Brandenburg: SPD, BSW und der Stolperstein Holzdorf

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Brandenburg: SPD, BSW und der Stolperstein Holzdorf

Fast soll es so weit sein, heißt es, ein Koalitionsvertrag sei fast fertig. Hier eine zurückgezogene Anfrage, da eine entlassene Ministerin. Und die SPD und das BSW geben sich alle Mühe. Aber gerade für das BSW sind die bisherigen Zugeständnisse schon heikel.
Quelle: www.globallookpress.com © Michael Bahlo

Von Redaktion

Am Freitag hat das BSW Brandenburg eine Anfrage im Brandenburger Landtag bezüglich des Bundeswehrstandorts Holzdorf zurückgezogen. Erst am Mittwoch war sie eingereicht worden. Es ging darin vor allem um den Erwerb des Arrow-3- Raketenabwehrsystems.

Grund für die Rücknahme waren die Koalitionsverhandlungen, die derzeit zwischen BSW und SPD in Brandenburg laufen. Schon im Sondierungspapier, das den Koalitionsverhandlungen zugrunde liegt, hatte das BSW gegenüber der brandenburgischen SPD und insbesondere gegenüber Ministerpräsident Dietmar Woidke starke Zugeständnisse gemacht. Die geplante Stationierung der US-Mittelstrecken- und Hyperschallraketen wird darin nur kritisch gesehen, aber nicht abgelehnt. Zum Thema Bundeswehr ist darin zu lesen:

„Wir stimmen darin überein, dass für Frieden und Sicherheit die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes von großer Bedeutung ist und die Fähigkeit der Bundeswehr zur Verteidigung gestärkt werden muss. Deswegen stehen wir zur Bundeswehr und ihren Brandenburger Standorten.“

Für den Luftwaffenstandort Holzdorf/Schönweide, der zum Teil in Brandenburg liegt, ist ein großer Ausbau geplant; im Zusammenhang damit soll dort auch das besagte Arrow-3-Raketenabwehrsystem stationiert werden. Die Rücknahme der Anfrage, die im Brandenburger Landtag zu Arrow 3 gestellt wurde, begründet die Landtagsfraktion nun mit einer Bundestagsanfrage der BSW-Gruppe zu diesem Thema, die das bereits abgedeckt habe.

Diese Anfrage stammt bereits vom 27. Mai dieses Jahres und wurde am 15. Juli 2024 beantwortet. Allerdings lässt sich diese Antwort weitgehend auf vier Worte zusammenkürzen: „Das ist alles geheim“.

Im Zusammenhang mit Holzdorf wären durchaus ernste Fragen angebracht, wie auch im Zusammenhang mit der Beschaffung von Arrow 3. Letzteres ist ein System, das in US-israelischer Zusammenarbeit entwickelt wurde und Raketen außerhalb der Atmosphäre abfangen können soll. Der Stückpreis für eine einzelne Rakete für Arrow 3 liegt dabei bei zwei bis drei Millionen US-Dollar. Der Verkauf dieses Systems an Deutschland gilt mit einem Wert von 3,5 Milliarden US-Dollar als das größte Rüstungsgeschäft in der israelischen Geschichte.

Allerdings war die Leistung dieses Systems gegen die iranischen Hyperschallraketen am 1. Oktober dieses Jahres (also nach Beantwortung der BSW-Anfrage) alles andere als überzeugend. Und ein Rüstungskauf durch Israel dürfte nicht weniger politisch problematische Fragen aufwerfen als ein Rüstungsverkauf an Israel. Bezogen auf das System selbst bleibt zudem die Frage, ob es vollständig von Deutschen bedient und gewartet wird, oder ob für eines von beidem ausländisches Personal an den entsprechenden Orten eingesetzt werden müsste. In Holzberg, das schließlich auf ehemaligem DDR-Gebiet liegt, dürften das keine Angehörigen ausländischer Streitkräfte sein.

