Schmerzhafte Retrospektive: Der Sinn des Warschauer Aufstandes
Der Warschauer Aufstand ist die am meisten glorifizierte Niederlage der polnischen Geschichte. Unter der PiS-Führung stieg die tragische Erhebung zum religiösen Mythos empor, der nicht hinterfragt werden darf – dabei birgt dieser Hinweise zum verzerrten Selbstbild des heutigen Polens.
Schmerzhafte Retrospektive: Der Sinn des Warschauer Aufstandes
Von Elem Chintsky
Am vergangenen 1. August jährte sich zum 79. Mal der Beginn des Warschauer Aufstandes der polnischen Heimatarmee (auf Polnisch: Armia Krajowa, auch „AK“) gegen die Nazis und ihre Okkupation Polens. Als größte Untergrundarmee des gesamten Zweiten Weltkrieges kämpften die polnischen Soldaten der Heimatarmee 63 Tage lang in ihrer ohnehin schon zerbombten Hauptstadt gegen die deutschen Besatzer, bevor sie letztendlich kapitulierten.
Das libertär-konservative, polnische Wochenmagazin Myśl Polska publizierte kürzlich eine historische Evaluation des Aufstandes und kontextualisierte die Beweggründe der damaligen Exilregierung Polens in London sowie die der verantwortlichen, obersten Befehlshaber der polnischen Heimatarmee abseits des heutigen PiS-dominierten Staatsnarrativs. Der Autor Dr. Leszek Sykulski zeigt geschichtliche Fakten auf, die eindeutig dafür sprechen, dass die Hauptverantwortlichen des Aufstandes Folgendes wussten: Selbst ein „geglückter“ Aufstand würde das Schicksal des Nachkriegspolens nicht ändern. Ferner sei die Unmöglichkeit eines Sieges über die Deutschen in Warschau zu dem Zeitpunkt geradezu gewiss gewesen. Eine nüchterne Analyse aller Faktoren, die die Polnische Republik in der darauffolgenden Ära des Kalten Krieges im Einflussbereich der Sowjetunion platzierte, war bereits gegeben. Die polnischen Entscheider haben wissentlich das Opfer von über 200.000 Landsleuten – darunter mehrheitlich Zivilisten – hingenommen, nur um am Ende des Krieges genau denselben geopolitischen Ausgang zu erhalten.
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