Die Legende von der Luftbrücke und die historischen Fakten (2/2) Ein Artikel von Tilo Gräser

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Die Legende von der Luftbrücke und die historischen Fakten (2/2)

Ein Artikel von Tilo Gräser

Sie erschienen im Sommer 1948 am Himmel über Westberlin und warfen Schokolade und Süßigkeiten an Fallschirmen, brachten Kohle, Lebensmittel und retteten die Westberliner vorm Verhungern. So sagt es die Legende über die „Rosinenbomber“ – bis heute, 75 Jahre später. Sie verhinderten, dass die Sowjets den Westteil der einstigen Reichshauptstadt kampflos wieder übernehmen konnten. Nichts anderes hatten die vor, sagt die Legende ebenfalls. Und sie wird bis heute fleißig weitererzählt. Ein Blick in die umfangreiche Historikerliteratur zum Thema zeigt, dass die Legende der „Luftbrücke“ und die heutigen politischen Erklärungen dazu die damalige Wirklichkeit verfälschen. Beim Lesen waren einige Kratzer am Lack der „Rosinenbomber“ zu entdecken, hier zusammengetragen in einem historischen Faktencheck von Tilo Gräser.

Lesen Sie dazu auch den ersten Teil des Artikel, der gestern erschienen ist.

5. Wollte Moskau West-Berlin aushungern und übernehmen?

  • Der Historiker Christoph Kleßmann hob in seinem Buch „Die doppelte Staatsgründung – Deutsche Geschichte 1945 – 1955“ (1991) hervor, die sowjetische Blockade Westberlins sei „ein letzter massiver Versuch“, gewesen, „die Bildung eines westdeutschen States doch noch zu verhindern. Sie war weder auf östlicher noch auf westlicher Seite Bestandteil einer langfristigen politischen Strategie.“ Für Kleßmann handelt es sich um ein Modell für „die reaktive Mechanik der Konflikteskalation“. Der Chef der Sowjetischen Militäradministration (SMAD), Marschall Wassili Sokolowski, habe seinem US-Gegenüber General Clay gesagt, dass Moskau einen westdeutschen Teilstaat verhindern wollte.
  • Bei Wettig ist zu lesen, Sokolowski habe Clay erklärt, der Verkehr bleibe unterbrochen, bis die Westmächte darauf verzichten, einen separaten westdeutschen Staat zu errichten. Die sowjetische Führung unter Stalin sei längere Zeit davon ausgegangen, den Machtkampf um Berlin gewinnen zu können. Ihr Ziel sei unter anderem ein Friedensvertrag für ganz Deutschland gewesen. Doch mit der Zeit hätten der Ausbau der Kapazitäten für die „Luftbrücke“ nach Westberlin und die negativen Folgen für die eigene Seite für Umdenken in Moskau gesorgt. Weiterlesen in den nachdenkseiten.de


	

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