Nicht von dieser Welt Leon Wystrychowski

Dank an Leon Wystrychowski für die Zusendung seines Artikel aus der UZ

Nicht von dieser Welt

572 Tage sind vergangen, seit Israels Regierung die „Gunst der Stunde“ nach der palästinensischen Militäroffensive vom 7. Oktober 2023 genutzt hat, um einen

Nicht von dieser Welt

Leon Wystrychowski

  1. April 2025

Internationale Empörung über Völkermord in Gaza, Deutschland unterdrückt weiter Palästinasolidarität

572 Tage sind vergangen, seit Israels Regierung die „Gunst der Stunde“ nach der palästinensischen Militäroffensive vom 7. Oktober 2023 genutzt hat, um einen Vernichtungskrieg gegen den Gazastreifen vom Zaun zu brechen. Die sogenannte „Weltgemeinschaft“ hat bis heute nichts unternommen, um diesen Völkermord zu stoppen. Direkt eingegriffen haben lediglich der Jemen, die libanesische Hisbollah und irakische Milizen. Indirekt eingegriffen haben Länder wie Südafrika und Nicaragua, indem sie Israel und seine Komplizin, die Bundesrepublik Deutschland, vor den Internationalen Gerichtshof gebracht haben.

Aber die Mehrheit der Welt schaut zu. Und sie ist entsetzt, empört und offensichtlich hilflos. Wer aber ist diese „Mehrheit der Welt“? Es sind vor allem die Völker der Welt, die Bevölkerungen in den verschiedenen Ländern – von Großbritannien bis Japan, von Irland bis Südafrika, von den USA bis Ägypten, von Marokko bis Indonesien. Dort gehen seit 572 Tagen regelmäßig Millionen Menschen auf die Straßen, um ein Ende des Genozids zu fordern. Zu dieser „Welt“ gehören auch einige Regierungen, die – in unterschiedlichen Maßen – solidarisch mit den Palästinensern sind: Neben dem Jemen sind vor allem Iran und die Volksrepublik Korea, Südafrika und Nicaragua, Kuba und Venezuela, Algerien und Spanien, China und zu einem gewissen Grad auch Russland zu nennen.

Wer eindeutig nicht zu dieser „Welt“ gehört ist Deutschland. Oder besser gesagt: SPD, CDU, CSU, Grüne, FDP, AfD und weite Teile der Linkspartei, die staatlichen Institutionen, die Leitmedien und ein großer Teil des Wissenschaftsapparats hierzulande. Denn dieses Deutschland schaut in einer Art weg, die man nur noch mit Adjektiven aus der Psychologie betiteln kann: manisch, psychotisch, wahnhaft. Bis heute verbreiten große Medien, Politiker und Behörden Gräuelmärchen über den 7. Oktober: über Massenvergewaltigungen, ermordete Babies und so weiter. Während diese Lügen draußen in der Welt bereits im Oktober 2023 entlarvt wurden, gelten sie im Paralleluniversum Deutschland bis heute als wahr.

Diese Scheinwelt bröckelt, sobald man aufhört, nur die deutsche Propagandapresse von „Bild“ bis ZDF zu konsumieren. Doch sie wird mit aller Gewalt aufrechterhalten. Und dazu gehört neben einem „kritischen“ Alibi-Beitrag bei „Monitor“ oder „Panorama“ dann und wann als Zuckerbrot vor allem die Peitsche der medialen und staatlichen Repression: Wer von Apartheid und Völkermord spricht, wird als „Antisemit“ medial gelyncht, wer vom Recht auf Widerstand spricht, zum „Terror-Unterstützer“ erklärt. Wer ein freies Palästina „vom Fluss bis zum Meer“ fordert, wird von der Polizei verprügelt und vor Gericht gezerrt. 5.000 Anzeigen gibt es bislang allein in Berlin. Organisationen wie Samidoun und Palästina Solidarität Duisburg (PSDU) wurden verboten und weitere Verbote werden vorbereitet. Und nun sollen auch noch Palästinenser und propalästinensische Aktivisten abgeschoben werden.

Gleichzeitig können Medienmacher öffentlich israelische Terroranschläge im Libanon feiern und Annalena Baerbock (Grüne) darüber schwadronieren, wann Schulen bombardiert werden dürfen. Beides dürften Billigungen von Kriegsverbrechen nach Paragraf 140 des Strafgesetzbuches (StGB) darstellen. Als Friedrich Merz (CDU) erklärte, Netanjahu nach Deutschland einladen und den internationalen Haftbefehl gegen ihn umgehen zu wollen, wird er sich wohl der Ankündigung einer Straftat nach Paragraf 126 StGB schuldig gemacht haben. Aber die deutsche Staatsanwaltschaft wurde nicht aktiv. Genauso wenig wie gegen einen in Berlin lebenden Deutsch-Israeli, der an Kriegsverbrechen in Gaza beteiligt gewesen sein soll. Von den deutschen Waffenlieferungen für den Genozid ganz zu schweigen.

Die deutsche Bevölkerung ist zwischen der realen und der Parallelwelt Deutschland gefangen: 80 Prozent lehnen das israelische Vorgehen ab und sind gegen deutsche Waffenlieferungen. Doch die wenigsten gehen deshalb auf die Straße. Dafür gibt es viele Gründe: Angst, Spaltung, Vorurteile, Ohnmachtsgefühle. Aber wohl vor allem auch die Tatsache, dass die Menschen verlernt haben, zu kämpfen – für die eigenen Löhne und erst Recht für die Belange anderer. Der langsam zunehmende Protest gegen die Aufrüstung gibt Hoffnung. Doch müssen die Menschen hierzulande begreifen, dass ihr Schicksal nicht zu trennen ist von dem, was in Palästina passiert. Die antipalästinensische Repression und die Unterstützung der Herrschenden für den Genozid sind Teil der deutschen Militarisierungs- und Kriegspolitik. Mit keinem anderen Thema werden aktuell derart massiv Grundrechte wie Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit angegriffen und abgeschafft. Wer „Nie wieder Krieg“ sagt, muss auch „Stoppt den Völkermord“ sagen. Wer „Frieden mit Russland“ fordert, muss auch „Freiheit für Palästina“ fordern.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

Entdecke mehr von Sicht vom Hochblauen

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen