Die Rückkehr des deutschen Militarismus führt zum ersten nationalen Veteranentag

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Die Rückkehr des deutschen Militarismus führt zum ersten nationalen Veteranentag

Johannes Stern

@JSternWSWS

  • 18. Juni 2025

Am 15. Juni fand in Deutschland der erste nationale Veteranentag statt – ein finsterer Meilenstein in der Rückkehr des deutschen Militarismus. Unter der Schirmherrschaft der Bundesregierung und der Bundeswehr wurde dieser Tag mit über 100 Veranstaltungen im ganzen Land begangen. Im Mittelpunkt stand eine offizielle Feierstunde in Berlin, begleitet von militärischen Vorführungen in Städten wie Hamburg und Kiel und einer Liveübertragung aus der neu stationierten Kampfbrigade der Bundeswehr in Litauen.

Mitglieder der deutschen Armee nehmen an einer Feier zum 106. Jahrestag des litauischen Militärs am Tag der Streitkräfte in Vilnius, Litauen, am Samstag, 23. November 2024, teil. [AP Photo/Mindaugas Kulbis]

Der neue Feiertag zielt auf nichts Geringeres als die ideologische Verankerung des Militärs in der Gesellschaft – in Vorbereitung auf neue imperialistische Kriege und die Unterdrückung wachsender sozialer Unruhen im Inland.

Genau wie in den Vereinigten Staaten, wo Donald Trump das Militär und die Nationalgarde gegen Proteste einsetzt, arbeitet auch die herrschende Klasse Deutschlands mit Hochdruck am Aufbau eines autoritären Staates. Die Bundeswehr spielt dabei eine zentrale Rolle. Der Veteranentag soll die tief verwurzelte Ablehnung des Militärs, die aus den Verbrechen des deutschen Imperialismus in zwei Weltkriegen herrührt, untergraben und durch eine Kultur der Soldatenverehrung ersetzen.

In Hamburg marschierten Hunderte von Offiziersanwärtern auf den Stadtplatz, um vor Verteidigungsminister Boris Pistorius und Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (beide SPD) zu Leutnants befördert zu werden. Das martialische Spektakel wurde von Scharfschützen auf den Dächern gesichert – ein deutliches Zeichen dafür, wie entfremdet die herrschende Klasse von der Bevölkerung ist und wie sehr sie auf Gewalt und Repression angewiesen ist, um ihre militaristische Agenda durchzusetzen.

In seiner Rede bei der zentralen Feier in Berlin bezeichnete Pistorius den Tag als „Tag der Anerkennung und Wertschätzung“ für die Truppen. Er machte keinen Hehl daraus, dass es darum geht, das Militär dauerhaft im gesellschaftlichen Leben zu verankern – und die Bevölkerung ideologisch auf künftige Kriege vorzubereiten. „Damit diese Bereitschaft nicht verloren geht – auch nicht in künftigen Generationen –, brauchen wir endlich eine Veteranen-Kultur in Deutschland“, erklärte er, „denn sie schafft genau diese Sichtbarkeit.“

Der Veteranentag dürfe nicht nur ein symbolisches Ereignis bleiben, betonte Pistorius. Was gebraucht werde, seien „mehr Sichtbarkeit, mehr Anerkennung und mehr konkrete Symbole“. Ein solches Symbol ist das „Veteranenabzeichen“, das bereits an über 110.000 Soldaten verliehen wurde. Ziel ist es, militärisches Denken, Auftreten und Selbstverständnis in den Alltag zu integrieren – Soldaten sollen wieder als Helden des Vaterlandes sichtbar werden, im öffentlichen Raum, am Arbeitsplatz, in Schulen und Universitäten.

Die Parallelen zur Vergangenheit sind unübersehbar. Der Veteranentag weckt Erinnerungen an den Heldenkult im Deutschen Reich und unter den Nazis, wo kultisch verehrte „Kriegshelden“ gefeiert wurden, um die Gesellschaft für neue Eroberungskriege zu mobilisieren. Die heutige Politik mag rhetorisch vorsichtiger sein, aber sie verfolgt dasselbe Ziel: die totale Mobilisierung der Bevölkerung für imperialistische Raubzüge.

Dieses Ziel wurde bereits in den im Herbst 2023 verabschiedeten Verteidigungspolitischen Leitlinien klar formuliert. Darin heißt es: „Die Bundeswehr wird den wechselseitigen und kontinuierlichen Austausch mit der Gesellschaft pflegen und das Verständnis dafür fördern, dass die Landesverteidigung eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft ist. Eine aktive, gesellschaftlich getragene Veteranen- und Erinnerungskultur ist eine ständige Aufgabe.“

Mit anderen Worten: Die Gesellschaft soll militarisiert werden. Von jedem wird ein Beitrag erwartet – sei es durch direkte Beteiligung, ideologische Unterstützung oder die Akzeptanz militärischer Gewalt im In- und Ausland.

