Der Text der gemeinsamen Erklärung der USA und der Ukraine, was er bedeutet und was für Russland warum inakzeptabel ist

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Treffen in Saudi-Arabien

Der Text der gemeinsamen Erklärung der USA und der Ukraine, was er bedeutet und was für Russland warum inakzeptabel ist

Nach dem Treffen in Saudi-Arabien haben die Delegationen der USA und der Ukraine veröffentlicht, der kaum Hoffnung auf einen baldigen Frieden macht, denn er enthält für Russland inakzeptable Passagen.

 

Ich habe bereits in einem Artikel bereits die Erklärungen wiedergegeben, die nach dem Treffen der Delegationen der USA und der Ukraine in Saudi-Arabien abgegeben wurden. Nun wurde der Text der gemeinsamen Erklärung veröffentlicht. Ich werde ihn zunächst komplett übersetzen, danach gehe ich auf die in meinen Augen problematischen Punkte ein.

Beginn der Übersetzung:

Der folgende Text wurde von den Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika und der Ukraine veröffentlicht.

Textanfang:

Heute haben die Vereinigten Staaten und die Ukraine in Dschidda, Saudi-Arabien, unter der freundlichen Gastfreundschaft von Kronprinz Mohammed bin Salman wichtige Schritte zur Wiederherstellung eines dauerhaften Friedens in der Ukraine unternommen.

Vertreter beider Nationen lobten den Mut des ukrainischen Volkes bei der Verteidigung seiner Nation und stimmten darin überein, dass es jetzt an der Zeit ist, einen Prozess hin zu einem dauerhaften Frieden einzuleiten.

Die ukrainische Delegation bekräftigte den tiefen Dank des ukrainischen Volkes an Präsident Trump, den US-Kongress und das amerikanische Volk für die Ermöglichung bedeutender Fortschritte auf dem Weg zum Frieden.

Die Ukraine erklärte sich bereit, den US-Vorschlag für einen sofortigen, vorläufigen 30-tägigen Waffenstillstand anzunehmen. Dieser kann im gegenseitigen Einvernehmen der Parteien verlängert werden und steht unter dem Vorbehalt der Annahme und gleichzeitigen Umsetzung durch die Russische Föderation.

Die Vereinigten Staaten werden Russland vermitteln, dass russische Gegenseitigkeit der Schlüssel zur Erreichung von Frieden ist. Die Vereinigten Staaten werden die Unterbrechung der Teilung von Geheimdienstdaten unverzüglich aufheben und die Sicherheitsunterstützung für die Ukraine wieder aufnehmen.

Die Delegationen erörterten zudem die Bedeutung humanitärer Hilfsmaßnahmen im Rahmen des Friedensprozesses, insbesondere während des oben genannten Waffenstillstands, einschließlich des Austauschs von Kriegsgefangenen, der Freilassung ziviler Gefangener und der Rückführung zwangsweise überstellter ukrainischer Kinder.

Beide Delegationen einigten sich darauf, ihre Verhandlungsteams zu benennen und unverzüglich Verhandlungen über einen dauerhaften Frieden aufzunehmen, der die langfristige Sicherheit der Ukraine gewährleistet. Die Vereinigten Staaten verpflichteten sich, diese konkreten Vorschläge mit Vertretern Russlands zu erörtern. Die ukrainische Delegation bekräftigte, dass die europäischen Partner in den Friedensprozess eingebunden werden sollen.

Schließlich einigten sich die Präsidenten beider Länder darauf, so bald wie möglich ein umfassendes Abkommen zur Erschließung der kritischen Bodenschätze der Ukraine zu schließen, um die ukrainische Wirtschaft auszubauen und den langfristigen Wohlstand und die Sicherheit der Ukraine zu gewährleisten.

Ende des Textes.

Ende der Übersetzung

30-tägiger Waffenstillstand?

Ich habe in meinem ersten Artikel über die Ergebnisse des Treffens bereits darauf hingewiesen, dass Russland einem Waffenstillstand, noch dazu einem vorübergehenden, kaum zustimmen wird. Der russische Präsident und auch alle anderen Vertreter Russlands haben immer wieder erklärt, dass Russland einem Einfrieren des Konfliktes nicht zustimmen wird. Russland will eine umfassende Friedensregelung, die auch die Ursachen des Konfliktes ausräumt, Russland will keinen eingefrorenen Konflikt, der erneut ausbricht, sobald die Ukraine sich wieder stark genug fühlt.

Auch ein nur kurzer, beispielsweise 30-tägiger, Waffenstillstand wird von Russland abgelehnt, weil das der Ukraine, die derzeit hoffnungslos in der Defensive ist, die Möglichkeit geben würde, ihre Truppen neu zu ordnen, Befestigungen zu bauen und ihre Reihen zu verstärken und neu zu bewaffnen.

