
Über Hitlers wirtschaftliche Anfänge: Zölle, Nationalismus, der Weg in den Krieg
- Von Al Mayadeen Englisch
- Quelle: The Atlantic
- 21. April 2025
In einem Meinungsbeitrag für The Atlantic argumentiert Timothy W. Ryback unter Anspielung auf den globalen Zollkrieg der Trump-Regierung, dass Hitlers frühe Befürwortung von Zöllen und wirtschaftlichem Nationalismus nicht nur eine schlechte Strategie war, sondern auch ein Vorbote des Krieges.
Die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump
Innerhalb von 48 Stunden nach Hitlers Amtsantritt drängten wichtige Minister in Nazi-Deutschland bereits auf höhere Agrarzölle und eine Überarbeitung der Handelspolitik. Laut Ryback war Hitler in erster Linie darauf bedacht, „inakzeptable Unruhen“ vor den Reichstagswahlen am 5. März zu vermeiden, da er wirtschaftliche Stabilität als entscheidend für seine politische Konsolidierung ansah.
Ryback spricht von Hitlers mangelnder Wirtschaftskompetenz und finanzieller Integrität und verweist darauf, dass er 400.000 Reichsmark an Steuern schuldete, und zitiert sein primitives Verständnis von Inflation:
„Inflation gibt es nur, wenn man sie will“, sagte Hitler einmal. ‚Inflation ist ein Mangel an Disziplin. Ich werde dafür sorgen, dass die Preise stabil bleiben. Dafür habe ich meine SA.‘ (Die SA, oder Braunhemden, war die ursprüngliche paramilitärische Organisation der NSDAP.)
Ryback weist auch auf Hitlers Vertrauen in Gottfried Feder hin, den Chefökonomen der NSDAP, der die ursprüngliche Parteiprogrammatik mitgeprägt hatte, die Sozialismus und Nationalismus miteinander verband. Feder war nach Rybacks Analyse ein überzeugter Protektionist, der glaubte, dass „der Nationalsozialismus verlangt, dass die Bedürfnisse der deutschen Arbeiter nicht länger von sowjetischen Sklaven, chinesischen Kulis und Negern befriedigt werden“.
Feders Position war laut Ryback klar: Deutschland sollte seine Abhängigkeit vom Welthandel beseitigen und stattdessen die heimische Produktion durch „Importbeschränkungen“ schützen. Feder lehnte sowohl die „liberale Weltwirtschaft“ als auch die „marxistische Weltwirtschaft“ ab und befürwortete eine wirtschaftliche Selbstständigkeit, die in einer nationalistischen Ideologie verwurzelt war.
Obwohl Persönlichkeiten wie Außenminister Konstantin von Neurath vor Handelskriegen und steigenden Preisen warnten, erklärt Ryback, dass Feders Vision mit Hitlers übergeordneten ideologischen Zielen übereinstimmte, Deutschland aus den internationalen Systemen zu „befreien“ und die Kontrolle über das nationale Schicksal zurückzugewinnen.
Erbte Erholung und steigende Spannungen
Ryback betont, dass Hitler eine Wirtschaft erbte, die sich nach dem Crash von 1929 bereits auf dem Weg der Besserung befand. Er zitiert einen Bericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung vom Dezember 1932, in dem es heißt, die Krise sei „weitgehend überwunden“.
Der deutsche Aktienmarkt hatte nach der Nachricht von seiner Machtübernahme einen Aufschwung erlebt. „Die Börse erholte sich heute von ihrer Schwäche, als sie von Adolf Hitlers Ernennung erfuhr, und es kam zu einem regelrechten Boom, der sich auf den größten Teil der Aktien ausweitete“, berichtete die New York Times.
Ryback merkt jedoch an, dass der Optimismus schnell schwand, als sich die Befürchtungen vor einer rücksichtslosen, nationalistischen Wirtschaftsstrategie verbreiteten. Konservative Stimmen wie die Zentrumspartei und Eduard Hamm warnten Hitler davor, die Prinzipien des freien Marktes zu verletzen und internationale Abkommen aufzukündigen.
Hamm erklärte, dass Deutschland zwar mehr landwirtschaftliche Güter aus seinen europäischen Nachbarländern importierte als exportierte, diese Länder jedoch wichtige Märkte für die deutschen Industrieexporte seien:
„Die Aufrechterhaltung der Exportbeziehungen zu diesen Ländern ist eine zwingende Notwendigkeit“, schrieb Hamm. Würde man den Handel durch Zölle ‚ersticken‘, würde dies die deutsche Industrieproduktion gefährden, was wiederum zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führen würde. ‚Der Export deutscher Waren sichert drei Millionen Arbeitsplätze‘, schrieb Hamm. Das Letzte, was die sich erholende, aber noch fragile deutsche Wirtschaft brauchte, war ein Handelskrieg. Hamm forderte Hitler auf, bei seiner Zollpolitik ‚größte Vorsicht‘ walten zu lassen.
