Warum Merz, von der Leyen und Kallas so offen einen Krieg mit Russland riskieren Von Thomas Röper

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Marginalisierung der EU und Deutschlands

Warum Merz, von der Leyen und Kallas so offen einen Krieg mit Russland riskieren

Thomas Röper

Die Aussagen der designierten EU-Chefdiplomatin Kallas und des wahrscheinlich nächsten Bundeskanzlers Merz lassen viele ratlos zurück, denn de facto steuern sie Deutschland und Europa, wenn sie umsetzen, was sie gerade angekündigt haben, direkt in einen heißen Krieg mit Russland. Wie kann das sein?
 

Ich habe gestern in zwei Artikeln darüber berichtet, wie die designierte EU-Chefdiplomatin Kallas und der wahrscheinlich nächste Bundeskanzler Merz de facto einen Krieg mit Russland forcieren, und man fragt sich unvermittelt, wie es sein kann, dass die so offen darauf hinarbeiten, Deutschland und Europa in einen heißen Krieg mit der größten Atommacht der Welt zu stürzen, der schon deshalb nicht zu gewinnen ist, weil Russland seine Atomwaffen einsetzen würde, wenn es einen konventionellen Krieg zu verlieren droht.

Ist es Dummheit?

Angesichts der offen zur Schau gestellten Dummheit vieler heute führender westlicher Politiker – es sei nur an Annalena Baerbock, Robert Habeck, Liz Truss oder auch Kamala Harris erinnert – liegt es nahe, die Aussagen von Kallas und Merz einfach mit der Dummheit der handelnden Personen zu begründen.

Aber so einfach ist das wohl nicht, denn Friedrich Merz ist ganz sicher nicht dumm. Und auch Kallas hat als estnische Regierungschefin gezeigt, dass sie durchaus nicht dumm ist. Sie ist zwar ideologisch verblendet und eine der radikalsten Russland-Hasser, die die EU zu bieten hat, aber sie ist meines Erachtens keineswegs dumm.

Und auch Ursula von der Leyen, die ebenfalls alles forciert, was zu einer Eskalation mit Russland führen kann, ist ganz sicher nicht dumm, sondern sie ist nach meiner Einschätzung hochintelligent. Allerdings halte ich von der Leyen für bösartig und zynisch, was man schon an einer ihrer ersten politischen Entscheidungen sehen konnte, denn als frisch ernannte Sozialministerin des Landes Niedersachsen war es vor etwa 20 Jahren eine ihrer ersten Amtshandlungen, das Landesblindengeld abzuschaffen. Für einfache Menschen hat von der Leyen offensichtlich nur arrogante Verachtung übrig, wie auch ihre späteren Entscheidungen immer wieder gezeigt haben.

Dummheit ist daher meiner Meinung nach nicht der Grund für die gemeingefährlichen Erklärungen, die Kallas und Merz in diesen Tagen abgegeben haben. Ich denke, der Grund ist, dass sie aus einer gewissen Gewohnheit heraus nicht mehr verstehen, dass ihre Entscheidungen Folgen haben können, die sie auch selbst zu spüren bekommen könnten.

Politiker im Westen tragen schließlich keinerlei Verantwortung für ihre Entscheidungen. Als der deutsche Verkehrsminister beispielsweise den Konzernen in einem Vertrag, von dem er wusste, dass er illegal war, hunderte Millionen Euro zugeschoben hat, ist er deswegen nicht wegen Untreue im Gefängnis gelandet, wie es jedem Manager in einem solchen Fall ergangen wäre. Die Liste derartiger Beispiele ist lang und sie zeigt eines: Westliche Politiker wissen, dass ihre Handlungen für sie persönlich keinerlei Folgen haben.

Hinzu kommen Entwicklungen der letzten Jahre, die dieses Gefühl der Straflosigkeit bei europäischen Politikern verstärkt haben dürfte. Das will ich erklären.

Die Marginalisierung Deutschlands und der EU

Angela Merkel hatte international Autorität und es wurde zugehört, wenn sie etwas sagte. Ja, Merkel hat den Grundstein zur Zerstörung Deutschlands gelegt, auf dem die Ampel-Regierung in den letzten knapp drei Jahren kräftig aufgebaut hat. Und ja, Merkel war eine Marionette der US-Regierung vor allem unter Obama, aber Merkel hat sich geschickt internationale Autorität verschafft.

Und Merkel hat auch mal Rückgrat gegenüber den USA gezeigt, als sie beispielsweise den Bau der Nord Streams gegen den Willen der US-Regierung durchgesetzt hat.

