Offener Brief an Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE

Gastbeitrag Lorenzo Salomons

Kommentar Mathias Döpfner: Entweder wir stehen zusammen. Oder wir fallen

Der ultimativ vorgetragene „Friedensplan“ für die Ukraine ist – wenn stimmt, was darüber berichtet wird – schlimmer als die schlimmsten Befürchtungen.

Widerspruch zu Ihrem Appell „Entweder wir stehen zusammen. Oder wir fallen.“

Offener Brief an Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE

Guten Tag, Herr Döpfner,

am 23. April titelten Sie Ihren Artikel in Bild „Entweder wir stehen zusammen. Oder wir fallen.“
Und führten zu den sich in den Absprachen zwischen Washington und Moskau abzeichnenden Details eines Friedensabkommens in der Ukraine aus „Wenn Putin damit durchkommt (gemeint war die offizielle Anerkennung der Krim als russisches Territorium) und zusätzlich noch ein paar andere Gebiete der Ukraine kontrolliert, und die Ukraine nicht in de NATO kommt, hat er alles und mehr erreicht, als er je erträumte. Sowie: „Wer zu diesem Plan Ja sagt, versündigt sich für immer an jeder Art von Völkerrecht und territorialer Integrität. Die Lektion für andere Autokratien von China bis Iran ist: Wer nur aggressiv und gewaltsam genug auftritt, erreicht seine Ziele – Die Annexion Taiwans, die Zerstörung Israels“.

Doch Ihre Sicht ist einseitig und falsch.
Gerade das Völkerrecht unterscheidet eben nicht, ob es von einer Autokratie oder einer Demokratie gebrochen wird.  (Wobei die Grenzen zwischen den Regierungsformen – selbst innerhalb der EU – fließend sind und Autokratien sich auf Grund historischer und geopolitischer Bedingungen entwickelt haben, die zudem meist von westlichen Imperien mitverursacht worden sind).
Deswegen: Wo war Ihr Appell im Angriffskrieg der USA gegen den Irak oder gegen die deutsche Beteiligung in einem Krieg, der das Kosovo von Jugoslawien abtrennte?

Und auch die Europäische Sicherheitscharta von Istanbul von 1999 gilt für alle Unterzeichnerstaaten gleich.
Diese OSZE-Verträge waren Ihnen aber stets egal wenn Russland immer wieder, zuletzt in 2021, deren Einhaltung mit Blick auf die Verletzung russischer Sicherheitsinteressen durch die USA und NATO  (u.a. durch die Ausbreitung des westlichen Militärbündnisses bis an seine Grenzen, verschärft noch durch  die Ukraine, sowie die Stationierung von US-Raketenbasen in Polen und Rumänien) gefordert hatte.

Weiterer Punkt. Die Vereinbarungen für einen friedlichen Übergang zu Neuwahlen in der Ukraine im Februar 2014 haben neben Frankreich auch Deutschland garantiert.
Auch für diese Garantien haben Sie sich niemals eingesetzt, als die Opposition mit Hilfe bewaffneter rechtsradikaler, darunter neonazistischer Kräfte, die aus freien Wahlen hervorgegangene Regierung Janukowitsch gewaltsam gestürzt hat.

Außerdem. In den auch mit Hilfe Frankreichs und Deutschlands ausgehandelten und ebenfalls völkerrechtlich verbindlichen Verträgen von Minsk I und II wurden zahlreiche Maßnahmen zur Befriedung der Regionen Donezk und Luhansk vereinbart.
Haben Sie jemals dagegen protestiert, dass diese erklärtermaßen von 3 der 4 Vertragsparteien mit dem Ziel geschlossen wurden, sie niemals einzuhalten?

Und schließlich. Im April 2022, wenige Wochen nach Beginn des russischen Einmarsches in der Ukraine, hatten Kiew und Moskau ein nahezu unterschriftsreifes Friedensabkommen ausgehandelt. Bei diesem hätte die Ukraine die Gebiete im Süden und Osten behalten und selbst die Krim wäre möglicherweise wieder in einigen Jahren zur Ukraine gekommen.
Von diesem fast fertigen Abkommen hat sich Kiew nach einem Besuch von Boris Johnson zurückgezogen.
Warum haben Sie sich damals nicht für das Abkommen, das die territoriale Integrität der Ukraine bewahrte, eingesetzt?

Ich will Ihnen sagen, warum. Entweder hat Sie, wie ein großer Teil der deutschen Politik und Medien, eine Massenpsychose erfasst, welche auf der Dämonisierung Putins und Russland gründet oder Sie gehören zu denen, die einen Sieg über Russland durch weitere militärische Eskalation anstreben und dabei die Entfesselung eines Atomkriegs mit der Zerstörung Deutschlands billigend in Kauf nehmen.

Abschließend ein Satz zur angeblichen Bedrohung Israels durch ein Abkommen zwischen Kiew und Moskau.
Die Existenz Israels, wie umgekehrt auch des Irans, sind davon in keinster Weise betroffen, sie hängen ausschließlich von militärischer Stärke ab, wobei Israel die der USA zur Verfügung hat. So sehr ich auch das Existenzrecht Israels vertrete, sehe ich darin jedoch keinen Freibrief für einen Völkermord an den Palästinensern und wünschte mir hierzu auch ein klares Wort Ihrerseits.

Mit besorgten Grüßen

L. Salomons
Minden/Westf., jetzt Banska Bystrica/Slowakei

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