Die andere Frage, die das BSW mit seiner Zustimmung zur „Stärkung der Verteidigung“ und dem Bekenntnis zu den Standorten der Bundeswehr dauerhaft gestrichen zu haben scheint, ist, was wirklich das Ziel des Ausbaus von Holzdorf/Strausberg ist. Bisher ist öffentlich nur bekannt, dass dort zusätzliche Hubschrauber stationiert werden sollen; im Zusammenhang der Berichterstattung wurde nun jedoch bekannt, dass dort Rüstungsbetriebe angesiedelt werden sollen. Das macht jedoch bei der bisher bekannten Belegung von Holzdorf wenig Sinn. So berichtete der RBB vor wenigen Tagen:

„Geplant sind 700 Millionen Euro Investitionen in den kommenden zehn Jahren vom Bund. Um die Infrastruktur vor Ort – etwa Schulen, Straßen und Gewerbegebieten – zeitnah auszubauen, hat auch das Land Brandenburg bis zu 100 Millionen Euro in Aussicht gestellt.“

In Presseberichten zum Ausbau von Holzdorf war auch bereits von einem NATO-Standort die Rede. Das wurde allerdings sogleich bestritten, da rund um die Eröffnung des NATO-Kommandos in Rostock die Frage aufgetaucht war, ob derartige Einrichtungen auf dem Gebiet der DDR überhaupt zulässig sind oder ob sie nicht gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag und den Einigungsvertrag verstoßen.

Die Tatsache, dass Holzdorf mit dem Raketenabwehrsystem Arrow 3 bestückt werden soll, deutet auf eine weit bedeutendere Nutzung als bisher hin. Denn derartige Systeme, wenn sie denn produziert sind, existieren nur in begrenzter Zahl und werden vor allem eingesetzt, um besonders hochwertige Ziele zu schützen. Es wäre für die Bürger Brandenburgs sicher von Interesse, zu erfahren, was wirklich dort geplant ist.

Dietmar Woidke jedenfalls „hatte die Investitionen am Standort stets befürwortet und seine „volle Unterstützung“ für das Projekt betont, auch vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine“, so der RBB.

Die örtlichen Politiker, der Bürgermeister von Herzberg und der Landrat von Elbe-Elster, erhoffen sich vor allem Arbeitsplätze für die Einwohner der Region – und eine Verbesserung der kommunalen Einnahmen. Ähnlich würden auch die Lokalpolitiker rund um den US-Flughafen Ramstein argumentieren – und darüber hinwegsehen, dass dieser Flughafen derzeit eine wichtige Rolle bei den Nachschublieferungen für den israelischen Genozid spielt.

Der Koalitionsvertrag zwischen der SPD und dem BSW sei, so meldete am Samstag die FAZ, fast fertig. Woidke hatte am Freitag seine grüne Gesundheitsministerin während der Bundesratssitzung entlassen, um gegen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbachs Krankenhausreform stimmen zu können (die dennoch verabschiedet wurde), womit er sich, so das Blatt „Wagenknecht als entschlossener Zweckbündnispartner“ empfohlen hätte. Am Donnerstag hatte der bisherige Wirtschaftsminister Jörg Steinbach erklärt, er werde künftig nicht mehr zur Verfügung stehen, weil im Koalitionsvertrag Kritik an den Wirtschaftssanktionen gegen Russland geübt werden soll.

Für die Zukunft des BSW, nicht nur in Brandenburg, dürfte es jedoch entscheidend sein, wie glaubwürdig es in der Friedensfrage bleibt. Die letzten Umfragen haben bereits gezeigt, dass sich hier ein Einbruch sehr schnell zeigt. An diesem heiklen Punkt ist bereits der Sondierungsvertrag ein schwieriges Zugeständnis. Bliebe im Falle einer Koalition mit der SPD noch die Möglichkeit, gegebenenfalls mittels eines Volksbegehrens eine Position gegen die US-Raketenstationierung zu erzwingen? Wie würde sich dieser politische Spielraum entwickeln, sollte es auf Bundesebene zu einer CDU/SPD-Koalition mit Zusatz kommen, mit oder ohne Neuwahlen? Oder würden diese Rahmenbedingungen die neu gebildete Koalition dann sogleich wieder zerlegen?

Holzdorf und alle damit verbundenen Fragen dürften jedenfalls wiederkehren, auch ohne die Landtagsanfrage.

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