„Man kann nicht neutral sein“ Interview mit David Goeßmann aus der Rabe Ralf

Ich dankke David Goeßmann für die Zusendung seines  interssanten Interviws mit dem Raben Ralf.

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„Man kann nicht neutral sein“

Aus DER RABE RALF August/September 2024, Seiten 14/15

Der Journalist David Goeßmann über Wagenknecht, Klimaflucht, Verschwörungen und alternative Medien

David Goeßmann. (Foto: privat)

David Goeßmann ist Journalist und Medienkritiker. Er beschäftigt sich unter anderem mit Klimapolitik und Fragen der globalen Gerechtigkeit. Goeßmann ist Autor zahlreicher Bücher, zu den letzten zählen: „Von links bis heute: Sahra Wagenknecht“ (2019), „Die Erfindung der bedrohten Republik. Wie Flüchtlinge und Demokratie entsorgt werden“ (2019) und „Kurs Klimakollaps. Das große Versagen der Politik“ (2021). Der Rabe Ralf sprach mit ihm über Zeitenwenden, echte und falsche Alternativen und die eigene Zunft.

Der Rabe Ralf: Herr Goeßmann, Ihr 2019 erschienenes Buch über Sahra Wagenknecht liefert eine fundierte Analyse des ideologischen Werdegangs dieser Politikerin. Sie verzichten darin auf biografische Anekdoten und psychologische Deutungen und stellen Wagenknechts Entwicklung in den Kontext der (ost)deutschen Ideen- und Mentalitätsgeschichte. Obwohl Sie damals noch nichts von der Parteigründung wissen konnten, wirkt ihr Buch immer noch aktuell. Gibt es trotzdem etwas, das Sie ihm heute gerne hinzufügen würden? Müsste das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) ein eigenes Kapitel bekommen oder ist es nichts weiter als die logische Konsequenz aus Wagenknechts Gang „von links bis heute“?

David Goeßmann: Letztlich ist es eine persönliche und strategische Entscheidung von Sahra Wagenknecht gewesen, eine neue Partei zu gründen. Ich glaube nicht, dass das ihre innere, intellektuelle Entwicklung entscheidend verändern wird. Wie ich im Buch zeige, hat Wagenknecht als eine der wenigen Spitzenpolitikerinnen und -politiker in Deutschland schon früh ein ausformuliertes ideologisch-politisches Koordinatensystem entwickelt. Seit den 1990er-Jahren hat sie die verschiedenen Aspekte ihres Gedankengebäudes in Büchern ausgedrückt, und dieses hat sich kaum verändert.

Wenn man es auf einen Begriff bringen will, ist Sahra Wagenknecht eine konservative, auf Markt, Leistung und Nation orientierte Sozialdemokratin mit einer friedenspolitischen Perspektive, sie nennt das „innovativen Sozialismus“. Es mischen sich progressive mit rückwärtsgewandten bis reaktionären Vorstellungen bei ihr, wie Gesellschaft und Wirtschaft organisiert werden sollen. Sicherlich gibt es bei ihr Entwicklungen über die Zeit, Modifikationen, in Einzelfragen auch klare Kursänderungen, zum Beispiel in der Flüchtlingspolitik. Doch diese Neupositionierungen laufen in ihrem Koordinatensystem ab. Die Hauptelemente sind Marktwirtschaft und Konkurrenz, Honorierung durch das Leistungsprinzip, hierarchische Ordnung von Wirtschaft und Politik, Vorrang des Ökonomischen und Nationalen. Mit der Zeit werden bestimmte Grundpositionen im parteipolitischen Alltag stärker von Wagenknecht betont, verschärfen sich, andere rücken in den Hintergrund, erweisen sich als zweitrangig oder als vorübergehende Anpassung an den „linken Zeitgeist“. So hat Wagenknecht um die Jahrtausendwende, als die Globalisierungskritik einen Aufschwung erfuhr, von Selbstverwaltung der Betriebe und radikaldemokratischen Utopien gesprochen. Das ist heute alles verschwunden. Weiterlesen bei grueneliga-berlin.de

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