Die Verteidigungspolitischen Leitlinien, die nun als Blaupause für die Merz-Regierung dienen, fassen die neue Ausrichtung der deutschen Verteidigungspolitik zusammen: „Kampfbereitschaft als Leitprinzip“. Das bedeutet, dass die Bundeswehr personell, technologisch und psychologisch auf Kriege mit einem „Nahe-Gleichen-Gegner“ vorbereitet sein muss, also auf direkte Konfrontationen mit Russland oder China oder sogar, falls nötig, mit den Vereinigten Staaten.

„Unsere Landesverteidigung erfordert eine kampffähige Bundeswehr“, heißt es in den Leitlinien. Das bedeutet, „dass Personal und Ausrüstung auf die Anforderungen ihrer anspruchsvollen Aufgaben ausgerichtet sein müssen“. Maßstab ist „die ständige Bereitschaft zum Einsatz mit dem Ziel, in hochintensiven Kämpfen erfolgreich zu sein“. Die Konfrontation mit einem „Near-Peer-Adversary“ ist nicht nur etwas, „das wir gewinnen wollen, sondern das wir gewinnen müssen“.

Das Konzept der „Einsatzbereitschaft“ zieht sich durch das gesamte sicherheitspolitische Denken der Bundesregierung. Es umfasst nicht nur die Aufrüstung der Bundeswehr, sondern auch die Neuausrichtung aller Bereiche der Gesellschaft auf Kriegsfähigkeit – von der Wirtschaft über die Bildung bis hin zur Kulturpolitik.

Ein besonders deutliches Symbol für diesen Kurs war die Live-Übertragung der Berliner Zeremonie aus der Bundeswehrbrigade in Rukla, Litauen. Nur wenige Wochen zuvor hatte die Bundesregierung mit großem propagandistischem Aufwand die erste dauerhafte Stationierung deutscher Kampftruppen im Ausland seit dem Zweiten Weltkrieg gefeiert. Pistorius und Merz leiteten die Zeremonie, begleitet von Leopard-Panzern, Haubitzen, Kampfjets und wehenden Fahnen. Es wurde als „Dienst für Frieden, Freiheit und Sicherheit“ präsentiert. In Wirklichkeit ist der Einsatz Teil der umfassenderen Kriegsvorbereitungen der NATO gegen Russland.

Die Symbolik ist unübersehbar: Deutsche Soldaten in deutscher Uniform, mit deutschen Flaggen und deutscher Technik sind wieder im Osten stationiert – nur 30 Kilometer von der belarussischen Grenze und etwas mehr als 100 Kilometer von der russischen Enklave Kaliningrad entfernt. Achtzig Jahre nach Hitlers Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion rollen wieder deutsche Panzer über osteuropäischen Boden. Dass diese revanchistische Wende in der deutschen Außenpolitik in Berlin fast ohne Widerspruch erfolgt, zeigt, wie einig alle etablierten Parteien hinter dem deutschen Militarismus stehen.

Deutschlands neue Kriegspolitik wird von allen Parteien im Bundestag unterstützt. Der gemeinsame Antrag zur Einführung eines Veteranentags im April 2024 wurde von SPD, FDP, CDU/CSU und den Grünen eingebracht. Die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD), die seit langem eine Rückkehr zur soldatischen Heldenverehrung des Kaisers und des Dritten Reiches fordert, sieht ihre Agenda bestätigt. Die anderen Bundestagsparteien haben ihre Forderungen faktisch umgesetzt.

Die Linkspartei versucht unterdessen, den massiven Widerstand mit symbolischer Kritik – wie geringfügigen Einwänden gegen den Volkstrauertag – abzulenken, unterstützt aber in Wahrheit ebenfalls den Kriegskurs. Sie stimmte im Bundesrat für die massive Aufstockung der Kriegskredite um 1 Billion Euro und half dann Friedrich Merz auf seinem Weg zum Kanzler. In entscheidenden Momenten stellt sie sich klar auf die Seite der herrschenden Klasse.

Der erste nationale Volkstrauertag ist daher weit mehr als eine symbolische Geste. Er markiert eine Eskalation der Militarisierung der deutschen Innen- und Außenpolitik. Während sich die sozialen, wirtschaftlichen und geopolitischen Spannungen weltweit verschärfen, bereitet sich die deutsche Bourgeoisie auf Krieg im Ausland und Repression im Inland vor. Die Militarisierung des öffentlichen Lebens, die ideologische Konditionierung der Gesellschaft und die Umwandlung der Bundeswehr in eine „einsatzfähige“ Armee sind Zeichen eines umfassenden autoritären Projekts.

Die Arbeiterklasse muss sich diesem Kurs entschlossen entgegenstellen. Die Verherrlichung des Militarismus, die systematische Kriegspropaganda und die Umwandlung der Gesellschaft in eine Kriegsmaschine können nur durch eine internationale Bewegung der Arbeiterklasse gestoppt werden – auf der Grundlage eines sozialistischen Programms, das den Kampf gegen den Krieg mit dem Kampf gegen den Kapitalismus verbindet.

Übersetzt mit Deepl.com

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