Koalitionsvertrag von CDU und SPD sieht weitere Militarisierung deutscher Universitäten vor

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Koalitionsvertrag von CDU und SPD sieht weitere Militarisierung deutscher Universitäten vor

Rosalie Arlova

24. April 2025

Ein Leopard-II-Kampfpanzer wird auf der Essen Motor Show in Essen, Deutschland, am Freitag, dem 1. Dezember 2023, zur Werbung für den Beitritt zur Bundeswehr ausgestellt. [AP Photo/Martin Meissner]

Eines der erklärten Ziele des Koalitionsvertrags zwischen CDU/CSU und SPD ist die Militarisierung der deutschen Universitäten.

„Wir sind entschlossen, Hindernisse zu beseitigen, die beispielsweise die Forschung mit doppeltem Verwendungszweck oder die zivil-militärische Forschungszusammenarbeit behindern“, heißt es im Abschnitt zur Verteidigungspolitik des Vertrags. Darüber hinaus wollen wir ‚das in Deutschland bestehende Defizit im Bereich der strategischen Sicherheitsforschung beseitigen und uns für dessen Förderung im Sinne eines vernetzten Sicherheitsverständnisses einsetzen‘.

Damit soll die Umwandlung der Universitäten in Zentren des deutschen Militarismus weiter vorangetrieben werden. Dieser Prozess, der mit der offiziellen Ankündigung der Rückkehr des deutschen Militarismus 2013/14 begann, wurde insbesondere in den letzten Jahren seit Beginn des Krieges in der Ukraine konsequent vorangetrieben.

Im Sommer 2024 kündigte der Vorstand von Desy (Deutsches Elektronensynchrotron) – Deutschlands größtem Forschungszentrum für Teilchenphysik – an, dass er die Nutzung seiner Forschung für militärische Zwecke in Betracht ziehe, was einen Wendepunkt in der Wissenschaftspolitik signalisiert. Desy ist ein Forschungsinstitut, das sich mit Elementarteilchen befasst und 1959 während des Kalten Krieges gegründet wurde. Im Jahr 2013 verabschiedete das Zentrum den Grundsatz, dass seine Forschung nur für „zivile und friedliche Zwecke“ genutzt werden darf.

Nach Beginn des Ukraine-Krieges verkündete der scheidende deutsche Kanzler Olaf Scholz (Sozialdemokratische Partei, SPD) jedoch einen historischen Wendepunkt und läutete eine neue Ära (Zeitenwende) der Aufrüstung und Militarisierung ein. Und Desy-Direktor Helmut Dosch folgte diesem Beispiel. Das Zentrum hat die Zusammenarbeit mit russischen Forschern beendet und den Kontakt zu russischen Kollegen untersagt. Im Jahr 2024 begann der Vorstand mit der Arbeit an einem Grundsatzpapier, das den Leitgedanken des Zentrums um das Wort „zivil“ ergänzen soll. Damit würde Forschung zu Sicherheitszwecken möglich, da Dosch solche Forschung als Mittel zur Sicherung des Friedens betrachtet.

In einem Interview mit Der Spiegel erklärte Dosch, dass „Deutschland sich gegen Bedrohungen von außen verteidigen können muss, um die liberale Demokratie zu erhalten“. Er betonte zwar, dass er „nicht will, dass das Zentrum zu einem Waffenlabor wird“, schloss aber auch nicht aus, dass sicherheitsrelevante Forschung im Zusammenhang mit Waffensystemen betrieben werden könnte.

Eine große Herausforderung für die Aufrüstungspläne der herrschenden Klasse sind die Ziviltaschendenzen – freiwillige Verpflichtungen, Forschung ausschließlich für zivile und friedliche Zwecke zu betreiben. Diese Taschendenzen wurden während des Kalten Krieges als Reaktion auf das Wettrüsten eingeführt. Derzeit haben rund 70 Hochschulen in Deutschland die Taschendenz freiwillig übernommen. Einige Bundesländer haben sie sogar gesetzlich verankert. Nun heben Bundesländer und Institutionen wie Desy die Taschendenz wieder auf.

Die Abschaffung der Zivilsatzklauseln ist Teil eines wachsenden Militarisierungstrends. Die Blaupause dafür lieferte 2013 ein Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Angelegenheiten (SWP). Darin argumentierte die SWP, dass „das Ziel darin bestehen muss, ein intellektuelles Umfeld zu schaffen, das nicht nur politische Kreativität ermöglicht und fördert, sondern auch in der Lage ist, schnell und in umsetzbaren Formaten politische Optionen zu entwickeln“. Eine dieser politischen Optionen ist der Einsatz militärischer Gewalt. Forschungsinstitutionen und Universitäten werden ausdrücklich als Teil dieses intellektuellen Umfelds genannt. Auf diese Weise sollen akademische und Forschungseinrichtungen in den Dienst des deutschen Militarismus gestellt werden.

