
Deutschlands konservative Parteien nominieren Minister für die neue Regierung: Die Verschmelzung von Finanzoligarchie und Staatsmacht
29. April 2025
Die konservative Christlich-Demokratische Union (CDU) und ihre offen rechtsgerichtete bayerische Schwesterpartei, die Christlich-Soziale Union (CSU), haben am Montag die Namen ihrer Minister für die neue Bundesregierung bekannt gegeben. Neben Kanzler Friedrich Merz, dem CDU-Vorsitzenden, der die Regierung leiten wird, werden CDU/CSU insgesamt zehn Minister und die Sozialdemokraten (SPD) sieben Minister stellen, darunter den Verteidigungsminister, den Finanzminister und den Arbeitsminister. Die SPD wird die Namen erst nach Abschluss der Mitgliedervotierung über den Koalitionsvertrag am Dienstag bekannt geben.
Die Nominierungen von CDU und CSU zeigen, dass der Rechtsruck, der in den USA unter Donald Trump stattfindet, keine Ausnahmeerscheinung ist. Die Rückkehr zum Militarismus, die den Kern des Programms der neuen Regierung bildet, erfordert auch eine scharfe Rechtswendung in den Bereichen innere Sicherheit, Wirtschaftspolitik und Kultur. Obwohl CDU/CSU derzeit noch eine Koalition mit der rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) ausschließen, haben sie ihre Positionen in zahlreichen Fragen übernommen.
Mehrere Kandidaten – darunter Außenminister Johann Wadephul, Bildungsministerin Karin Prien und Kanzleichef Thorsten Frei – blicken auf eine jahrzehntelange Parteikarriere zurück. Sie haben den harten Weg von der Jungen Union, der Jugendorganisation der CDU/CSU, über verschiedene Parteiamt und Mandate in Kommunal-, Landes- und Bundesregierungen hinter sich und verdanken ihre Ernennung ihrer politischen Nähe zu Friedrich Merz.
Von links: Markus Söder, Vorsitzender der Christlich-Sozialen Union in Bayern, CDU-Vorsitzender Friedrich Merz und die SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken nehmen am Samstag, 8. März 2025, an einer Pressekonferenz in Berlin teil. [AP Photo/Markus Schreiber]
Der designierte Kanzler, der vor seiner Rückkehr in die Politik in den Aufsichtsräten zahlreicher Banken und Großkonzerne saß und die deutsche Tochtergesellschaft des weltweit größten Investmentunternehmens BlackRock leitete, hat auch zwei Minister direkt aus der Führung großer Konzerne in die Regierung geholt – was in der deutschen Politik ungewöhnlich ist. Wie in den USA, wo der Multimilliardär Elon Musk zu den engsten Beratern des Präsidenten zählt, rücken die Finanzoligarchie und die Staatsmacht immer näher zusammen.
Der sogenannte Arbeiterflügel der CDU, die Christlich-Demokratische Arbeitnehmervereinigung (CDA), geht dagegen zum ersten Mal unter einem CDU-Kanzler leer aus, was sie bitter beklagt. CDA-Chef Dennis Radtke nannte die Kabinettsauswahl „beunruhigend und falsch“. Seit Konrad Adenauer, dem ersten Kanzler der Bundesrepublik, bis hin zu Angela Merkel gab es keine CDU-geführte Bundesregierung ohne Beteiligung der CDA.
Karsten Wildberger, CEO von Ceconomy, zu dem die Elektronikketten Mediamarkt und Saturn gehören, wird das neu geschaffene Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung leiten. Im letzten Geschäftsjahr erzielte sein Unternehmen mit 50.000 Mitarbeitern in über tausend Filialen einen Umsatz von 22,4 Milliarden Euro. Wildberger restrukturierte den angeschlagenen Konzern unter anderem durch Einsparungen von 130 Millionen Euro in der Verwaltung.
Wildberger ist kein Mitglied der CDU, gehört aber seit mehreren Jahren dem CDU-Wirtschaftsrat an. Er blickt auf eine lange Karriere in den Vorständen verschiedener Beratungs-, Energie- und Telekommunikationsunternehmen zurück, darunter Boston Consulting, Vodafone, T-Mobile und Australiens Telstra. Einen Großteil seiner Karriere verbrachte er im Ausland.
Katherina Reiche, seit 2020 Chefin der E.ON-Tochter Westenergie AG, wird Wirtschaftsministerin. Im Gegensatz zu Wildberger hat Reiche eine politische Karriere hinter sich. Sie war Bundestagsabgeordnete und Staatssekretärin, bevor sie in die Wirtschaft wechselte.
