Rache an Selensky, oder wie Biden seine Macht in Kiew weiter festigen will von Thomas Röper von Anti-Spiegel

Rache an Selensky, oder wie Biden seine Macht in Kiew weiter festigen will

Das klingt natürlich löblich, aber die Art und Weise, wie das NABU seit seiner Gründung gearbeitet hat, zeigt, dass es dabei nie um Korruptionsbekämpfung ging, sondern darum, die Mächtigen in der Ukraine unter Druck zu setzen und „auf Linie“ zu halten.

Forderung nach „Reformen“

Rache an Selensky, oder wie Biden seine Macht in Kiew weiter festigen will

Vollkommen unbeachtet von den deutschen Medien hat die US-Regierung „Reformen“ zur Bedingung für weitere US-Hilfen an Kiew gemacht. Diese „Reformen“ muss man als Bestrafung von Selensky durch Biden sehen, und als Versuch des Biden-Clans, seine Macht in Kiew weiter zu festigen.

von Thomas Röper

Die „Ukrainskaja Prawda“ hat den Inhalt eines Briefes veröffentlicht, den der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater des US-Präsidenten, Michael Pyle, der ukrainischen Führung geschickt hat. Der Brief enthält eine Liste von Reformen, die Kiew durchführen muss, um weiterhin Militärhilfe zu erhalten. In dem Dokument mit dem Titel „Liste der vorrangigen Reformen: Reformen im Zusammenhang mit den Bedingungen für die Unterstützung durch die USA“ wird Kiew insbesondere aufgefordert, die Gas- und Strompreise zu liberalisieren, was nach Ansicht des Weißen Hauses die „finanzielle Stabilität der Unternehmen und Betreiber“ gewährleisten soll. Und die Aufsichtsräte der staatlichen ukrainischen Strom- und Gasversorger Ukrenergo und Naftogas sollen um eine Person erweitert werden.

Kiew wird außerdem angewiesen, das Nationale Antikorruptionsbüro der Ukraine (NABU) zu stärken, das Abhörmaßnahmen durchführen dürfen und „exklusive Befugnisse zur Untersuchung hochkarätiger Korruptionsfälle“ erhalten soll. Im Gegensatz dazu soll der ukrainische Geheimdienst SBU reformiert werden, der danach nur noch für Spionageabwehr, Terrorismusbekämpfung und Cyberkriminalität zuständig sein soll.

Und die ukrainische Regierung soll einen Gesetzesentwurf verabschieden, der die Pflicht zur Veröffentlichung der Vermögen für alle Beamten und Richter wieder einführen würde. Sollte dieser Entwurf angenommen werden, müssten ukrainische Beamte nicht nur für das Jahr 2022, sondern auch für das Jahr 2021 Rechenschaft ablegen, so die Idee des Weißen Hauses. Darüber hinaus Kiew soll auch einen neuen Aufsichtsrat für den staatlichen ukrainischen Rüstungskonzern einrichten.

Bei Stammlesern des Anti-Spiegel dürften bereits alle Warnlampen leuchten, denn diese Forderungen des Weißen Hauses sind weit umfassender und folgenschwerer als sie sich anhören. Daher schauen wir uns zunächst die Vorgeschichte an und gehen anschließend die Forderungen des Weißen Hauses durch.

Selensky hat Biden verärgert

Dass Selensky bei seiner USA-Reise letzte Woche nicht nur von den US-Republikanern, sondern auch von US-Präsident Biden und seinen US-Demokraten so kühl empfangen wurde, dürfte auch damit zu tun haben, dass Selensky Biden unmittelbar zuvor schwer verärgert hat. Darüber habe ich am 15. September berichtet und fasse es jetzt nur kurz zusammen, bei Interesse finden Sie die ausführlichen Details hier.

Unter dem Vorwand, die Korruption bekämpfen zu wollen, hat Selensky Ende August vorgeschlagen, Korruption während des Kriegsrechts mit Hochverrat gleichzusetzen und die Kompetenz für Ermittlungen in schweren Korruptionsfällen vom Antikorruptionsbüro der Ukraine (NABU) an den Geheimdienst SBU zu übergeben. Das hat beim Biden-Clan für Verärgerung gesorgt und dürfte der Grund für den Überraschungsbesuch von US-Außenminister Blinken in Kiew am 6. September gewesen sein. Kurz nach dem Besuch zog Selensky den Vorschlag kleinlaut wieder zurück.

