Scholz war überrascht, weil Putin sich nicht über die Sanktionen beschwert Thomas Röper von Anti-Spiegel

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Warum das sehr brisant ist

Scholz war überrascht, weil Putin sich nicht über die Sanktionen beschwert

Thomas Röper

von Anti-Spiegel

29. August 2023

Eine aktuelle Meldung der Bild-Zeitung zeigt zwei Dinge: Erstens, wie inkompetent die Bundesregierung ist. Zweitens, dass auch die Bild-Redakteure ab und zu Anti-Spiegel lesen sollten, denn ihre Meldung ist ein alter Hut. Hinzu kommt, sie ist dennoch hochbrisant, aber das berichten deutsche Medien nicht.

 

Die Bild-Zeitung hat Teile aus einem Telefongespräch veröffentlicht, das Bundeskanzler Scholz mit dem französischen Präsidenten Macron geführt hat, nachdem beide zuvor mit Russlands Präsident Putin gesprochen hatten. Das Telefongespräch fand Anfang März 2022 statt. Die Bild-Zeitung hat das als Sensation veröffentlicht, dabei ist das ein alter Hut, von dem Anti-Spiegel-Leser schon seit Juli 2022 wissen.

Damals habe ich einen Bericht des Deutschland-Korrespondenten des russischen Fernsehens übersetzt, wie ich es fast jeden Sonntagabend tue, wenn dort der wöchentliche Nachrichtenrückblick gezeigt wird. In dem russischen Beitrag von Anfang Juli 2022 ging es unter anderem um einen Dokumentarfilm mit dem Titel „Der Präsident, Europa, der Krieg“, den France 2 damals gezeigt hatte. In dem Film, der de facto Wahlwerbung für Macron war, hat Macron sich als Staatsmann inszeniert und die Journaliste über hundert Stunden Telefongespräche mit anderen Staatschefs mithören lassen, darunter auch Telefonate mit Putin und Scholz.

In einem Telefonat zwischen Macron und Scholz von Anfang März 2022 ging es um ihre Gespräche mit Putin und Scholz war ganz überrascht, dass Putin bei seinem Treffen mit Scholz im Februar 2022, kurz vor Beginn der russischen Militäroperation, nicht um eine Aufhebung der Sanktionen gebettelt hat. Scholz sagte zu Macron:

„Nach meinem Gespräch mit Putin wird es nicht besser. Einer der Aspekte, der mich bei dem Gespräch am meisten verwundert, ist, dass er sich nicht ein einziges Mal über die Sanktionen beschwert hat. Ich weiß nicht, ob das bei Deinem Gespräch auch so war, aber er hat das Thema überhaupt nicht angesprochen“

Macron antwortete darauf:

„Die gleiche Situation“

Das Schweigen der deutschen Medien

Die Information, die die Bild-Zeitung nun gemeldet hat, ist also keineswegs neu, sie wurde sogar schon vor über einem Jahr im französischen Fernsehen gezeigt, nur haben die deutschen Medien nie darüber berichtet. Aber Gott sei dank gibt es ja die Bild-Zeitung, die nun – nur knapp 14 Monate später – darüber berichtet hat.

Die Episode scheint banal zu sein, aber das ist sie nicht. Sie zeigt nämlich, wie unglaublich unwissend die deutschen Regierungsmitglieder inklusive des Kanzlers sind. Jeder, der den Anti-Spiegel liest, wusste, dass Putin die Sanktionen nicht ansprechen oder sich gar darüber beschweren würde. Ich habe im Laufe der Jahre so viele Reden, Podiumsdiskussionen und so weiter von ins Deutsche übersetzt, an denen Putin beteiligt war, dass jedem klar sein musste, dass der russischen Regierung die Sanktionen relativ egal waren und sind.

Putin hat immer wieder gesagt, dass die Sanktionen zwar schädlich seien, dass sie den Europäern aber mehr schaden würden als Russland. Und er hat immer gesagt, dass die russische Seite das Thema nicht anspricht, denn es ist der Westen, der die Sanktionen verhängt hat. Er muss sie wieder aufheben, dann würde Russland auch seine Gegensanktionen aufheben.

Und dass die Sanktionen Russland seinerzeit sogar geholfen haben, ist ebenfalls jedem, der sich mit Russland auskennt, klar. Erst die ab 2014 verhängten Sanktionen haben die russische Wirtschaft gezwungen, vom bequemen Verkauf von Bodenschätzen auch auf die Produktion von Gütern umzusteigen. In der Folge hat Russland eine Landwirtschaft aufgebaut, die heute der größte Weizenexporteur der Welt ist, Russland hat heute eine leistungsfähige Pharmaindustrie und noch vieles andere, was es 2014 in Russland nicht gab.

Russland lebt mit den Sanktionen sehr gut, hat sich endlich ein großes Stück von der Abhängigkeit von Öl und Gas lösen können und seine Devisenreserven sind von etwa 300 Milliarden Dollar auf fast 600 Milliarden Dollar gestiegen.

Warum also sollte Putin sich bei Scholz über die Sanktionen beschweren?