Ein weiterer Punkt, bei dem ich Merkel früher bescheinigt habe, Rückgrat gegenüber den USA gezeigt zu haben, war das Minsker Abkommen, das im Februar 2015 die heftigsten Kämpfe im Donbass beendet hat. Merkel hatte das Abkommen initiiert und in einer eiligen Pendeldiplomatie zwischen Washington, Moskau und Kiew vorbereitet und dann bei den Verhandlungen in Minsk durchgesetzt.

Heute wissen wir, dass sie das Abkommen nie umsetzen wollte. Sie hat das Abkommen also nicht gegen den Willen von Obama durchgesetzt, wie man früher denken musste, sondern sie hat Obama das Abkommen schmackhaft gemacht, indem sie ihm versichert hat, dass es nie zu einem Frieden im Donbass führen, sondern der Ukraine nur die nötige Zeit verschaffen sollte, um auf einen Krieg gegen Russland vorbereitet zu werden.

Es geht mir also nicht darum, Merkel zu loben, wenn ich ihr internationale Autorität zuschreibe, das ist einfach nur die Feststellung einer Tatsache. Diese Autorität von Merkel, die ja auch der EU zugute gekommen ist, hat aber auch dazu geführt, dass europäische Politiker sich darüber im Klaren waren, dass ihre Erklärungen Folgen haben können, die es zu bedenken galt.

Das ist heute nicht mehr so. Von der Leyen hat die EU in Windeseile zu einem Instrument gemacht, das nur noch Anweisungen aus Washington umsetzt, selbst wenn diese Entscheidungen der EU und ihren Mitgliedsstaaten schaden. Die EU hat seit dem Amtsantritt von Ursula von der Leyen nur noch den Zweck, US-Interessen zu unterstützen. Unter von der Leyen hat die EU daher außerhalb des Westens massiv an Autorität eingebüßt. Sogar wirtschaftlich wird die EU trotz ihrer enormen Wirtschaftskraft heute kaum mehr ernst genommen, weil diese Wirtschaftskraft den Interessen der USA geopfert wird und daher auf dem stark absteigenden Ast ist. Und außenpolitisch war die EU ohnehin immer ein Zwerg.

Die Bundesregierung unter Scholz hat in kürzester Zeit das Kunststück fertig gebracht, die gesamte außenpolitische Autorität Deutschlands zu vernichten. Das begann sofort bei den Antrittsbesuchen von Bundeskanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck in den USA. Außerhalb des Westens ist es unvergessen, wie US-Präsident Biden bei der Pressekonferenz mit Scholz im Februar 2022 offen sagte, die USA würden Nord Stream ein Ende bereiten, egal, was Deutschland über die Zerstörung seiner milliardenschweren Energieinfrastruktur denkt. Und Scholz stand wie ein Schuljunge daneben, ohne irgendwie auf diese eigentlich unvorstellbare Aussage Bidens zu reagieren.

Als Habeck bei seinem Antrittsbesuch in Washington im März 2022 dann auch noch offen erklärt hat, diese deutsche Regierung wolle den USA dienen, da war allen Experten weltweit klar, dass man diese deutsche Regierung nicht mehr ernst zu nehmen braucht. Dass Baerbock mit ihren internationalen Auftritten für mehr Lacher sorgt, als mancher Komiker, kommt noch hinzu.

Wie sehr und wie schnell die internationale Autorität Deutschlands unter dieser Regierung unter die Räder gekommen ist, konnte man beim G20-Gipfel in Indien 2023 beobachten. Die deutsche Delegation hatte keinerlei eigene Initiativen im Gepäck und in den wenigen Schlagzeilen, die Scholz bei dem Gipfel gemacht hat, ging es nur um seine Augenklappe.

Deutschland war endgültig von einem früheren außenpolitischen Schwergewicht zur internationalen Lachnummer geworden.

Was das für die Politiker bedeutet

All das klingt banal und ist nicht neu, aber es hat einen wichtigen Effekt. In den letzten zwei bis drei Jahren haben deutsche und europäische Politiker vor allem eines gelernt, nämlich, dass ihre Aussagen im Grunde vollkommen egal sind und keine Folgen haben, weil kaum jemand sie noch ernst nimmt.

Wenn man sich das vor Augen führt, dann wird verständlich, warum ein deutscher Oberst a.D. Kiesewetter fordern kann, Moskau zu bombardieren, und warum eine Strack-Zimmermann ohne Unterlass für Krieg trommelt: Sie wissen, dass ihre Aussagen keinen Einfluss auf die internationalen Entwicklungen haben, aber sie befriedigen mit dieser Stimmungsmache ihre Auftraggeber in der Rüstungsindustrie, die sich aufgrund dieser Rhetorik und ihrer innenpolitischen Wirkung über mehr Aufträge freuen dürfen.