Aus Putins Mund klang das am 20. Januar beispielsweise so:

„Das Wichtigste dabei ist, die Ursachen der Krise anzugehen, über die wir schon oft gesprochen haben. Das ist das Allerwichtigste. Was die Beilegung der Situation selbst anbelangt, so möchte ich noch einmal betonen, dass das Ziel nicht ein kurzer Waffenstillstand sein sollte, nicht eine Art Atempause für die Umgruppierung von Kräften und die Wiederaufrüstung, um den Konflikt fortzusetzen, sondern ein langfristiger Frieden auf der Grundlage der Achtung der legitimen Interessen aller Menschen, aller Völker, die in dieser Region leben.“

Bei Außenminister Lawrow klang das bei einer Fragestunde des russischen Parlaments am 19. Februar so:

„Uns ist nicht ein Waffenstillstand wichtig, der es der Ukraine ermöglicht, wieder und erneut Waffen gegen unser Land ins Feld zu führen, sondern ein langfristiger, nachhaltiger Frieden, der auf der Beseitigung der Ursachen des Konflikts basiert.“

In der Erklärung der USA und der Ukraine ist bei dem Waffenstillstand ausdrücklich von „dem Vorbehalt der Annahme und gleichzeitigen Umsetzung durch die Russische Föderation“ die Rede und russische Experten erwarten, dass Russland darauf in dieser Form nicht eingehen wird.

USA nehmen die Unterstützung der Ukraine wieder auf

In der Erklärung heißt es, die „Unterbrechung der Teilung von Geheimdienstdaten“ würde „unverzüglich“ aufgehoben. In den USA wurde außerdem gemeldet, dass auch die Waffenlieferungen an Kiew wieder aufgenommen würden.

Die Entscheidung, die Unterstützung der Ukraine zu unterbrechen erscheint daher nun wie ein Trick aus Trumps Verhandlungs-Trickkiste. Kiew ist eingeknickt und hat brav zugesagt, die Forderungen der USA umzusetzen. Und schon ist (überspitzt gesagt) alles wieder gut.

Da Trump auch angekündigt hat, gegen Russland weitere harte Sanktionen zu verhängen, wenn es sich einer von den USA ausgehandelten Lösung widersetzt, könnte genau das nun passieren, weil zentrale Punkte der Erklärung der USA und der Ukraine für Russland unannehmbar sind. Trump mag glauben, dass er bei Russland mit Druck weiterkommt, aber das dürfte kaum funktionieren.

Russland steht nun seit über drei Jahren unter den härtesten Sanktionen der Weltgeschichte und das hat Russland nicht weder allzu sehr beeindruckt noch allzu sehr geschadet. Warum sollte Russland sich von weiteren Sanktionsdrohungen beeindrucken lassen?

Im schlimmsten Fall würde es eben so weitergehen, als wäre Biden noch im Amt, wenn Trump ernsthaft versuchen sollte, Russland mit Druck beeindrucken zu wollen. Für Russland würde das nichts an der seot 2022 bestehenden Situation ändern.

„Rückführung zwangsweise überstellter ukrainischer Kinder“

Ob es Unwissenheit der US-Delegation war, oder eine bewusste Provokation gegenüber Russland, sei dahin gestellt, aber die Formulierung über die „Rückführung zwangsweise überstellter ukrainischer Kinder“ in der gemeinsamen Erklärung dürfte in Russland bestenfalls Kopfschütteln, schlimmstenfalls Wut auslösen.

Die Geschichten über angeblich zwangsweise aus der Ukraine nach Russland entführte Kinder sind ein Propaganda-Märchen der Biden-Regierung. Am 14. Februar 2023 wurde in den USA eine Studie mit dem Titel „Russlands systematisches Programm zur Umerziehung und Adoption von ukrainischen Kindern“ veröffentlicht, in der Russland vorgeworfen wurde, es gebe in Russland ein „Netzwerk von Lagern und anderen Einrichtungen, in denen mindestens 6.000 Kinder aus der Ukraine auf der russisch-besetzten Krim und in Russland gehalten“ würden.

Die Studie kam vom Yale Humanitarian Research Lab, was natürlich sehr seriös klingt, aber die Studie wurde vom US-Außenministerium bestellt und bezahlt, denn das Yale Humanitarian Research Lab ist Teil des vom US-Außenministerium am 17. Mai 2022 ins Leben gerufenen Projektes Conflict Observatory, das vom US-Außenministerium eine Startfinanzierung von sechs Millionen Dollar dafür erhalten hat, angebliche russische Kriegsverbrechen zu melden. Zu dem Projekt Conflict Observatory gehören noch andere Organisationen, zum Beispiel die US-Geheimdienste National Reconnaissance Office (NRO) und National Geospatial-Intelligence Agency (NGA).

