorstellt. Jewgenij Prigoschin, russischer Unternehmer und

Bild: Government of the Russian Federation, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons

Mein Wochenende mit Jewgenij Prigoschin

Gert-Ewen Ungar

  1. Juni 2023

Mein letztes Wochenende war nicht ganz so spannend, wie man sich das in Deutschland vorstellt. Jewgenij Prigoschin, russischer Unternehmer und Chef der Privatarmee Wagner, fühlte sich schlecht behandelt. Er schickte daher seine Jungs in Richtung Moskau – im Panzer versteht sich und nicht nur in einem.

Die Aufregung war vor allem medial. Hätte ich die Glotze nicht angemacht, hätte ich vermutlich gar nichts vom sogenannten Putsch mitbekommen. In Moskau blieb nämlich alles ruhig.Ich habe das in einem Tweet auch so festgehalten und wurde prompt dafür beschimpft – wie das auf Twitter nunmal so ist. Mir wurde unter anderem vorgeworfen, nicht wahrheitsgemäß zu berichten. Das ist natürlich schon einigermaßen erstaunlich. Da sitzt jemand mit seinem Handy in Deutschland mit dem Handy und erklärt mir in Moskau, was in Moskau gerade passiert, was es zu sehen gäbe und wie ich darüber gefälligst zu berichten habe. Nun gut.

Im Fernsehen wurde eine Ansprache Putins angekündigt, die dann auch kam. Putin war ziemlich sauer, er sprach von Verrat. Er forderte die Söldner auf, es sich noch einmal zu überlegen. Sie seien in die Irre geführt worden. Gleichzeitig hob er ihre Verdienste im Kampf hervor.
In ihrer Differenziertheit ist diese Rede ein ganz erstaunliches Dokument und unterscheidet sich von den Ausfällen deutscher Politiker gegen Menschen grundlegend, die die Regierungspolitik kritisieren. Dabei sind in Deutschland die Anlässe für die Beschimpfung der Deutschen von der politischen Kanzel herab deutlich geringer. Weder “Covidioten” noch “Reichsbürger” sind bisher im Panzer Richtung Berlin gefahren. Der Bundeskanzler wird jedenfalls deutlich schneller ausfallend als Putin und um die Fähigkeit zur Differenzierung steht es im politischen Establishment Deutschlands ohnehin schlecht. Jedem, der nicht vollständig auf Regierungslinie ist, wird eine rechte Gesinnung unterstellt. Das ist billig und schäbig. Weiß eigentlich auch jeder.

Öffentlicher Streit
In Deutschland sah man Putin schon stürzen. Die Häme und die Niedertracht war selbst hier in Moskau zu fühlen. Endlich kommt das “System Putin” an sein Ende. Endlich wird er weggeputscht und erhält seine gerechte Strafe – also das, was man in Deutschland für gerecht und angemssen hält. Knast, ewige Verbannung, Sibirien, Tod. Wie sich nun im Nachhinein herausstellte, ging es Prigoschin und den Seinen gar nicht um einen Putsch.

Prigoschin war angepisst. Er hatte andere Vorstellungen davon, wie dieser Krieg zu führen ist, war bereit, mehr ins Risiko zu gehen und dafür unter Umständen schnellere Fortschritte zu erzielen. Das russische Verteidigungsministerium geht mehr auf Sicherheit, möchte die eigenen Soldaten schützen und geht deshalb langsamer vor. Darüber gab es immer wieder Streit. Prigoschin hat diese  Streit regelmäßig in die Öffentlichkeit getragen, obwohl das in Russland nach deutscher Auffassung gar nicht geht, weil Russland eine Diktatur ist, in der es keine Meinungsfreiheit gibt. Weiterlesen bei den neulandrebellen.de

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