Im März 2024 veröffentlichte das Bundesministerium für Bildung und Forschung ein Positionspapier, in dem eine Überprüfung der „strikten Trennung zwischen ziviler und militärischer Forschung“ gefordert wurde. Die ehemalige Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger (Freiberufliche Demokratische Partei, FDP), forderte ebenfalls persönlich die Abschaffung der Zivillauschrift mit der Begründung, dass Forschung für die deutsche Sicherheit unverzichtbar sei. Ein Teil ihrer Argumentation war, dass die USA und Israel die erfolgreiche Forschung mit doppeltem Verwendungszweck – also Forschung für zivile und militärische Zwecke – bewiesen hätten – zwei Länder, die mit deutscher Unterstützung in Gaza Völkermord begehen.

Ende Dezember verabschiedete das Bundeskabinett die Strategie für Sicherheit und Verteidigung (SVI-Strategie). Diese Strategie zielt darauf ab, Deutschland auf einen Krieg vorzubereiten. In der Strategie wird festgestellt, dass die derzeitige Trennung zwischen ziviler und militärischer Forschung „Spillover-Effekte verhindern und die Entstehung eines innovativen gesamtstaatlichen Ökosystems hemmen“ könnte. Daher verpflichtet sich die Regierung in der Strategie zu einer „offenen Diskussion über die Ziviltaschulden“ mit Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, um in Wirklichkeit die Abschaffung der Klauseln vorzubereiten.

Im selben Jahr verabschiedete der Bayerische Landtag das „Gesetz zur Förderung der Bundeswehr in Bayern“, das Hochschulen zur Zusammenarbeit mit dem Militär verpflichtet und damit die Zivilsatzklausel praktisch außer Kraft setzt. Darüber hinaus darf das Militär an Schulen rekrutieren. Das Gesetz wurde mit Verweis auf den Krieg in der Ukraine und den Völkermord in Gaza gerechtfertigt und war eine Reaktion auf die studentischen Proteste gegen den Völkermord. Das Gesetz stellt einen Eingriff in die akademische Freiheit dar und könnte als Blaupause für andere Bundesländer dienen.

Die führenden politischen Parteien Deutschlands sind die treibenden Kräfte dieser Militarisierung. Im Vorfeld der Bundestagswahl 2025 werden die Forderungen nach einer Abschaffung der Klausel immer lauter. Bereits 2022 sprach sich Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der Union (Christlich-Demokratische Union/Christlich-Soziale Union, CDU/CSU), für die Aufhebung der Zivilsatzklauseln aus. Die CDU/CSU und die FDP haben die Abschaffung der Zivilsatzklauseln und die Ausweitung der Militärforschung in ihre Programmen aufgenommen.

In Bayern haben die CSU, die Freien Wähler und die SPD für die Abschaffung der Zivilsatzklauseln gestimmt. In Bremen fordert die CDU die Abschaffung der Zivilsatzklauseln. In Hessen hat die Landesregierung (CDU, SPD) versprochen, die Hochschulen bei der Weiterentwicklung der sicherheitsrelevanten Forschung zu unterstützen und ihnen bei der Überprüfung der Zivilsatzklauseln zu helfen. In Nordrhein-Westfalen, wo einige Universitäten die Zivilklausel trotz ihrer Aufhebung im Jahr 2019 freiwillig beibehalten haben, forderte die AfD (Alternative für Deutschland) die Landesregierung auf, die Abschaffung der Zivilklauseln voranzutreiben. Der Kanzlerkandidat der Grünen, Robert Habeck, erklärte ebenfalls, dass „die strikte Trennung zwischen militärischer und ziviler Nutzung und Entwicklung überdacht werden sollte“.

Obwohl die Linke offiziell die Einhaltung der Zivilsatzklauseln befürwortet, hat sie im Bundesrat für das massive Aufrüstungspaket von CDU/CSU und SPD gestimmt und damit deutlich gemacht, wo sie wirklich steht.

Forderungen nach einer Öffnung der zivilen Forschung für militärische Zwecke kommen auch von internationalen Akteuren. Im Januar 2024 veröffentlichte die EU-Kommission ein Weißbuch, in dem sie Forschungsprogramme mit doppeltem Verwendungszweck, also die Kombination von Forschung für militärische und zivile Zwecke, fördert. Das EU-Forschungsprogramm „Horizont Europa“ wird für Projekte mit doppeltem Verwendungszweck geöffnet. Dieses Programm schickt auch Gelder an Nicht-EU-Länder wie Israel, deren Universitäten Verbindungen zum Militär haben.