Mit anderen Worten: Die Studie wurde unter der Biden-Regierung vom US-Außenministerium und den US-Geheimdiensten bestellt und bezahlt. Daher war ihr Inhalt nicht überraschend.

Die Studie basierte auf Satellitenaufnahmen (die offensichtlich von den genannten US-Geheimdiensten kamen) und öffentlich zugänglichen Daten, also Posts aus sozialen Netzwerken und so weiter. Die Autoren der Studie schrieben ausdrücklich:

„Yale HRL führt keine Befragungen von Zeugen oder Opfern durch; es werden nur die spezifischen Informationen gesammelt, die in offenen Quellen verfügbar sind. (…) Ebenso führt Yale HRL keine Untersuchungen vor Ort durch und hat daher keinen Zugang zu den Lagern beantragt.“

Im Klartext bedeutet das, dass die Behauptung, Russland habe 6.000 ukrainische Kinder „verschleppt“ auf Basis von Satellitenbildern von Einrichtungen gemacht wurde, wobei aber niemand auch nur versucht hat, diese Einrichtungen zu besuchen, um herauszufinden, was sich dort tatsächlich befindet und wie es den Kindern (wenn da überhaupt welche sind) geht. Außerdem wurden irgendwelche Posts aus sozialen Netzwerken genommen, wobei auch hier keiner der Autoren der Studie mit den Menschen gesprochen hat, die das gepostet haben, um herauszufinden, wer das gepostet hat und ob die Posts überhaupt der Wahrheit entsprechen.

Das kann man so in der Studie nachlesen. Darüber habe ich seinerzeit ausführlich berichtet, die Details finden Sie hier.

Dass die Trump-Regierung in der gemeinsamen Erklärung mit der Ukraine nun auf dieses Märchen der Biden-Regierung verweist, dürfte in Russland nicht gut ankommen.

Die Studie und der Haftbefehl gegen Putin

Die Studie war übrigens auch die Grundlage für den konstruierten Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) gegen Putin. Die Chronologie zeigt das deutlich.

Am 14. Februar 2023 wurde die vom US-Außenministerium bestellte Studie veröffentlicht und umgehend von allen westlichen Medien aufgegriffen.

Am 21. Februar 2023 wurde der IStGH-Richter Antoine Kesia-Mbe Mindua (Demokratische Republik Kongo) in der IStGH-Vorverfahrenskammer durch den costaricanischen Vertreter (und Oxford-Absolventen) Sergio Gerardo Ugalde Godinez ersetzt, der pro-westlich eingestellt ist.

Außerdem wurde am selben Tag, dem 21. Februar, der Bruder des IStGH-Anklägers Karim Khan, der ehemalige britische Abgeordnete Imran Khan, der der Pädophilie beschuldigt wird, vorzeitig aus einem englischen Gefängnis entlassen. Er hatte dort weniger als die Hälfte seiner Strafe abgesessen.

Der nächste Schritt war daher logisch und vorhersehbar: Am 22. Februar, also nur einen Tag später, hat Staatsanwalts Karim Khan eine Eingabe an die Vorverfahrenskammer geschickt, in der die Genehmigung der „Haftbefehle“ gegen Putin und die russische Ombudsfrau für Kinderrechte beantragt wurden. Aber die Kammer zögerte weiterhin.

Daraufhin organisierte London eine Geberkonferenz für den Internationalen Strafgerichtshof, legte einen Termin fest – den 20. März – und deutete dem Internationalen Strafgerichtshof offen an, dass vor diesem Termin Ergebnisse vorliegen müssten, wenn Den Haag britische Überweisungen sehen will.

Das wirkt und am 17. März, vier Tage nach der öffentlichen Ankündigung der Konferenz und drei Tage vor ihrem Stattfinden, stellte der IStGH die Haftbefehle gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und die russische Ombudsfrau für Kinderrechte Lvova-Belova aus.

Da die USA den IStGH selbst auch nicht anerkennen, ist es umso merkwürdiger, dass die Trump-Regierung diese Räuberpistole der Biden-Regierung in der gemeinsamen Erklärung ausdrücklich erwähnt. War das Unwissenheit der amerikanischen Verhandlungsteilnehmer, oder eine bewusste Provokation gegen Russland?

Was auch die Antwort sein mag, in Russland dürfte das nicht gut angekommen sein und die Gespräche mit der US-Regierung nicht erleichtern.

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