Und eine Baerbock kann bei internationalen Veranstaltungen davon reden, die EU sei im Krieg mit Russland, ohne dass irgendjemand ernsthaft befürchten würde, Russland könnte diese – immerhin von der deutschen Außenministerin!!! – offen verkündete Kriegserklärung so ernst nehmen, dass Baerbocks Aussagen tatsächlich zu einem Krieg mit Russland führen könnten.

Die Politiker in Europa haben sich in den letzten Jahren endgültig und vollständig daran gewöhnt, dass sie nichts mehr zu melden haben, weil für Europa inzwischen alle wichtigen Entscheidungen ganz offen in Washington getroffen werden. Und wenn man nichts mehr zu melden hat und auch nicht mehr ernst genommen wird, braucht man bei seiner Wortwahl auch nicht mehr so vorsichtig zu sein, wie es frühere europäische Politiker noch sein mussten.

Die Gefahr dabei ist, dass diese europäischen Politiker in diesem Rhythmus dazu übergehen, nicht nur dummes und gefährliches Zeug zu erzählen, sondern es auch umzusetzen. Dann allerdings würden sie schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Aber dann wäre es zu spät.

Der gemeingefährliche Friedrich

Ich will in einfachen Worten erklären, was ich damit meine: Eine deutsche Regierung beispielsweise wäre in dieser Situation gut beraten, nichts zu tun, was die USA nicht auch tun. Die US-Regierung wollte unter Biden unter keinen Umständen in einen offenen Krieg mit Russland verwickelt werden, weil der im besten Fall sehr teuer wird und im schlimmsten Fall zur atomaren Vernichtung der Welt führt. Daher wird die US-Regierung nach Möglichkeit alles verhindern, was die USA in einen offenen Krieg mit Russland führen könnte.

Gleichzeitig wollen zumindest die US-Demokraten und die hinter ihnen stehenden Transatlantiker den Krieg gegen Russland in der Ukraine fortsetzen, weil das nach ihrer Logik Russland schwächt, was ja deren offiziell verkündetes, oberstes Ziel ist. Da der Krieg bis zum letzten Ukrainer inzwischen Realität ist, brauchen die USA dazu „frisches Menschenmaterial“. Diese Kreise in Washington hätten sicher nichts dagegen, wenn andere europäische Staaten in den Ukraine-Krieg einsteigen, solange das kein Fall für die NATO wird, der die USA in diesen Krieg hineinziehen würde. Das ist nicht meine Interpretation, das wird in Washington ganz offen gesagt.

Wenn man das beides berücksichtigt, also einerseits den Wunsch der US-Eliten nach Fortsetzung des Krieges gegen Russland ohne dass die USA andererseits direkt daran beteiligt sind, dann wird klar, warum es für jede heutige europäische (also auch die deutsche) Regierung schlau wäre, nichts zu tun, was die USA nicht auch tun, wenn diese Regierungen sich nicht in einem heißen Krieg Russland wiederfinden wollen.

Die US-Regierung hat Kiew nicht erlaubt, mit den ATACMS-Raketen, die die USA geliefert haben, tief ins russische Hinterland zu feuern, weil Putin sehr deutlich gemacht hat, dass das einen offenen Krieg der USA (oder jedes anderer Landes, das Kiew solche Waffen liefert und ihren Einsatz gegen Ziele tief in Russland erlaubt) mit Russland bedeutet. Als Selensky diese Erlaubnis in seinem „Siegesplan“ gefordert hat, hat die US-Regierung ihn abblitzen lassen und danach auch gleich noch das geplante Ramstein-Treffen zur weiteren Unterstützung Kiews abgesagt.

Wenn Friedrich Merz nun im Interview gesagt hat, als Kanzler wolle er Russland ein Ultimatum von 24 Stunden stellen, die Kämpfe in der Ukraine einzustellen, ansonsten werde er Kiew Taurus-Raketen liefern und die Erlaubnis geben, damit tief ins russische Hinterland zu schießen, dann ist das hoffentlich nur wieder so ein folgenloser Satz von einem, den außerhalb des Westens sowieso niemand ernst nimmt.

Wenn Merz allerdings der Meinung sein sollte, er könne das auch umsetzen und sich dabei auf die USA als Schutzmacht verlässt, dürfte er sein blaues Wunder erleben, denn die USA wollen nun einmal keinen Krieg mit Russland – und zwar erst recht nicht, wenn Trump an der Macht ist -, aber nach den Ukrainern auch noch die Deutschen im Krieg gegen Russland zu verheizen, die Idee dürfte für viele in Washington einen gewissen Charme haben…

 

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