Unsummen für die Rüstung oder – So dumm wie dieser Tisch! von Lorenzo Salomons

 

Unsummen für die Rüstung oder – So dumm wie dieser Tisch!

von Lorenzo Salomons

4. März 2025

 

„Es gibt keinen Grund, aus Russland ein Feindbild zu machen – damit schadet man sich nur selbst. Sie haben erfunden, dass Russland die NATO angreifen will – sind sie verrückt geworden? Sind Sie so dumm wie dieser Tisch? Sehen Sie sich das Potenzial der NATO und Russlands an! Glauben Sie, dass wir verrückt sind?“ Diese Antwort mussten sich Vertreter internationaler Nachrichtenagenturen im Juni 2024 bei einer Pressekonferenz in St. Petersburg von Kremlchef Wladimir Putin anhören. Wenn man das Video (hier auf FOCUS *1) anklickt, sieht man, wie erzürnt dieser auf die Frage eines Journalisten reagierte. Und wie empört er darüber ist, dass der Westen Russland mit einer Politik gegen jeden menschlichen Verstand konfrontiert. Und es ist in Putins Mimik und Gestik für unvoreingenommene Zuschauer deutlich ablesbar, für wie absurd er ein solches Ansinnen hält und er keinen Gedanken darauf verschwenden will. Viele Politiker und Medienvertreter die mit Putin sprachen, haben ihn einen sehr rational denkenden und argumentierenden Politiker genannt. In seinem großen Wissen, insbes. in Politik und Geschichte, fühlt er sich sicher und verlässt sich eher nicht darauf, Gefühle zu schauspielern. Besonders bei dieser Veranstaltung wäre obendrein dafür kein Grund gewesen. Weil die meisten Westler sehr wenig von russischer Geschichte wissen, verstehen sie auch seine Argumente nicht und verlassen sich selbst nur auf das, was ihnen ihre Politiker und Medien sagen.

 

Nach wie vor gibt es keine belastbaren Fakten, welche Putins obige Aussagen, die er sinngemäß wiederholt geäußert hat, Lügen strafen. Was wir bis jetzt von Pistorius und deutschen Nachrichtendiensten gehört oder gelesen haben, war stets allgemein oder so nebulös, dass es eher das Gegenteil beweist. Selbst unter Präsident Biden stand noch in 2024 im „Annual Threat Assessment“, ein Bericht des Nationalen Intelligence Committee: „Russland will fast sicher („almost certainly“) keinen direkten militärischen Konflikt mit US- und NATO-Kräften“. Falls dieser sich in absehbarer Zeit abzeichnen würde, wäre er im Bericht genannt. *2

Im Gegenteil, hat Putin vor einigen Tagen auf die Aussage Trumps „Lasst uns unseren Militärhaushalt um 50% senken“ *3  im Russischen Fernsehen  geantwortet: „Wir könnten ein Abkommen mit den Vereinigten Staaten schließen, wir sind nicht dagegen. Mit scheint, das ist eine gute Idee. Die Vereinigten Staaten würden die Rüstung um 50% reduzieren und wir würden um 50% reduzieren. Und die Volksrepublik China würde sich anschließen, wenn sie das möchte“.*4  leider habe ich darüber nur eine Meldung bei t-online gefunden *5. Sowie auch 2 Tage später noch keine Stellungnahmen von politischer Seite in Deutschland, schon gar nicht aus dem Außenministerium.

 

Prof. Jeffrey Sachs von der Columbia Universität, der wegen seiner herausragenden Expertise, die er sich im Auftrag der Regierungen u.a. Polens, Estlands, der Ukraine und Russland in jahrzehntelanger Tätigkeit erworben hat, kürzlich ins EU-Parlament eingeladen worden war, sagte in seiner Rede:

„Die Vorstellung, Putin würde das russische Reich wieder aufbauen, ist eine kindische Propaganda. Entschuldigung.“ Und erinnert daran „Vor dem Putsch von 2014 gab es … überhaupt keine Gebietsansprüche. Ich weiß das, weil ich in diesen Jahren immer wieder dort war. Was Russland 2010 verhandelte, war ein 25-jähriger Pachtvertrag für den Marinestützpunkt Sewastopol. Das war alles. Es gab keine russischen Forderungen nach der Krim oder nach dem Donbass. Nichts dergleichen.“ Und später: „Russland wird nicht in Europa einmarschieren. Das ist der springende Punkt. Es mag bis zum Fluss Dnipro kommen, aber es wird nicht in Europa einmarschieren. …Sie wollen sicherstellen, dass die baltischen Staaten sicher sind. Das Beste für die baltischen Staaten ist, ihre Russophobie zu beenden. Das ist das Allerwichtigste. In Estland leben etwa 25 % russische Bürger oder russischsprachige Bürger, also ethnische Russen. Provozieren Sie den Nachbarn nicht, das ist alles. …Ich gebe ihnen also den Rat, sich nicht hinzustellen, Estland, und zu sagen, wir wollen Russland aufbrechen, machen Sie Witze? Nein, so kann man in dieser Welt nicht überleben. Man überlebt mit gegenseitigem Respekt, man überlebt in Verhandlungen, man überlebt in Gesprächen.“ Und noch ein Rat an die EU: „Präsident Putin wird zustimmen, den Krieg zu beenden. Es spielt keine Rolle, ob Europa seine große Kriegstreiberei betreibt, der Krieg ist zu Ende also lassen Sie es gut sein.“ Und ergänzt am Ende in der Antwort auf die Frage eines Parlamentariers: „Das Wichtigste ist, mit dem Schreien aufzuhören, mit der Kriegstreiberei aufzuhören und mit den russischen Amtskollegen zu diskutieren.“

Leider hat die Russophobie Polens und des Baltikums immer stärker auf die  EU- Institutionen übergegriffen. Ich stehe Trump in vielem sehr kritisch gegenüber. Während erstere jedoch ihre Endlosschleife aus „Putin ist wie Hitler und er hat diesen Krieg begonnen“ dreht, hatte letzterer schon im Winter 2021-2022 erkannt, dass es Krieg geben wird, falls die USA weiter offenlassen, ob die NATO sich bis an die Grenze Russlands ausweitet. Und während F. Merz vor einer Schulklasse den dummen Rat gibt, vor Putin keine Angst zu haben und laut Indiskretion seines Parteifreundes Wadephul alles vorbereiten lassen will, um ab Mai mit Taurus Ziele weit in Russland zu beschießen („Raketeneinsatz gegen Moskau sei möglich“) *7, will Trump den Krieg gerade mit Sorge vor einer nuklearen Eskalation so schnell wie möglich beenden. Was er jüngst bei Selenskyjs Besuch im Oval Office sehr vernehmlich ausgesprochen hat.

Während man in der EU in einer beispiellosen Naivität und nur noch als absurd zu nennenden Verblendung allein Russland, insbesondere Putin, die Schuld gibt, belegt Prof. Sachs in zahlreichen Beispielen, wie die USA schon seit Jahrzehnten und bis zum Abgang Bidens die Schwächung Russlands in der Ukraine zur Kernstrategie ihrer Geopolitik gemacht haben.

 

Wie die EU lieber mehr als 1000 Milliarden für Waffen ausgeben und kriegstüchtig werden will, anstatt an den Vereinbarungen zur Ukraine mitzuwirken und eine neue Sicherheitsarchitektur in Europa und mit den USA anzustreben, die den Sicherheitsinteressen sowohl Russlands als auch der Ukraine gerecht wird, verdient zu Recht die Bezeichnung „So dumm wie dieser Tisch“.

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