Die Unwissenheit der deutschen Regierung

Dass Scholz all das nicht wusste, zeigt, wie wenig er von Russland versteht. Ich bin sicher, dass es im Kanzleramt Menschen gibt, die all das wissen. Wenn es anders wäre, wäre die Lage in der Bundesregierung noch schlimmer als ich es mir in meinen kühnsten Träumen vorzustellen wage.

Dass Scholz von all dem jedoch nichts wusste, bedeutet, dass seine Mitarbeiter und Berater den deutschen Bundeskanzler anscheinend bewusst dumm halten, anstatt ihn vor einem so wichtigen Treffen mit dem russischen Präsidenten, bei dem Scholz ja angeblich einen Krieg in der Ukraine verhindern wollte, vernünftig zu informieren. Scholz wurde mit dem Wissen eines Schulkindes in das Gespräch mit Putin geschickt. Kein Wunder, dass bei das Treffen außer den berühmten Fotos von Putin und Scholz an dem sechs Meter langen weißen Tisch nichts herausgekommen ist.

Was aber bedeutet es, wenn der deutsche Regierungschef so derartig unwissend ist? Ist der gesamte Regierungsapparat in Berlin unwissend, oder werden die Politiker bewusst dumm gehalten, damit sie jeden Unsinn umsetzen, den ihnen ihre Berater einflüstern? Die Antwort kann sich jeder selbst aussuchen, Fakt ist, dass diese Episode ausgesprochen tief blicken lässt.

Die Menschen in Russland sind besser informiert

Ich sage es immer wieder: Die russischen Medien berichten wesentlich umfassender als die deutschen Medien. Das war ja bei weitem nicht das erste Mal, dass ich aus dem russischen Fernsehen erfahren musste, was in Deutschland vor sich geht, weil die deutschen Medien so viel verschweigen.

Und auch über die Folgen der Geschichte weiß man in Deutschland (und wahrscheinlich auch in Frankreich) nichts.

Was Macron getan hat, war ein Skandal, denn Gespräche zwischen Regierungschefs sind vertraulich. Darauf müssen sich alle Beteiligten verlassen können, denn ansonsten sind offene Gespräche, bei denen man Lösungen für Streitfragen sucht, unmöglich. Dass Macron es zugelassen hat, dass Journalisten hundert und mehr Stunden solcher vertraulichen Gespräche gefilmt und dann teilweise veröffentlicht haben, hat Macrons Reputation auf der internationalen Bühne ruiniert, denn die ganze Welt (außer den Deutschen) haben im Juli 2022 davon erfahren, wie der französische Präsident mit vertraulichen Gesprächen umgeht. Welcher Regierungschef würde danach noch offen mit Macron sprechen?

Putin wurde im Oktober 2022 auf der Podiumsdiskussion des Valdai-Clubs nach der Episode gefragt. Auch darüber habe ich im Oktober 2022 berichtet. Vielleicht hätten die Bild-Zeitungsredakteure (oder Kanzler Scholz) öfter mal den Anti-Spiegel lesen sollen, um zu erfahren, was wirklich in der Welt vor sich geht. Hier zeige ich nochmal die Fragen und Putins Antworten zu dem Thema:

Frage: Herr Präsident, Sie haben Europa erwähnt. Es gab vor zwei Monaten, oder sogar noch weniger, eine interessante Episode, als sich herausstellte, dass, als Sie kurz vor Beginn der Feindseligkeiten mit Präsident Macron sprachen, Journalisten in seinem Büro saßen, die alles es aufgezeichnet haben. Das ist eine etwas ungewöhnliche Form. Nun gut, das war nicht das erste Mal. Wie ist Ihre Einstellung zu dieser Art von Dingen?
Putin: Negativ. Ich denke, es gibt bestimmte Kommunikationsformate zwischen Staatsoberhäuptern und die müssen eingehalten werden, sonst verliert man das Vertrauen in das, was der Partner tut. Im Großen und Ganzen ist nichts dagegen einzuwenden, wenn das, was wir sagen, worüber wir sprechen, wenn unsere Einschätzungen in die Medien kommen. Aber dann muss man einander vorwarnen, das ist alles.
Frage: Wurden Sie nicht vorgewarnt?
Putin: Natürlich nicht. Im Gegenteil, wenn wir telefonieren, auch über geschlossene Kanäle, gehen wir immer davon aus, dass es sich um vertrauliche Gespräche handelt, die nicht öffentlich gemacht werden, oder die den Vereinbarungen der Parteien unterliegen. Wenn das einseitig geschieht, ist das sicherlich unanständig.
Frage: Und wenn Macron jetzt anruft, fragen Sie dann, wer dort neben ihm sitzt?
Putin: Nein.
Lukjanow: Warum nicht? Das müssten Sie aber.
Putin: Weil ich jetzt davon ausgehe, dass jemand zuhört.

Selbst wenn Macron ernsthaft über irgendetwas verhandeln wollte, würde kein Staatsmann der Welt Macron nach diesem Vorfall noch ernst nehmen.

Und Scholz? Von dem weiß die ganze Welt spätestens seit Juli 2022, als das alles in Frankreich veröffentlicht wurde, dass er ein unwissender Clown ist, der entweder vollkommen unfähige Mitarbeiter hat oder von seinen Mitarbeitern bewusst dumm gehalten wird.

Was sagt das über das heutige Gewicht Deutschlands in der internationalen Politik aus?

Besser nicht drüber nachdenken…

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