Der Grund für den Ärger bei Biden war, dass Joe Biden in seiner Zeit als US-Vizepräsident und Ukraine-Beauftragter von Obama unter dem Vorwand, die Korruption in der Ukraine bekämpfen zu wollen, diverse Anti-Korruptionsbehörden gegründet hat, die ihre Anweisungen direkt oder indirekt von Getreuen von Joe Biden bekommen. Ich habe auf dem Anti-Spiegel oft über das NABU berichtet, das in der Ukraine als eine Art Sonderstaatsanwaltschaft für schwere Korruptionsfälle zuständig ist, und in Wahrheit von der US-Botschaft in Kiew kontrolliert wird. Dass der Leiter des NABU selbst rechtskräftig wegen Korruption verurteilt wurde, hat übrigens niemanden in Kiew oder Washington gestört.

Damit hat das Biden-Team eine mächtige Waffe in der Hand, denn jeder, der in der Ukraine „ungehorsam“ wird, kann seitdem problemlos wegen Korruption angeklagt werden, wobei sein Vermögen sofort beschlagnahmt werden kann, ohne ein Gerichtsurteil abzuwarten. Und auch für eine Verurteilung ist bei Bedarf gesorgt, denn in der Ukraine wurde auch ein, ebenfalls aus den USA kontrolliertes, Anti-Korruptionsgericht geschaffen.

So wurde die „Korruptionsbekämpfung“ in der Ukraine zu dem Vorwand, unter dem Biden seinerzeit eines der Instrumente geschaffen hat, mit denen er die Ukraine seit dem Maidan 2014 kontrolliert. Diese Kontrolle der Ukraine blieb auch unter Präsident Trump bestehen, denn Trump wusste von alle dem lange nichts und hat davon erst Mitte 2019 erfahren. Darüber habe ich in meinem Buch „Das Ukraine-Kartell“ ausführlich berichtet.

Was Selensky versucht hat, war also nichts anderes, als das Biden-Team in der Ukraine ein Stück weit zu entmachten, indem er die Kompetenz bei Korruptionsfällen vom NABU an den Geheimdienst SBU, der von Selensky kontrolliert wird, übergibt. Damit hätte Selensky einerseits sich selbst und seine Getreuen vor Ermittlungen wegen Korruption schützen, und gleichzeitig etwaige politische Gegner in der Ukraine wegen (auch angeblicher) Korruption aus dem Verkehr ziehen können.

Die Rechnung ist nicht aufgegangen und nun hat Biden mit den vom Weißen Haus geforderten „Reformen“ zurückgeschlagen, denn die sehen einen weiteren Ausbau der Macht des Biden-Teams in der Ukraine vor. Wie das gehen soll, schauen wir uns nun an.

Das NABU, der SBU und die Korruption

Das Weiße Haus fordert eine Erweiterung der Kompetenzen des vom Biden-Team kontrollierten NABU. Es soll gestärkt werden und einerseits das Recht bekommen, Abhörmaßnahmen durchzuführen dürfen und außerdem „exklusive Befugnisse zur Untersuchung hochkarätiger Korruptionsfälle“ erhalten. Das bedeutet, dass das NABU weit mehr Macht bekommen und im Zweifel auch gleich das Umfeld von Selensky offiziell abhören dürfen soll. Vor allem aber soll es auch gegen den ukrainischen Präsidenten und sein Umfeld vorgehen können, denn es soll festgelegt werden, dass es ganz allein („exklusiv“) „hochkarätige Korruptionsfälle“ untersuchen darf. Was mit „hochkarätig“ gemeint ist, kann sich sicherlich jeder denken.

Außerdem soll der vom ukrainischen Präsidialamt, also von Selensky, kontrollierte Geheimdienst SBU „reformiert“, also in seinen Kompetenzen beschnitten werden. Bisher konnte der SBU in der Ukraine weitgehend schalten und walten, wie er wollte. So hat Selensky den SBU Anfang September Anklage wegen Korruption gegen seinen ehemaligen Förderer, den Oligarchen Kolomoisky erheben lassen und versucht, dessen Fall damit dem NABU zu entziehen.

Solche Alleingänge will das Biden-Team für die Zukunft unterbinden, weshalb es als „Reform“ vorschlägt, die Tätigkeiten des SBU auf konkrete Themenfelder (Spionageabwehr, Terrorismusbekämpfung und Cyberkriminalität) zu begrenzen. Das Biden-Team will mit den „Reformen“ also erstens die eigene Macht in der Ukraine weiter ausbauen und zweitens die Macht des ukrainischen Präsidenten weiter beschneiden.

Dass das so ist, zeigt auch ein weiteres Detail. In der Ukraine galt ein Gesetz, dass Abgeordnete, hohe Beamte und so weiter verpflichtet hat, einmal jährlich ihr Vermögen offenzulegen. Das hat Selensky ausgesetzt und das Weiße Haus will es wieder einführen. Der Grund liegt auf der Hand: Wenn alle – inklusive Selensky und sein Umfeld – ihre Vermögen offenlegen müssen, kann das NABU bei Bedarf spielend nachweisen, wer bei der Offenlegung gelogen hat und ein Korruptionsverfahren einleiten.

Das klingt natürlich löblich, aber die Art und Weise, wie das NABU seit seiner Gründung gearbeitet hat, zeigt, dass es dabei nie um Korruptionsbekämpfung ging, sondern darum, die Mächtigen in der Ukraine unter Druck zu setzen und „auf Linie“ zu halten. Die Ukraine ist das mit Abstand korrupteste Land Europas und dort ist niemand „nach oben“ gekommen, ohne in Korruption verstrickt zu sein. Mit diesem Instrument hat Biden also alle Mächtigen in der Ukraine an der kurzen Leine, weshalb Selensky versucht hat, Biden dieses Instrument zu nehmen und weshalb Biden nun zurückschlägt und seine Macht nochmal ausbauen will.

Ukrainische Staatsbetriebe und ihre Aufsichtsräte

Eines der Gesetze, die Biden als Ukraine-Beauftragter von Obama nach dem Maidan hat durchsetzen lassen, war, dass die Aufsichtsräte von staatlichen ukrainischen Betrieben mit Ausländern besetzt werden. Der Vorwand war natürlich wieder der Kampf gegen die Korruption. Darüber habe ich in meinem Buch „Das Ukraine-Kartell“ ebenfalls ausführlich berichtet.

In Wahrheit bedeutet die Kontrolle über die Staatsbetriebe, die über diese Aufsichtsräte ausgeübt wird, dass das Biden-Team ein weiteres Instrument hatte, um die Ukraine zu kontrollieren, denn über die staatlichen Betriebe laufen alle wichtigen Wirtschaftszweige, wie zum Beispiel die Energieversorgung und die Rüstung. Mit dem Aufsichtsräte-Gesetz hatte Biden die Kontrolle über diese Betriebe ihrem Besitzer, dem ukrainischen Staat, entzogen, und sie selbst übernommen, denn danach setzte Biden seine Leute in die Aufsichtsräte. Beim staatlichen Energieversorger Naftogas und den anderen Staatsbetrieben waren danach fast nur noch Ausländer im Aufsichtsrat, die von den ukrainischen Betrieben sehr gut bezahlt wurden, deren Loyalität aber weder ihrem Arbeitgeber noch dem ukrainischen Staat, sondern ihren Gönnern aus den USA galt. Der Chef von Naftogas wurde nach dem Maidan beispielsweise Andrej Kobolew, er war von Bidens Team ausgesucht worden.

Das war wichtig, denn Präsident Poroschenko hat nach dem Maidan dafür gesorgt, dass die Ukraine kein russisches Gas mehr kauft, sondern europäisches Gas. Zumindest offiziell.

Tatsächlich hat die Ukraine weiterhin russisches Gas gekauft und genutzt, das aus Russland über die Ukraine nach Europa geleitet wurde. Ein Teil des Gases ist bei dem Transit durch die Ukraine in das ukrainische Gasnetz eingespeist worden. Das Gas hat die Ukraine, also Naftogas, aber nicht direkt bei Gazprom gekauft, sondern bei Briefkastenfirmen in Ungarn und der Slowakei. So wurde das russische Gas auf dem Papier zu „europäischem“ Gas, wobei die Briefkastenfirmen einen Aufschlag von bis zu hundert Dollar pro tausend Kubikmeter dafür genommen haben, das Gas „umzuetikettieren“. Anhand des ukrainischen Gasverbrauches aus diese Zeit kann man leicht errechnen, dass das Biden-Team daran Milliarden verdient hat.

