Zuckerbrot und Peitsche Von Jürgen Scherer

Zwischenruf 2 zum Wahlspektakel
Zuckerbrot und Peitsche
Von Jürgen Scherer
10. Januar 2025
Es gibt Metaphern, die die Zeitläufe überdauern, auch wenn sie manchmal etwas altbacken daherkommen. Eine davon ist die im Titel genannte. In das  parlamentarisch-politische Umfeld Deutschlands gelangte sie in den 70erJahren des vorletzten Jahrhunderts zur Regierungszeit Bismarcks. Der schwang gern die Peitsche, um dann mit Zuckerbrot zu locken. Prominentes historisches Beispiel der damaligen Zeit: Erlass der Sozialistengesetze zur Bekämpfung der damaligen SPD und parallel dazu Einführung von Sozialgesetzen für die Arbeiterklasse, um sie dem Staat gegenüber geneigter und der SPD abspenstig zu machen. Bismarck nannte seine Politik gerne „Peitsche und Zuckerbrot“.
Diese Politiktaktik hat die Zeiten überdauert und feiert auch dieses Jahr wieder (un)fröhliche Urständ: im gerade laufenden Wahlkampf sowieso. Hat sie sich doch bestens bewährt zur Gefügigmachung der Wahlbevölkerung.
Beispiele dafür gibt es zuhauf. Ich zähle einige wenige auf und nehme dazu Stellung.
Peitsche 1: Der Russe kann jeden Tag vor Deiner Tür stehen. Sei vorbereitet!       (Die sog. Angstpeitsche)
Zuckerbrot dazu:                                    Wenn ihr alle zusammenhaltet und euren PolitikerInnen vertraut, wird die Suppe nicht so heiß gegessen werden, wie in der Angstpeitsche angedeutet.            Folgt eurem begnadeten Kommunikator und Haupteinpeitscher Habeck, der 3,5% vom BIP fordert, um militärischen Schutz vor jedweder Unbill zu gewährleisten. Das wäre viel Geld.                                  Aber zum Glück ist da ja der Katzenpfotenbellizist Scholz davor.      Mit ihm nicht, sagt er und versucht vergessen zu machen, dass er vor gar nicht langer Zeit den veritablen Kriegsertüchtigungskanzler gegeben hat. Plötzlich kommt ihm gar in den Sinn, mit dem „Teufel schlechthin“, also Putin, zu telefonieren. Erleichterung macht sich breit in der Wahlbevölkerung. Vielleicht ist er ja doch nicht so schlecht, der Scholz.
Bullshit: Unter den Blinden war der Einäugige schon immer König!
Peitsche 2: Unsere Wirtschaft geht den Bach runter. Wir müssen alle dafür was tun!
Das Hohelied des wirtschaftlichen Niedergangs wird lauthals gesungen. Herr Merz spricht gar von der Deindustrialisierung unseres Landes und nahezu alle Medien stimmen in die Litanei mit ein. Es gilt also mal wieder, den Gürtel enger zu schnallen.
Zuckerbrot dazu:                                  Wenn wir die missliche Lage einsehen und zu Opfern bereit sind, wird bald die Sonne des Wohlstands wieder scheinen.
Bullshit: Solange gegen unsere Interessen, Millionen und Milliarden in Kriegsführung und Kriegstüchtigkeit gepumpt werden, fehlt es an anderen Stellen und dieses fehlende Geld soll dann auf unserem Rücken kompensiert werden mit Kürzung notwendiger Sozialleistungen wie dem Bürgergeld, mit Schließung notwendiger Krankenhäuser, die wir unbedingt für unsere Nahversorgung benötigen, mit Herumschrauben an Errungenschaften wie den Karenztagen im Krankheitsfall, mit unserer Unterstützung für klamme Kommunen usw. usw.                              Das wird vorausehbar nichts mit dem Zuckerbrot der aufgehenden Sonne!
Peitsche 3: Wir werden den Krieg in unseren Alltag integrieren müssen! Dienst in der „Heimatschutztruppe“, Bunkerbau, Notvorräte anlegen – gerüstet sein und „dienen“, nicht hinterfragen.
An  Kriegstüchtigkeit für uns alle führt kein Weg vorbei, so die Unisonorufe der PolitikerInnen. Also her mit der neuen Wehrpflicht, natürlich gendergerecht, d.h. junge Frauen dürfen auch mitmachen beim zukünftigen Schlachtengeschehen. Gleichberechtigung beim Sterben soll schon sein in einer fortschrittlichen Schicksalsgemeinschaft…
Zuckerbrot dazu:                                  Wenn der Russe erst merkt, wie tough wir drauf sind, wird der seinen Schwanz einziehen und hinterm Ural Schutz suchen.
Bullshit das Ganze: Unsere SoldatInnen haben unsere Freiheit in Afghanistan verteidigt bis zu ihrem  Tod und ihrer Niederlage. Das ist ja schon mal ermutigend.                                               Mit Frieden im Gepäck lebt sich’s allemal besser als mit Kriegsgefuchtel.              Wie sagte doch der Friedenskanzler Brandt so weise:                                        Der Frieden ist der Ernstfall des Lebens.    Ich füge hinzu: Nicht der Krieg und auch nicht die Vorbereitung darauf per „Kriegstüchtigkeit“!
Lassen wir uns auch in diesem Wahlkampf mit Zuckerbrotpeitscherei nicht die Sinne vernebeln.
Es geht um unser Recht auf würdiges, gerechtes  und friedliches Leben, nicht um scheinheiligen Militarismus, um unser Land gegen unseren Willen in kriegerische Abenteuer zu stürzen, die uns eher unglücklich machen werden, die Rüstungsschmieden und ihre Propagandisten eher reicher.
Das von uns erwirtschaftete BIP wird zum Beispiel für Bildung, Bekämpfung der Armut und Unterstützung von Demokratieprojekten benötigt und nicht für unverantwortliches Handeln (angeblich in unserem Auftrag und  zu unserem Besten) von HasardeurInnen wie Baerbock, Habeck, Söder, Merz, Lindner, Kiesewetter, Pistorius, Weidel (wenn nötig, ist auch sie für 5% vom BIP für das Militärische) und wie sie alle heißen…
Die einzige, die anscheinend ohne die Peitsche auskommt, ist, soweit ich sehen kann, Frau Wagenknecht und ihr Bündnis. Immerhin ein kleiner Lichtblick.

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