Befreiungsschlag oder Kabul-Moment?

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Befreiungsschlag oder Kabul-Moment?


Voice of America, Public domain, via Wikimedia Commons

Innerhalb weniger Tage haben Syriens Rebellengruppen Diktator Assad gestürzt. Für viele ist das ein Grund zum Feiern. Andere sind skeptisch und ziehen historische Vergleiche.

Die Szenen, die die Welt in diesen Tagen aus dem Sednaya-Gefängnis bei Damaskus erreichen, lassen sich kaum in Worte fassen. Die Tore der wohl berüchtigtsten Folterhölle des Assad-Regimes wurden geöffnet und jene, die sie überlebt haben, erblicken teils nach Jahrzehnten das Licht der Freiheit. Unter ihnen befindet sich laut dem britischen Guardian etwa Raghad al-Tataryr, der in den 1980er-Jahren von Hafez al-Assad, dem Vater des mittlerweile nach Moskau geflüchteten Bashars, verhaftet wurde. Sein Vergehen: Er weigerte sich, seine eigenen Leute – unschuldige Menschen in Hama, die zu Tausenden 1982 vom Regime massakriert wurden, zu bombardieren. Andere freigelassene Insassen besuchten die Gräber ihrer mittlerweile verstorbenen Kinder und dachten, dass Saddam Hussein oder Assad Senior noch am Leben seien. Den Gesamtumfang der Schrecklichkeit Sednayas wird die Welt wohl erst in den nächsten Wochen und Monaten erfahren. Nahezu im Stundentakt werden neue Details über die Folterpraktiken des Regimes bekannt, während zahlreiche Gefangene weiterhin in ihren Kerkern ausharren und Helfer versuchen, die Komplexität des mehrstöckigen Untergrundgefängnisses zu überwinden.

Dass all dieser lange Schrecken, der vor allem in den letzten Jahren aufgrund anderer globaler Konflikte fast schon in Vergessenheit geriet und normalisiert wurde, nun ein Ende findet, ist nicht kleinzureden. Ähnlich verhält es sich auch mit der Freude von Millionen von Syrerinnen und Syrern. Viele von ihnen sind bereits unterwegs in ihre Heimat und auch hier sprechen die Bilder voller Autobahnen und langer Schlangen an Grenzübergängen Bände. Umso dringender ist die Frage, wie es überhaupt so plötzlich zu all dem kam. Fakt ist mittlerweile, dass die syrischen Rebellengruppen die Gunst der Stunde nutzten. Konkret bedeutet dies, dass die iranischen und russischen Unterstützer Bashar al-Assads bereits seit Monaten anderswo alle Hände voll zu tun haben und aufgrund der Kriege in Israel, Palästina, dem Libanon und der Ukraine massive Einbussen zu verzeichnen hatten. Hinzu kam wahrscheinlich auch der Umstand, dass man mit dem Mann in Damaskus einfach nicht mehr zufrieden war. Man war müde vom Geschehen in Syrien und der Abhängigkeit Assads. “Man hat uns verraten”, ließen Regime-Anhänger kurz nach dem Sturz Assads mehrfach verlauten. Weiterlesen bei overton-magazin.de

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