Die Zivilsatzklauseln werden schon lange umgangen. In Nordrhein-Westfalen forschten Universitäten bereits vor der Aufhebung der Zivilsatzklausel im Jahr 2019 für militärische Zwecke. Darüber hinaus erhalten mehrere Universitäten in Deutschland Gelder vom US-Verteidigungsministerium. Obwohl sich die Universität Bremen freiwillig zur Zivilklausel verpflichtet hatte, waren zwischen 2003 und 2011 mehr als zwei Dutzend ihrer Projekte mit Unternehmen verbunden, die Verbindungen zum Militärsektor haben. Eines dieser Projekte zu Meteoriten wurde vom Pentagon finanziert. Nun werden die Zivilklauseln jedoch direkt angegriffen, da die Regierung Deutschland auf einen Krieg vorbereitet.

Gleichzeitig nimmt die rechte Ideologie an den Universitäten seit Jahren zu, angefangen bei Professor Jörg Baberowski, der Hitler als nicht bösartig bezeichnet, bis hin zu Professor Herfried Münkler, der die Rolle Deutschlands im Ersten Weltkrieg herunterspielt.

Die Bestrebungen zur Abschaffung der Zivilklausel stoßen in weiten Teilen der Bevölkerung auf Ablehnung. Wissenschaftler*innen von Desy haben sich im Rahmen von „Science4Peace@Desy“ organisiert. Der leitende Arzt der Initiative, Hannes Jung, argumentiert, dass „viele Wissenschaftler bei Desy arbeiten, weil sie keine militärische Forschung betreiben wollen“. Nun fühlen sich diese Wissenschaftler in ihrer akademischen Freiheit bedroht. Rund 300 Wissenschaftler haben eine Petition gegen die Aufhebung der Zivilklausel unterzeichnet.

Die GEW – die Gewerkschaft für Bildung und Wissenschaft – hat sich hinter diese Petition gestellt und sich gegen Forderungen nach einer Verknüpfung von ziviler und militärischer Forschung ausgesprochen. Von der GEW ist dies jedoch nur Lippenbekenntnis, um die Opposition zu kontrollieren und letztendlich zu unterdrücken. In Wirklichkeit unterstützt die GEW, wie der gesamte DGB, die neue Kriegsregierung. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD enthält laut einer Erklärung der GEW „eine Reihe positiver Ansätze“. Die Regierung müsse nun „liefern und nachlegen“.

Vor allem unter Studierenden wächst der Widerstand gegen die Nutzung ihrer Hochschulen für militärische Zwecke. An mehreren Universitäten haben Studierende für Zivilklauseln protestiert. An der Humboldt-Universität in Berlin hielten Studierende eine Generalversammlung ab, auf der sie ihre Ablehnung der zunehmenden Militarisierung zum Ausdruck brachten. Das studentische Parlament verabschiedete eine Resolution der Internationalen Jugend und Studenten für Soziale Gleichheit (IYSSE), in der die Universitätsleitung aufgefordert wird, die Militarisierung der Universität zu verhindern.

Bezeichnenderweise stellt die Resolution den Zusammenhang zwischen Sozialabbau und Aufrüstung her und ruft die Studierenden dazu auf, sich mit der Arbeiterklasse zu verbünden. Studierende, Forscher und Arbeiter müssen sich zusammenschließen und gemeinsam gegen Militarisierung und die Abschaffung der Zivilklauseln kämpfen. Der einzige Weg, diese Entwicklungen zu bekämpfen und eine Eskalation der aktuellen Konflikte zu einem dritten Weltkrieg zu verhindern, ist die Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus. Dies muss auf der Grundlage eines internationalen sozialistischen Programms geschehen.

Übersetzt mit Deepl.com

1 Kommentar zu Koalitionsvertrag von CDU und SPD sieht weitere Militarisierung deutscher Universitäten vor

  1. Vielen Dank für die Thematisierung der Militarisierung der Forschung.
    Die automatische Übersetzung des Artikels ist aber extrem schlecht.
    Ich konnte den Inhalt nur deshalb verstehen, weil ich mit den Verhältnissen bei DESY vetraut bin.
    DESY plant sehr, sehr teure Erweiterungen und Neubauten.
    Um der Gefahr von Kürzungen zu entgehen, übt sich das Direktorium in schlimmsten Unterwerfungsgesten unter das Forschungsministerium.
    So wurden beispielsweise Hörsäle nach ukrainischen Physikern benannt, von denen man auch in Fachkreisen noch nie gehört hatte. Dabei waren die sowjetischen Physiker für ihre grossen Leistungen berühmt.
    Möglicherweise sind die Direktoriumsmitglieder tatsächlich überzeugte Militaristen. So hielt die Direktorin Frau Prof. Heinemann eine öffentliche Gedenkminute für ukrainische Kriegstote ab, ohne die russischen Opfer auch nur zu erwähnen.

    Es ist aber

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