Offene Briefe zu Aussagen von Sarah Wagenknecht, BSW zur Diskussion

Liebe Leser der Hochblauen Seite, ich möchte zwei sehr interessante offene Briefe zur Diskussion auf meine Hochblauen Seite stellen und würde mich über eine rege Diskussion freuen. Evelyn Hecht-Galinski

 

 

Offene Mail zu: „Ich halte Politiker, die Kriege beginnen – und das gilt auch für Wladimir Putin – für Verbrecher.“Von Ursula Mathern

Sehr geehrte Frau Dr. Wagenknecht,

Etliche Medien zitieren Sie mit o. g. Aussage aus dem Jahresrückblick von Markus Lanz.

Ich frage Sie: Haben Sie das wirklich nötig?

Sie wissen doch sicherlich auch, dass dieser Krieg eine Vorgeschichte hat, ja sogar von langer Hand seitens der USA vorbereitet, eingefädelt, die Ukrainische Bevölkerung mental so lange bearbeitet wurde, bis sie einer NATO-Mitgliedschaft ihres Landes zustimmte, wissend, dass damit die rote Linie Russlands überschritten wurde. Intention dieser Vorgehensweise war von vornherein, Russland zu schwächen, um dann den Rücken frei zu haben für den nächsten Krieg – gegen China.

Entgegen dem völkerrechtlich bindenden Minsk II-Abkommen wurde die Ukraine aufgerüstet, wie selbst Merkel, Hollande (als Garanten der Vereinbarung!) und Poroschenko nachträglich öffentlich zugaben. Die Absicht des Abkommens, die Lage in der Ukraine zu befrieden, wurde seitens des Westens bewusst unterlaufen. Ja, es wurde sogar permanent weiter eskaliert – gegen den zuletzt (Ende 2021) an Deutlichkeit nicht mehr zu überbietenden Einspruch Russlands, inklusive der Forderung nach substantiellen Verhandlungen.

Mit anderen Worten: Ich kann einen Hund noch so lange und intensiv provozieren. Wenn er dann schließlich zubeißt, ist allein der böse Hund schuld an dem Dilemma.

Sehr geehrte Frau Dr. Wagenknecht,

mögen im Zuge des Wahlkampfs noch so sehr taktische Überlegungen bei der o. g. Äußerung für Sie maßgeblich gewesen sein, unter Menschen, die intellektuelle Redlichkeit schätzen, haben Sie sich damit keine Freunde gemacht.

Ganz abgesehen davon: Wie wollen Sie mit einem Menschen über FRIEDEN verhandeln, den Sie gerade noch als Verbrecher apostrophiert haben?

Das möchte ich so deutlich doch loswerden als jemand, die das BSW im Wahlkampf zu unterstützen beabsichtigt.

Mit freundlichen Grüßen

Ursula Mathern

 

 

Leo Martin schrieb:

 

Sehr geehrte Frau Wagenknecht,

ich habe meinen ständigen Wohnsitz im EU-Ausland und ich habe auch nicht die Absicht, zurück zu kehren. Zu widerwärtig sind mir die deutsche Politik und die Gesellschaft, die sie produziert.
Allerdings habe ich die Eintragung ins Wählerverzeichnis beantragt, um bei den Bundestagswahlen das BSW als mutmaßlich geringeres Übel wählen zu können.

Ich werde auch das jetzt jedoch nicht mehr tun können. Um Missverständnisse zu vermeiden: Eine Stimme etwa für die AfD scheidet für mich vollkommen aus. Es stimmt, dass die AfD keine Friedenspartei ist.
Aber das BSW ist es auch nicht. Für Linke wie mich sind Sie nicht mehr wählbar.

Ich bin selbst Diplom-Politologe und war von der Zuspitzung des Ukrainekonflikts im Februar 2022, anders als Sie und auch Oskar Lafontaine, überhaupt nicht überrascht. Wer die Entwicklung kritisch verfolgte (und zwar seit mindestens 2014), konnte  von Beginn an sehen, dass die Nato dafür die vollständige politische und moralische Verantwortung trug. Ich werde das jetzt nicht weiter begründen. Sie kennen diese Argumente.
Um so unverzeihlicher ist, dass Sie den russischen Präsidenten Putin mehrfach als „Verbrecher“ bezeichneten. Da Sie nicht dumm sind, handelt es sich um reine Anbiederung an den Mainstream. Sie wollen nichts „verändern“. Sie wollen „dazu“ gehören. Das werfe ich im Übrigen einem Teil der ehemaligen DDR-Intelligenz vor. Sie wollten am Ende nur „gleichberechtigt“ mitspielen dürfen.

