Zu früh gefreut?
Was die angebliche Senkung der deutschen Ukraine-Hilfen tatsächlich bedeutet
Thomas Röper
Die Meldungen, dass die Bundesregierung die Ukraine-Hilfen im nächsten Jahr reduzieren dürfte, haben ein geteiltes Echo ausgelöst. Die Transatlantiker heulen entsetzt auf, man dürfe die Ukraine nicht im Stich lassen, die andere Seite freut sich, weil weniger Waffen weniger Tote, einen schnelleren Weg zu Verhandlungen und damit zu einem Ende des Krieges bedeuten. Allerdings gehen beide Reaktionen von falschen Voraussetzungen aus, denn die Meldung bedeutet keineswegs, dass die Ukraine-Hilfen tatsächlich gesenkt werden.
Der kaputte Staatshaushalt
Die Krise der deutschen Staatsfinanzen beherrscht die Medien spätestens, seit das Bundesverfassungsgericht letztes Jahr die Finanzierung des deutschen Staatshaushaltes gekippt hat, weil sie gegen das deutsche Grundgesetz verstoßen hat. Deutschland hat sich die sogenannte „Schuldenbremse“ ins Grundgesetz geschrieben, die besagt, dass die Bundesregierung grundsätzlich keine neuen Schulden aufnehmen darf, sondern die Ausgaben aus den laufenden Einnahmen bestreiten muss. Natürlich wurden dabei eine Reihe von Hintertüren und Ausnahmen eingebaut, aber das Problem der Regierung ist seitdem, dass sie nicht mehr unbegrenzt und hemmungslos neue Schulden machen darf.
Das ist der Kern des Streits um den deutschen Staatshaushalt für 2025, der seit Wochen die deutschen Medien beherrscht, und das ist auch der Grund, warum die Bundesregierung nun eine Halbierung der Ukraine-Hilfen von acht Milliarden in diesem Jahr auf vier Milliarden in 2025 angekündigt hat. Wegen der Schuldenbremse ist einfach kein Geld da, denn die Bundesregierung schmeißt schon Unsummen für ideologischen Blödsinn wie die Grüne Energiewende aus dem Fenster und die dank der Entscheidungen der Bundesregierung abstürzende Wirtschaft dürfte die Sozialausgaben nächstes Jahr weiter erhöhen.
Aber das Problem ließe sich morgen lösen, indem die Schuldenbremse abgeschafft oder verändert wird. Die dazu nötige Mehrheit haben die deutschen Systemparteien aus Regierung und CDU/CSU-Opposition im Bundestag. Wenn es also im US-geführten Westen gewollt ist, dass Deutschland sich weiterhin in gleichem Maße für die Ukraine ruiniert, anstatt sich um die eigene Wirtschaft und beispielsweise die steigende Altersarmut zu kümmern, dürfte die Schuldenbremse sehr schnell Gesichte sein.
Nicht weniger Geld für die Ukraine
Die Bundesregierung versucht, die panische Aufschreie der Transatlantiker zu beruhigen, indem sie mitteilt, dass die Ukraine-Hilfen insgesamt nicht verringert, sondern nur umgeschichtet werden. Dabei beruft sie sich auf die 50 Milliarden Euro, die die EU der Ukraine zuteilen will. Und auch, wenn bei den Details der Finanzierung der 50 Milliarden noch ein paar Fragen offen sind, dürfte niemand ernsthaft glauben, dass die 50 Milliarden nicht fließen werden. Die EU-Kommission setzt alles daran, das umzusetzen.
Das Geld soll in Form eines Kredites fließen, den die EU aufnehmen will und der aus den beschlagnahmten Einnahmen bezahlt werden soll, die die in der EU eingefrorenen russischen Vermögenswerte abwerfen. Das ist grundsätzlich beschlossene Sache, auch wenn noch ein paar Details offen sind.
Die Panik bei den deutschen Transatlantikern ist also erst einmal genauso unberechtigt, wie die Freude auf der anderen Seite. Wenn man die Erklärungen der Transatlantiker hört, die sie mit Schaum vorm Mund und Schnappatmung vortragen, könnte man meinen, die Bundesregierung stelle die Ukraine-Hilfen sofort ein. In Wahrheit soll in diesem Jahr alles wie geplant laufen und die Halbierung der deutschen Gelder für Kiew im Jahr 2025 dürfte aus den 50 Milliarden kompensiert werden.
Dabei ist noch nicht einmal klar, ob es im nächsten Jahr noch eine Ukraine gibt oder ob es am Jahresende endlich zu echten Verhandlungen kommt, die den Krieg beenden können, was bedeuten würde, dass 2025 ohnehin keine massenhaften Waffenlieferungen an Kiew mehr nötig wären.
Notfalls zahlen die Ärmsten die Rechnung
Hinzu kommt, was wir schon im letzten Jahr erlebt haben, als das Verfassungsgericht den laufenden Haushalt gekippt hat: Es wird ja in Deutschland kein Politiker bestraft, wenn er gegen das Grundgesetz verstößt. Daher kann die Regierung, wenn nötig, wieder gegen das Grundgesetz verstoßen und der Ukraine mehr liefern, als das Grundgesetz erlaubt. Bis eine über Klage dagegen entschieden wird, ist das Geld weg. Und um die Kosten zu kompensieren, wird dann, wie schon Ende 2024, wieder bei den Sozialausgaben gekürzt, denn die Geschichte hat eines immer gezeigt: Die Kosten für Kriege tragen die Ärmsten im Land, während die Reichsten an den Kriegen blendend verdienen.
Das sehen wir auch heute wieder, denn die Rüstungskonzerne machen den Reibach ihres Lebens. Haben Artilleriegranaten 2021 noch 2.000 Euro pro Stück gekostet, kosten die gleichen Granaten im Westen nun 8.000 Euro. Aber niemand fordert von den westlichen Rüstungskonzernen, ihre Margen zu senken, die dürfen hemmungslos die Preise erhöhen und sich eine goldene Nase verdienen.
Deutschland ist im Krieg
Es ist faszinierend, wie sehr deutsche Politiker sich dafür einsetzen, deutsche Waffen nicht nur für einen Krieg gegen Russland zu liefern, sondern diese Waffen sogar auf russischem Gebiet einzusetzen. Sie finden es völlig in Ordnung, wenn deutsche Panzer 80 Jahre nach dem Krieg wieder bei Kursk auf russische Dörfer schießen. Dass sie gleichzeitig behaupten, Deutschland sei nicht im Krieg mit Russland, ist offensichtlich reine Volksverdummung.
Oder wie würde Deutschland reagieren, wenn Russland beispielsweise den Huthis Anti-Schiffsraketen liefern würde, mit denen dann eine deutsche Fregatte im Roten Meer versenkt wird?
Deutschland ist längst Kriegspartei gegen Russland, das kann niemand ernsthaft bestreiten. Die Erklärungen, Deutschland sei keine Konfliktpartei, sollen nur die dumme Öffentlichkeit beruhigen.
Aber wenn das so weitergeht, wird die deutsche Öffentlichkeit irgendwann schmerzhaft bemerken, dass Krieg kein Videospiel und dass Deutschland längst im Krieg ist.
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