
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9982
„Eine Wende in der Geschichte“
EU beschließt erste, vorerst folgenlose Maßnahmen gegen Israel. Die Bundesregierung war dagegen, konnte den Schritt aber nicht mehr verhindern. Anlass ist die Hungerblockade – und der sich konkretisierende Plan, Gazas Bevölkerung zu vertreiben.
BRÜSSEL/BERLIN/TEL AVIV (Eigener Bericht) – Gegen den Willen Deutschlands hat die EU am Dienstag erste, vorerst noch folgenlose Maßnahmen gegen Israel beschlossen. Anlass ist die israelische Kriegsführung im Gazastreifen, die zum einen – mit einer totalen Blockade von Lebensmittellieferungen – eine Hungersnot provoziert, zum anderen die Bevölkerung in den Süden des Territoriums zwingt, wo sie zur Ausreise genötigt werden sollen. „Dies ist eine Wende in der Geschichte“, wird Israels Finanzminister Bezalel Smotrich zitiert. Der Plan hat in den vergangenen Tagen erste Konsequenzen seitens europäischer Staaten hervorgerufen. Frankreich und Großbritannien denken laut einer gemeinsam mit Kanada verabschiedeten Erklärung über „Maßnahmen, darunter gezielte Sanktionen“ gegen Israel nach; London hat seine Freihandelsgespräche mit dem Land eingefroren. Die EU hat sich am Dienstag auf eine Überprüfung ihres Assoziierungsabkommens mit Israel geeinigt. Berlin war zwar dagegen, konnte den Schritt aber nicht verhindern. Der Vorsitzende des israelischen Parteienbündnisses The Democrats warnt, das Vorgehen der israelischen Regierung mache Israel zum Pariastaat und bringe seine Existenz in Gefahr.
„Bilder vermeiden“
Israel hat seine Angriffe im Gazastreifen in den vergangenen Tagen erneut dramatisch ausgeweitet. Seit der Wiederaufnahme der Bombardements am 18. März kamen durch sie mindestens 3.300 Menschen zu Tode; die Gesamtzahl der Todesopfer in Gaza seit dem 7. Oktober 2023 wird auf annähernd 53.500 Menschen geschätzt, darunter nach UN-Angaben mehr als 28.000 Frauen und Mädchen.[1] Die israelische Regierung hat angekündigt, ihre Offensive weiter verschärfen zu wollen. Auch die Blockade der Hilfslieferungen für die Bevölkerung dauert faktisch an. Israel gibt zwar offiziell an, wieder Transporte zuzulassen, begrenzte deren Zahl aber am Montag auf fünf. Vor Kriegsbeginn trafen laut UN-Angaben täglich 500 Transporte im Gazastreifen ein. Am Dienstag warnte UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher, werde die Zahl der Hilfslieferungen nicht erhöht, dann könnten binnen 48 Stunden bis zu 14.000 Säuglinge und Kleinkinder sterben.[2] Daraufhin hieß es aus Israel, man werde die Zahl der genehmigten Transporte am Dienstag womöglich auf bis zu 100 steigern. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gibt an, Washington habe gewarnt, sollten „Bilder einer massenhaften Hungersnot“ öffentlich werden, dann könne man Israel „nicht mehr unterstützen“. „Deshalb“, erklärte Netanjahu am Montag, „müssen wir das Problem irgendwie lösen“.[3] Weiterlesen in german-foreign-policy.com
Kommentar hinterlassen
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.