Nannten Sie eigentlich auch einen Herrn Biden, Netanjahu oder Zelensky  „Verbrecher“? Nun, es wäre gut begründbar gewesen.

Wer Putin, selbst wenn er so denkt, jetzt mehrfach als Verbrecher beschimpft, besorgt das Geschäft der Kriegstreiber. Das ist Ihnen mit Sicherheit klar. Es ist im Übrigen billig und feige. Sie werden dafür gefeiert und im Westen nicht belangt.

Die Logik ist eindeutig: Wenn ein „Verbrecher“ einen „Angriffskrieg“ (auch das ist eine immer wieder bemühte falsche Vokabel) führt, dann muss man am Ende allen Schritten der Bundesregierung bis hin zur „Taurus“-Lieferung folgen. Anderes wäre nicht vertretbar.

Weder dieses Auftreten noch die Verweigerung einer Zustimmung zum AfD-Antrag im sächsischen Landtag wird auf viel Verständnis bei potenziellen Anhängern des BSW stossen. Ich habe diesen Antrag gelesen. Ich habe nichts darin gefunden, dem man nicht zustimmen könnte, wenn man noch alle Sinne beisammen hat. Das BSW hätte trotzdem deutlich machen können, dass die AfD ansonsten eine stramme Nato- und Rüstungspartei ist.
Das Verhalten des BSW und die politische Rhetorik sind taktisch und strategisch falsch. Taktisch, weil sie einen Teil möglicher Wähler schon jetzt überzeugen, dass man das BSW (auch Sie persönlich) angesichts solcher „Spielchen“
nicht wählen kann. Strategisch, weil das BSW jede Chance verspielt, die Verhältnisse tatsächlich zu verändern. Es geht – auch Ihnen – nur um das Mitregieren.

Sie glauben offenbar, wenn Sie machten, was die anderen auch schon machen, sei es irgendwie besser.

Ich frage mich, worin Ihr strategisches Ziel tatsächlich besteht. Es ist so wenig transparent wie Ihr Parteiaufbau.
Hatte man am Anfang noch die Vorstellung, dass mit einem kontrollierten Prozess der Mitgliederaufnahme Leute ferngehalten werden sollten, die als Querulanten und Provokateure auftreten könnten, so ändert sich diese Einschätzung gerade flächendeckend. Viele Menschen gewinnen den Eindruck, dass bevorzugt politische Mitläufer und insgesamt „Unauffällige“ sowie Unambitionierte aufgenommen werden.

Natürlich führt das zwangsläufig zu einer starken Ablehnung bei allen, die sich in den Freundeskreisen des BSW wohl mit einer Art Kandidatenstatus  erst bewähren sollen, obwohl sie oft unbedingt vorzeigbare demokratische Biographien haben. Das empfände auch ich als unwürdig.

Dieses Prozedere, aber auch lieb gewonnene Begriffe wie „Angriffskrieg“ und „Verbrecher“ (Putin ist bei politisch aufgeklärten Menschen zumeist hoch angesehen) führen schon jetzt zu einer Distanzierung vom BSW.

Umgeben Sie sich mit Schmeichlern? Es wäre menschlich, aber falsch.
Wenn Sie diese oben beschriebene „Linie“ fortsetzen, könnten Sie den Einzug in den Bundestag verpassen. In einem derart auf Sie zugeschnittenen Bündnis trügen auch Sie die Hauptverantwortung dafür.
So, wie ich das BSW einschätze, werden seine Anhänger den Atem nicht haben, um danach noch eine ehrliche und notwendige Manöverkritik zu führen. Vorstellbar ist für mich dann ein Rückzug bei gleichzeitiger Publikums- und Mitstreiterbeschimpfung. Ein Bündnis, das Ihren Namen trägt und dessen Programm auch nur „Wagenknecht“ heißt, ist nicht für die Ewigkeit angelegt.

Ich selbst habe nicht mehr den Eindruck, dass das BSW noch Unterstützung verdient.

Von einem bestimmten Zeitpunkt an war bereits klar, dass das BSW nicht die eigentlich notwendige linke Alternative zur PDL sein würde. Es hätte dennoch eine wichtige Kraft sein können, um Teile des Bürgertums für die wichtigsten friedens- und sozialpolitischen Ziele zu gewinnen.
Auch dafür hätte es links vom BSW jedoch einer sozialistischen Partei bedurft, die den Druck nach links organisiert.

Fazit: Wir haben weder ein BSW, das entstandene Bedarfslücken ausfüllt, noch eine notwendige neue sozialistische Organisation.

Das BSW, wie es sich heute und wenigstens noch rechtzeitig erkennbar präsentiert, ist noch nicht mal eine Neuauflage der Brandt-SPD. Brandt hätte niemanden als „Verbrecher“ bezeichnet, mit dem er Verständigung suchen wollte und musste.