Wenn man das weiß, dann versteht man, was die Forderung des Weißen Hauses bedeutet, die Gas- und Strompreise in der Ukraine „zu liberalisieren“. Mit der offiziellen Behauptung des Weißen Hauses, das würde die „finanzielle Stabilität der Unternehmen und Betreiber“ gewährleisten, hat das nichts zu tun. Es soll lediglich mehr Geld in die von Biden kontrollierten Kassen fließen.

Auch dass die Aufsichtsräte der staatlichen ukrainischen Strom- und Gasversorger Ukrenergo und Naftogas um eine Person erweitert werden soll, soll die Kontrolle des Biden-Teams weiter sichern, indem sie einen weiteren Vertreter schicken dürfen. Es steht zu vermuten, dass in den Wirren des Kriegsrechts zu viel Geld in anderen Taschen versickert ist, was Bidens Team nicht gefällt, weshalb die Kontrolle erhöht werden soll. Das erklärt auch, warum das Weiße Haus für den staatlichen ukrainischen Rüstungskonzern gleich einen ganz neuen Aufsichtsrat fordert, denn die Korruption im ukrainischen Verteidigungsministerium, an der sich ukrainische Beamte bereichert haben, ist vollkommen außer Kontrolle geraten und hat sogar in westlichen Medien Schlagzeilen gemacht.

Übrigens hat das NABU, das ja angeblich genau solche Fälle bekämpfen soll, nicht allzu viel deswegen unternommen. Gegen den ehemaligen Verteidigungsminister Resnikow, unter dem die Korruption im ukrainischen Verteidigungsministerium explodiert ist, wird beispielsweise nicht ermittelt.

Aber das nur nebenbei.

Ups, he did it again

Der Vollständigkeit halber sei daran erinnert, dass dies nicht das erste Mal war, dass Selensky Biden wegen seiner Versuche, ein Stück vom Kuchen abzubekommen, verärgert hat, und dass Blinken deshalb überraschend nach Kiew musste.

Da Selensky 2021 in akuter Geldnot war, wollte er sich Zugriff auf die Gelder von Naftogas verschaffen. Daher beschloss Selensky, Andrej Kobolew am 28. April 2021 zu feuern, den Biden noch unter Poroschenko auf den Chefsessel von Naftogas gesetzt hatte, damit die Geschäfte mit dem „europäischen“ Gas wie geschmiert liefen.

Dass Selensky den gefeuert hat, fand Bidens Team nicht lustig und umgehend hat Blinken nach Kiew geschickt. Schon eine Woche später waren Blinken und seine Stellvertreterin Victoria Nuland überraschend in Kiew und das wichtigste Thema war die Personalie Kobolew, die Details der Geschichte finden Sie hier.

Wie sauer Biden deswegen auf Selensky war, konnte man auch daran sehen, dass er Selensky danach monatelang die kalte Schulter gezeigt hat, denn als Biden im Juni 2021 in Europa zu den Gipfeltreffen der G7 und der NATO war, hat Selensky öffentlich um ein Treffen mit Biden gebettelt, zumal Biden sich bei der Gelegenheit auch mit dem russischen Präsidenten Putin getroffen hat. Das Weiße Haus hat Selensky jedoch konsequent ignoriert.

Ein Treffen von Biden und Selensky im Weißen Haus wurde danach von den Amerikanern noch mehrmals verschoben und sollte endlich Ende August stattfinden. Offiziell wegen der Ereignisse um den chaotischen Abzug der US-Truppen aus Afghanistan wurde es noch einmal verschoben und fand erst am 2. September 2021 statt.

Bei dem USA-Besuch wurde Selensky von den Gastgebern nach allen Regeln der Kunst gedemütigt. Im US-Parlament wurde ihm von einer Abgeordneten ein Buch über die Behandlung „leichter Schädelhirntraumata“ geschenkt und der US-Parlamentssender C-SPAN nannte Selensky – natürlich in vollkommen unbeabsichtigter Anspielung auf Monica Levinsky, die durch ihren Oralsex mit Präsident Clinton zu zweifelhafter Berühmtheit gekommen ist – „Präsident Levinsky“.

Dass Selensky nun wieder den gleichen Fehler gemacht und Biden verärgert hat, zeigt, dass er offenbar nicht allzu lernfähig ist, und es erklärt, warum sein Besuch letzte Woche im Weißen Haus in so kühler Atmosphäre verlaufen ist. Im Biden-Team dürften die Stimmen, die Selensky als ukrainischen Präsidenten austauschen wollen, daher lauter geworden sein.

Wollen wir mal abwarten, ob und wann sie sich durchsetzen…

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