
Wenn Politiker der Kriegspropaganda unterliegen
von Lorenzo Salomons
28. März 2025
Seit längerem treibt mich die Frage um, wie es sein kann, dass so viele Menschen und die ganz überwiegende Mehrheit der Politiker und Vertreter der Massenmedien die Meinung äußern, es sei nahezu ausgemacht, dass Russland noch in diesem Jahrzehnt in weitere Länder, einschließlich sogar Mitglieder der NATO einmarschieren und dann, so Jens Spahn, auch vor unserer Haustür stehen wird. Eine Antwort darauf gab Karl Kraus “Die Politiker belügen die Presse und glauben ihre Lügen dann selbst, wenn sie sie anschließend in der Zeitung lesen.”
Umgekehrt gibt es auch die Fälle, in denen Journalisten, bewusst wie unbewusst, Propaganda verbreiten, die von den Politikern gerne bis begieŕig aufgegriffen oder verinnerlicht wird und an die deren Urheber dann irgendwann selber glauben. Für mich ist die seit seinem Aufbegehren in der Münchener Sicherheitskonferenz in 2007 einsetzende und beibehaltene Dämonisierung Putins der! Schlüssel zum Verständnis nicht nur unserer Ostpolitik, sondern auch immer mehr unserer Innenpolitik, welche die gerade beschlossene unbegrenzte Verschuldung Deutschlands einschließt. Es verging kein Tag, an dem nicht zu lesen und hören war, was der russische Präsident nicht alles Böse im Schilde führe. Kissinger mahnte deswegen: „Die Dämonisierung von Wladimir Putin ist keine Politik.“ Ich meine, sie zeigt ein unverzeihliches Versagen unserer Politik. Wir bringen dem russischen Präsidenten nur noch Argwohn entgegen, der uns die Realität entstellt. In einem Artikel vom 23.3. schrieb Ian Proud, ein Diplomat seiner Majestät, der von 2014-19 in der britischen Botschaft in Moskau arbeitete: „Westliche Politiker und Journalisten sagen uns ständig, dass man Präsident Putin nicht trauen kann und dass man unter keinen Umständen ein Abkommen mit ihm schließen sollte. Aber als Antwort auf diese rhetorische Frage frage ich immer: „Glauben Sie, dass er uns vertraut?“
Wer nicht ganz Opfer der eigenen Propaganda geworden ist, wird schnell aus der Fülle der Ereignisse, schon seit Gorbatschows Politikwechsel in den 1980er Jahren, aber auch in der Zeit Jelzins und Putins erkennen, wie umgekehrt um ein Vielfaches mehr der Argwohn im Kreml gegenüber dem Westen begründet ist.
Manches in unserer Gesellschaft kann man sich derzeit kaum noch anders als mit einer Massenpsychose erklären. C.G. Jung bezeichnete damit einen Zustand in dem ganze Gesellschaften den Bezug zur Realität verlieren und in Wahnvorstellungen verfallen. Mir scheint, dass dieser epidemische Wahn fast täglich zunimmt und ein in Europa höchst gefährliches Ausmaß angenommen hat.
Unverantwortlich, dass die Bundeswehr und der Bundesnachrichtendienst sich auf eigene und weitere Nachrichtendienste (vor allem dem aus Litauen) berufen, denen Erkenntnisse vorliegen, nach denen Russland Angriffe auch auf NATO-Staaten vorbereite. Ich hatte hier vor einigen Monaten auf den Bericht Annual Threat Assessment des US-Intelligence Committee hingewiesen, dem Nationalen Organ aller US-Geheimdienste. In dem noch unter Biden veröffentlichten Abschnitt über Russland hieß es dagegen, dass Russland nahezu mit Sicherheit („almost certainly“) in absehbarer Zeit kein NATO-Land angreifen wird. Auch der neue am 25.3. veröffentlichte Nachfolgebericht beinhaltet keine Erkenntnisse, welche die Warnungen aus der EU stützen würden. Im Gegenteil verweist er auf die großen Verluste Russlands in der Ukraine, die einem solchen Vorhaben entgegen stehen. Die Berichte sind für jeden online zugänglich.
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