Ich habe als westdeutscher Kommunist Ihre schrittweise Distanzierung vom marxistischen Denken zur Kenntnis genommen. Sie sind ja keineswegs die erste Person, die diesen Weg gehen zu müssen meint. Auch das muss man respektieren.
Aber ich sehe die Tendenz, dass Sie in der Anpassung noch viel weiter gehen. Sie gliedern sich nun ein in die Reihe der PolitikerInnen, von denen ein großer Teil der Gesellschaft inzwischen die Nase voll hat.

Mit freundlichem Gruß

Martin Leo

Lagos, Portugal

2 Kommentare zu Offene Briefe zu Aussagen von Sarah Wagenknecht, BSW zur Diskussion

  1. Hallo, und vielen Dank für diese Briefe an die/den Verfasser/in .
    Ich stimme den Inhalten zu und fragte mich ob es vom BSW gar nicht (mehr) gewollt ist in den Bundestag einzuziehen. Das dachte ich sofort schon beim ersten lesen des Artikels über diese Äusserung von Frau Wagenknecht bei Lanz. Dieses BSW wirkt, wie es Frau Leukefeld zu Syrien beschreibt, mittlerweile für mich und andere wie ein „Wimmelbid“ in dem alles mögliche zu finden ist und ich dachte es währe eine Friedenspartei.
    Da ich glaube das es Frau Wagenknecht, weil Intelligent, klar sein musste was dieses Verhalten von ihr für den Zuschauer/hörer transportiert, kommt es mir vor als währe auch in dieser Partei die Heuchelei über die Wirklichkeiten die uns Büger betreffen eingezogen. Vielleicht gibt es auch Bundestagsinterne „Besprechungen“ über neue Zusammensetzungsmöglichkeiten einer Regierung in 2025, die erfüllt werden müssen.
    Für mich und Freunde ist das BSW nicht mehr wählbar.
    Danke
    MfG
    Einhard M., Elektriker

  2. Wagenknecht, Wölfin im Schafspelz, zelebriert sich selbst und hat sich in den letzten Jahren politisch völlig disqualifiziert: Fundiertes Nichtwissen (z.B. über Völkerrecht), ignorierte Erkenntnis (z.B. „Corona“, „Plandemie“, aufgeflammte schwarze Pädagogik gegen unsere wehrlosen Kinder, und sie hat öffentlich das Narrativ von „Impfung“ und „Pandemie“ mitgetragen.).
    Sie ist sehr näher an den Positionen der Bundesregierung, als manche WAHRhaben wollen: Sie vermeidet jegliche Auseinandersetzung mit den Ursachen der Missstände in Deutschland. Schon in DEM Punkt verhält sie sich wie die Bundesregierung, was folgende weitere Aussagen bestätigen:
    Ihr Newsletter vom 03. März 2022: „Es gibt im Bundestag eine große Einigkeit, dass wir den barbarischen und völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine verurteilen.“ Oops, Wagenknechts maximale Unkenntnis des Völkerrechts…
    ODER: Wie sie dazu beigetragen hat, mit ihrem verkündeten Putin-Hass die Russophobie der Bevölkerung zu untermauern wie z.B. in ihrem unsäglichen „Manifest für Frieden“:
    „Die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität.“ Oops, Solidarität mit den Ukra-Nazis…
    ODER: „Und natürlich stellt sich die Frage: Wie konnte aus jenem Putin, der noch vor 20 Jahren den Westen geradezu umarmt und die Hand zur Zusammenarbeit ausgestreckt hat, jener Mann werden, der jetzt wild um sich schlägt, nationalistische Töne verbreitet und ohne Rücksicht auf Verluste seine militärische Stärke ausspielt?“
    25. Februar 2022 – https://www.facebook.com/sahra.wagenknecht/posts/5656136241070393/
    Das schlägt dem Fass endgültig de Boden aus…

    Bei so viel geschichtlicher Unkenntnis (??) und den dreisten Lügen über Putins außenpolitisch-defensives, weit-sichtiges Verhalten und seine ständigen Bemühungen um Frieden platzt mir dann endgültig der Kragen über diese Salon-Linke.
    Wagenknechts Vision für Deutschland: Frieden, Freiheit, Wohlstand für alle. Genau diese Phrasen ständig und überall zu wiederholen, wird sie nicht müde. Nichts als Propaganda… Sie sollte aufhören, ihren Salon-Kommunismus zur Schau zu stellen – sie ist weder eine Sozialistin noch eine Kommunistin!

    Ihr „Manifest für den Frieden“ („Die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung…“) ist das Übelste, das ich nie von einer „Linken“ erwartet hätte.

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