Doch Hitler weigerte sich, wie Ryback erklärt, Klarheit oder Beruhigung zu schaffen. Stattdessen versprach er in einer nationalen Ansprache vage: „Innerhalb von vier Jahren muss der deutsche Bauer vor dem Ruin gerettet werden“, sagte Hitler. „Innerhalb von vier Jahren muss die Arbeitslosigkeit vollständig überwunden werden.“
Zu diesem Zeitpunkt, so Ryback, hatte sich Hitler bereits von Feder distanziert und Vorschläge zur Besteuerung der Reichen, zur staatlichen Kontrolle von Unternehmen und zur Beschränkung von Handelsketten aufgegeben.
Ryback argumentiert, dass Hitler bewusst darauf verzichtete, ein kohärentes Wirtschaftsprogramm vorzulegen, und den Parteiführern erklärte, dass „es kein Wirtschaftsprogramm gibt, das die Zustimmung einer so großen Wählerschaft finden könnte“, wobei er sich auf seine absolute Mehrheit bei den Reichstagswahlen vom 5. März bezog. Dies, so Ryback, spiegele die Vorrangstellung politischer Opportunität gegenüber wirtschaftlicher Planung wider.
Hitlers Zölle und die Gegenreaktion
Am 10. Februar 1933, nur zwei Wochen nach seinem Amtsantritt als Reichskanzler, führte Hitler umfassende Zölle ein. Ryback merkt an, dass diese sowohl die Öffentlichkeit als auch die Presse schockierten: „Das Ausmaß der Zollerhöhungen hat tatsächlich alle Erwartungen übertroffen“, schrieb die Vossische Zeitung. Die New York Times bezeichnete es schlicht als „Handelskrieg“.
Ryback beschreibt detailliert, wie diese Zölle auf wichtige europäische Partner, Skandinavien und die Niederlande, insbesondere auf Agrar- und Textilwaren, abzielten. Einige Zölle stiegen um 500 %. Dänemark, dessen Viehexporte plötzlich blockiert wurden, musste mit schweren wirtschaftlichen Einbußen rechnen. Als Vergeltungsmaßnahme drohten diese Länder laut Ryback mit Gegenmaßnahmen oder führten solche ein. Die Niederländer warnten, ihre Reaktion werde als „spürbarer Schlag“ für die deutschen Exporte zu spüren sein.
Ryback berichtet, dass Hitlers Außenminister ihm bald mitteilte: „Unsere Exporte sind erheblich zurückgegangen, und unsere Beziehungen zu unseren Nachbarländern drohen sich zu verschlechtern.“
Auch der Handel mit Frankreich, Schweden, Dänemark und Jugoslawien begann zu bröckeln. Finanzminister Krosigk schätzte, dass allein zur Stützung der Landwirtschaft zusätzliche 100 Millionen Reichsmark an Defizitausgaben erforderlich sein würden.
Wirtschaftlicher Nationalismus als Vorbote des Krieges
Ryback verweist auf Hitlers Kundgebung im Berliner Sportpalast am Abend der Zollankündigung. In seiner Braunhemd-Uniform stellte Hitler seine Wirtschaftsagenda in den Rahmen einer umfassenderen Vision von nationalem Wiederaufstieg und Trotz gegenüber globalen Systemen: „Glaubt niemals an Hilfe aus dem Ausland, niemals an Hilfe von außerhalb unserer eigenen Nation, unseres eigenen Volkes.“
Obwohl er die Zölle oder seine Wiederaufrüstungspläne nicht ausdrücklich erwähnte, weist Ryback darauf hin, dass Hitler seinem Kabinett bereits gesagt hatte: „Milliarden Reichsmark werden für die Wiederaufrüstung benötigt … Die Zukunft Deutschlands hängt einzig und allein vom Wiederaufbau der Armee ab.“
Ryback argumentiert, dass der Handelskrieg ein bewusster, ideologisch motivierter Akt war, eine Vorschau auf Hitlers größere Ambitionen. Die Abkehr von der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, die Dämonisierung des Außenhandels und die autoritäre Neuordnung der nationalen Prioritäten waren allesamt Vorboten dessen, was kommen sollte.
Ryback kommt zu dem Schluss, dass Hitlers Zollpolitik mehr als nur eine schlechte Politik war; sie war eine Warnung. Sie markierte den Beginn einer umfassenderen Strategie, die internationale Ordnung zu stürzen und Deutschland zu einer autarken und militarisierten Macht umzugestalten. Der Handelskrieg, so Ryback, war ein Vorbote des bald darauf folgenden bewaffneten Konflikts.
Seiner Ansicht nach waren die Zölle ein Beispiel dafür, wie Hitlers frühe Wirtschaftspolitik, die in nationalistischer Rhetorik verpackt und mit autoritären Mitteln durchgesetzt wurde, den Boden für innenpolitische Unruhen und globale Konflikte bereitete.
Übersetzt mit Deepl.com
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