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In Sachen Israel/Palästina Meinungsmache am laufenden Band
02. November 2023
Wir Redakteure der NachDenkSeiten sind dem Propaganda-Bombardement, das zurzeit unentwegt stattfindet, genauso ausgesetzt wie Sie, liebe Leserinnen und Leser. In dieser Situation bleibt uns manchmal gar nichts anderes übrig, als Ihnen gegenläufige Propagandaabsichten und ihre Verwirklichung zu präsentieren. Heute weisen wir unter A. auf die ZDF-Sendung „Was nun, Frau Baerbock?“ von gestern Abend hin. Kernaussage: Wir stehen für die Sicherheit Israels ein. Unter B. finden Sie ein Dokument der Resignation des UN-Direktors im Büro New York. Er nennt Genozid, was Israel zurzeit im Gazastreifen anrichtet. Albrecht Müller.
- Was nun, Frau Baerbock?
Fragen an die Bundesaußenministerin von Bettina Schausten und Anne Gellinek - Resignation Letter of Craig Mokhiber, Director of the UN’s New York office
Näheres zum Briefautor siehe hier.
Hier ist der Text in Englisch.
Und hier der Text auf Deutsch, übersetzt von Susanne Hofmann:
Lieber Herr UN-Hochkommissar,
dies ist meine letzte offizielle Mitteilung als Direktor des New Yorker Büros des UN-Menschenrechtskommissars an Sie.
Ich schreibe dies in einem Augenblick großer Pein für die Welt, darunter auch für viele unserer Kollegen. Wieder einmal sehen wir, wie sich vor unseren Augen ein Völkermord vollzieht, und die Organisation, der wir dienen, scheint machtlos, ihn aufzuhalten. Für mich als jemand, der sich seit den 1980er Jahren intensiv mit den Menschenrechten in Palästina befasst hat, der in den 1990er Jahren als Menschenrechtsberater in Gaza gelebt hat und der davor und danach mehrmals im Dienste der Menschenrechte in diesem Land war, hat das eine tiefe persönliche Bedeutung.
Ich habe in diesen Räumen der Vereinten Nationen auch während der Völkermorde an den Tutsi, an bosnischen Muslimen, an den Jesiden und an den Rohingya gearbeitet. In jedem dieser Fälle wurde es, nachdem sich der Staub auf die, gegen die wehrlose Zivilbevölkerung gerichteten, Schrecken gelegt hatte, schmerzlich deutlich, dass wir in unserer Pflicht versagt hatten – unserer Pflicht, massenhaft begangene Gräueltaten zu verhindern, die Schwachen zu schützen und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Genauso verhielt es sich mit den sukzessiven Wellen von Mord und Verfolgung von Palästinensern während der gesamten Zeit des Bestehens der Vereinten Nationen.
Herr Hochkommissar, wir versagen soeben erneut.
Als Menschenrechtsanwalt mit mehr als drei Jahrzehnten Erfahrung auf diesem Gebiet ist mir geläufig, dass das Konzept des Genozids oft politisch missbraucht wurde. Doch das Blutbad, das aktuell an den Palästinensern verübt wird, welches in einer ethno-nationalistischen, kolonialen Siedlermentalität wurzelt und die Fortsetzung ihrer jahrzehntelangen systematischen Vertreibung und ethnischen Säuberung darstellt, die allein auf ihrem Status als Araber beruht und die mit expliziten Absichtserklärungen führender Mitglieder der israelischen Regierung und des israelischen Militärs einhergeht, lässt keinen Spielraum für Zweifel oder Diskussionen. In Gaza werden Wohnhäuser, Schulen, Kirchen, Moscheen und medizinische Einrichtungen mutwillig angegriffen und tausende Zivilisten massakriert. In der Westbank inklusive dem besetzten Jerusalem werden Häuser beschlagnahmt und neu zugewiesen, rein nach rassistischen Kriterien, und brutale Pogrome durch Siedler werden von israelischen Militäreinheiten begleitet. Im ganzen Land herrscht Apartheid. Weiterlesen in den nachdenkseiten.de
Zum Rücktrittschreiben des Direktors des New Yorker Büros des UN-Menschenrechtskommissars.
Ein sehr bewegendes Dokument von qualiziertester Seite, das wohl auch für einen großen Teil der UN-Mitarbeiter spricht. –
Der Zionismus wollte aus guten Gründen eine Heimstatt für ein Volk, das in Palästina, Judäa, Samaria usw. seine Wurzeln hat. Genauso, wie es die Heimat der Palästinenser ist. Der Satz „haben das europäische koloniale Siedlerprojekt ratifiziert, das palästinensisches Land genommen und den Kolonialisten gegeben..“ greift deswegen zu kurz. Auch die Sicherheit der jüdischen Bevölkerung in einer arabisch und islamisch dominierten Region muss beachtet werden. Wie auch die Möglichkeit für einen Teil der Juden in einem eigenen Staat mit ihrer Religion und ihren Traditionen leben zu wollen.
Vielleicht hätte Israel in Oslo den Weg zu einer 2-Staatenlösung gehen sollen. Doch mit der Siedlungspolitik zu einem Groß-Israel hat vor allem Premier Netanjahu eine solche Lösung des Konflikts verhindert und sich für Unterdrückung, Vertreibung und zunehmend für Völkermord entschieden.