Innenminister Dobrindt übernimmt die Linie der rechtsextremen AfD
Das Innenministerium wird vom CSU-Politiker Alexander Dobrindt geleitet. Mit 2.100 Mitarbeitern im Ministerium und 85.000 Beschäftigten in nachgeordneten Behörden, darunter rund 50.000 bei der Bundespolizei, steht es im Zentrum der im Koalitionsvertrag beschlossenen Verschärfung des Staatsapparats und der Angriffe auf Migranten.
Die bisherige Ministerin Nancy Faeser (SPD) spielte bereits eine Schlüsselrolle bei der Abschottung der europäischen und deutschen Grenzen und der Auslieferung von Zehntausenden von Flüchtlingen an unmenschliche Bedingungen oder den Tod. Unter ihrer Leitung wurde der Apparat der staatlichen Überwachung und Repression massiv ausgebaut. Dobrindt ist eine Garantie dafür, dass diese Politik fortgesetzt und verschärft wird.
Als 39-jähriges Mitglied der Jungen Union und der CSU hat Dobrindt eine Spur von Vetternwirtschaft, Korruption und rechter Demagogie hinterlassen. Als Verkehrsminister (2013–2017) unter Angela Merkel half er, den VW-Dieselskandal zu vertuschen, und setzte sich für die Einführung einer Maut für Ausländer ein, mit der die CSU chauvinistische Stimmungen schürte. Die von seinem Nachfolger Andreas Scheuer eingeführte „Auslandsmaut“ wurde schließlich vom Europäischen Gerichtshof für rechtswidrig erklärt und kostete den Staatshaushalt 243 Millionen Euro an Entschädigungszahlungen.
Dobrindt verurteilte die Grünen als „chaotische Steinwurfpartei“ und forderte ein Verbot der Linkspartei. 2018 warb er in Die Welt für eine „konservative Revolution“, ein Begriff, der auf die extreme Rechte in der Weimarer Republik zurückgeht. Im Stil der AfD propagierte er die „Verteidigung unserer christlich-westlichen Leitkultur“, bezeichnete „Heimat und Vaterland“ als „Wurzeln unserer Identität“, lobte das „Völkischsein“ als „Geschenk für unser Land“ und forderte die Abgrenzung „unserer Wertegemeinschaft“ von „anderen Weltanschauungen“.
Im vergangenen Sommer sprach sich Dobrindt dafür aus, Kriegsflüchtlinge in die Ukraine zurückzuschicken. Und nach Trumps Machtübernahme im Januar lobte er dessen Regierungsstil per Dekret als Beispiel dafür, dass rascher Wandel auch in Deutschland möglich sei, wenn die verantwortlichen Politiker dazu bereit seien.
Johann Wadephul ist der erste CDU-Politiker seit 59 Jahren, der Bundesaußenminister wird. Seit 1966 hatten stets die SPD, die Freien Demokraten oder die Grünen das Außenministerium inne. Wadephul, der 1982 in die CDU eintrat, gilt als loyaler Anhänger von Merz und wird dafür sorgen, dass die Regierung weiterhin voll und ganz hinter dem Krieg gegen Russland und ihrer Unterstützung des Völkermords in Gaza steht.
Im Gegensatz zu seiner Vorgängerin Annalena Baerbock (Grüne) verzichtet Wadephul auf Menschenrechtsrhetorik und bringt die imperialistischen Ziele der deutschen Außenpolitik offen zum Ausdruck. Er hat den amtierenden Kanzler Olaf Scholz beschuldigt, den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu stärken, indem er öffentlich „rote Linien“ genannt habe – wie die Nichtlieferung von Taurus-Raketen. Alle Optionen müssten „auf dem Tisch liegen“ und Russland dürfe „nicht im Voraus gesagt werden, was Deutschland tun oder nicht tun wird“, sagte er der Zeitung „Tagesspiegel“. „Wir dürfen keine Sekunde zögern. All das Zögern der letzten Jahre, all das Zurückhalten von Material hat Putin letztlich nur ermutigt.“
Bildungsministerin Karin Prien, die seit 2017 das gleiche Amt auf Landesebene in Schleswig-Holstein innehat, wurde landesweit bekannt durch ihre Angriffe auf Schüler, die gegen die Politik der Masseninfektion während der Coronavirus-Pandemie protestierten. Sie ist seit 1981 Mitglied der CDU.
Im Februar 2022 löste sie eine landesweite Empörung aus, als sie auf Twitter zum Tod von COVID-infizierten Kindern schrieb: „Bitte differenzieren Sie: Kinder sterben. Das ist äußerst tragisch. Aber sie sterben mit COVID-19 und nur äußerst selten an COVID-19.“
Wolfram Weimer: ein rechtsextremer Politiker als Kulturminister
Der Charakter der künftigen Regierung zeigt sich am deutlichsten in der Ernennung von Wolfram Weimer zum Kulturbeauftragten. Weimer hat kein Ministeramt inne, sondern nur das Amt des Staatssekretärs. Da jedoch viele staatliche Subventionen über seinen Schreibtisch gehen und der Staatsminister für Kultur auch in der Öffentlichkeit eine prominente Rolle spielt, übt er einen starken Einfluss aus.
