
Nach 600 Tagen bedingungsloser Unterstützung Israels durch die deutsche Politik, inklusive Waffenlieferungen, geraten Regierung und Medien in ein Dilemma: Andere europäische Regierungen kritisieren Israel offen, werfen dem Staat Kriegsverbrechen oder Genozid vor und erkennen Palästina an. Deutsche Medien sind überfordert, Kommentatoren suchen nun Erklärungen. Ein neuer, kritischerer Ton des Kanzlers zu Israels Gaza-Einsatz ist spürbar, doch die Waffenlieferungen gehen dennoch weiter. In Spanien hingegen wird die Regierung trotz Palästina-Anerkennung und Genozid-Vorwürfen kritisiert. Olga Rodríguez’ Analyse im reichweitenstarken Medium eldiario.es wäre in Deutschland undenkbar. Eckart Leiser hat sie für die NachDenkSeiten ins Deutsche übersetzt.
Kosmetische Maßnahmen der EU, um ihr Image angesichts des Völkermords in Gaza zu wahren
von Olga Rodríguez
eldiario.es, 24. Mai 2025
Die EU erwacht aus einem langen Schlaf und gibt sich entsetzt über den Völkermord, doch es bleibt bei Gesten: Sie verhängt keine Sanktionen gegen Israel, hält ihre Geschäftsbeziehungen aufrecht und kommt dem Urteil des Den Haager Gerichtshofs nicht nach.
Der gesellschaftliche Druck hat die Regierungen der EU dazu veranlasst, eine Reaktion auf den israelischen Völkermord in Gaza vorzutäuschen. Dazu beigetragen haben die großen Demonstrationen der letzten Tage in Den Haag, London und Madrid sowie die Ergebnisse von Umfragen, die an verschiedenen Orten eine breite gesellschaftliche Ablehnung des Verhaltens Israels zeigen, sogar in einem Land wie Deutschland. Zusätzlich zu diesen Mobilisierungen finden Kampagnen, die den Waffenhandel anprangern und die Aussetzung der Beziehungen zu Israel fordern, in der öffentlichen Meinung einiger Länder wie beispielsweise Spanien großen Anklang.
Ein weiteres Druckmittel ist der seit Langem bestehende juristische Weg. Der Internationale Gerichtshof hat im Juli dieses Jahres ein Urteil gefällt, in dem er die UN-Mitgliedstaaten auffordert, „Handels- und Investitionsbeziehungen zu unterbinden“, die zur illegalen Besetzung durch Israel beitragen. Kein europäisches Land hält sich daran.
Ein anderer Gerichtshof in Den Haag, der Internationale Strafgerichtshof, hat vor Monaten einen Haftbefehl gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu erlassen und setzt trotz der Sanktionen seitens der Vereinigten Staaten seine Ermittlungen gegen die israelische Regierung wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit fort. Weiterlesen in den nachdenkseiten.de
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