Weimers Vorgängerin, die Grünen-Politikerin Claudia Roth, hat die Kulturpolitik bereits weit nach rechts gerückt. Die ehemalige Managerin der politischen Rockband „Ton Steine Scherben“ spielte eine vorbildliche Rolle in der Rechtsentwicklung der ehemaligen Umweltpartei. Sie verurteilte die wichtigste internationale Ausstellung zeitgenössischer Kunst, die Kasseler Documenta, als „antisemitisch“ und drohte mit der Streichung von Fördermitteln. Außerdem griff sie den Rockmusiker Roger Waters und die Berlinale an, weil sie sich für die Palästinenser gegen den Völkermord Israels einsetzten.
Mit Weimer übernimmt nun ein bekennender rechter Ideologe die Verantwortung für die Kulturpolitik. Der 60-jährige Publizist hat bisher vor allem für konservative und rechte Medien gearbeitet. Mit seinem kulturellen Wissen und Interesse hat er sich nicht gerade profiliert.
In den 1990er Jahren arbeitete er als Wirtschaftsredakteur und Auslandskorrespondent für die F.A.Z., wechselte dann zu Springer und wurde Chefredakteur der Welt und der Berliner Morgenpost. 2002 baute er für den Schweizer Verlag Ringier das rechtsgerichtete Magazin Cicero auf, das er bis 2010 leitete. Anschließend stand er kurzzeitig an der Spitze des Magazins Focus, bevor er schließlich seinen eigenen rechtskonservativen Verlag gründete.
Mittlerweile steht er so weit rechts, dass selbst F.A.Z.-Redakteur Jürgen Kaube ihn als „mild gesagt den falschen Mann am falschen Ort“ bezeichnet. Dabei ist Kaube selbst ein ausgesprochener Rechter. So verteidigte er beispielsweise den rechtsextremen Historiker Jörg Baberowski („Hitler war nicht bösartig“) in der F.A.Z. gegen Kritik der Sozialistischen Gleichheitspartei.
Kaube verwies dabei auf ein „Konservatives Manifest“, das Weimer 2018 veröffentlicht hatte. Darin beklagt er laut Kaube „die ‚amoralische Renaissance‘ – er meint damit die Zeit von Sandro Botticelli, Albrecht Dürer, Tizian und Shakespeare“, sorgt sich „demografisch um die ‚Fortführung des eigenen Blutes‘ und die ‚biologische Selbstaufgabe‘ Europas“ und trauert „der Kolonialzeit mit der bedauerlichen Formulierung nach, dass Europa nicht mehr ‚die Kraft zur Expansion‘ habe“.
In seinem „Konservativen Manifest“ listet Weimer „zehn Gebote der neuen Bourgeoisie“ auf, darunter „lebe in deiner Heimat“, „ehre deine Nation“, „schätze die Tradition“, „respektiere Recht und Ordnung“ und „respektiere Gott“. Mit anderen Worten: Er ist ein bigotter, völkisch-nationalistischer Rechter.
Die Beteiligung der SPD an dieser rechten Regierung beweist, dass die ehemalige Arbeiterpartei nichts mehr mit den Interessen der breiten Bevölkerung und der Jugend verbindet. Während CDU und CSU für die Verschärfung der staatlichen Repression im Inland, eine aggressive Außenpolitik und den kulturellen Rechtsruck verantwortlich sind, wird sich die SPD auf die Aufrüstung und Sozialkürzungen konzentrieren.
Es gilt als ziemlich sicher, dass Verteidigungsminister Boris Pistorius als Einziger sein Amt behalten und sich weiterhin auf die Aufrüstung konzentrieren wird. Nach dem jüngsten Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri stiegen die deutschen Militärausgaben allein im vergangenen Jahr um 28 Prozent auf 88,5 Milliarden Dollar (77,6 Milliarden Euro). Damit liegt Deutschland weltweit an vierter Stelle hinter den USA, China und Russland.
SPD-Chef Lars Klingbeil wird aller Voraussicht nach das Finanzministerium übernehmen. Er wird die Aufgabe haben, den explodierenden Militärhaushalt und die Folgen des internationalen Handelskriegs durch Kürzungen bei Renten, Sozialleistungen und im Gesundheitswesen zu finanzieren.
Klingbeil ist auch ein Militarist. Als Sohn eines Berufssoldaten wuchs er auf dem Munsterer Militärstützpunkt im Schatten von Kasernen, Panzern und Kampfflugzeugen auf und engagiert sich heute, nach einer jugendlichen Protestphase, wieder voll und ganz für die Aufrüstung der Bundeswehr.
Übersetzt mit Deepl.com
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