Razzia und Schließung der Konferenz gegen den Völkermord im Gazastreifen durch die Berliner Polizei Tamino Dreisam, Peter Schwarz

Berlin police raid and shut down conference opposing Gaza genocide

On Friday afternoon, Berlin witnessed scenes reminiscent of the era of the Nazi regime. Hundreds of police officers terrorised a Palestine Congress, which was directed against the Israeli genocide in Gaza, eventually banning it altogether.

Razzia und Schließung der Konferenz gegen den Völkermord im Gazastreifen durch die Berliner Polizei

Tamino Dreisam, Peter Schwarz

13. April 2024

Am Freitagnachmittag spielten sich in der deutschen Hauptstadt Berlin Szenen ab, die an die Zeit des Naziregimes erinnerten. Hunderte von Polizisten terrorisierten einen Antikriegskongress, der sich gegen den israelischen Völkermord in Gaza richtete, um ihn nach zwei Stunden aufzulösen und zu verbieten.

Deutsche Polizei bei der Verhaftung des Sprechers der Jüdischen Stimme für den Frieden, Udi Raz, 12. April 2024. (Foto: @AliAbunimah)

Zu dem von der Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden im Nahen Osten organisierten Kongress, an dem mehrere propalästinensische Organisationen teilnehmen, wurden prominente Redner erwartet. Zu ihnen gehörten der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis, der irische Abgeordnete Richard Boyd Barrett, der britisch-palästinensische Arzt und Rektor der Universität Glasgow Ghassan Abu-Sitteh, der 86-jährige Palästina-Experte Salman Abu Sitta, ein ehemaliges Mitglied des Palästinensischen Nationalrats, der jüdische Filmemacher Dror Dayan und der palästinensische Journalist Hebh Jamal.

Die Medien und das politische Establishment haben im Vorfeld eine bösartige Verleumdungskampagne gegen den Kongress entfesselt. Von der Bild-Zeitung bis zum „seriösen“ Tagesspiegel wurden die Teilnehmer als „Israel-Hasser“ denunziert. Bild titelte am Freitagmorgen: „Kongress der Israel-Hasser. Diese Terroristenfans treten heute in Berlin auf.“

Ein parteiübergreifendes „Bündnis gegen antisemitischen Terrorismus“, dem Politiker von der rechten CDU/CSU bis zur Linkspartei angehören, erklärte, der Kongress werde „antisemitischen Hass verbreiten“ und Berlin dürfe nicht „zum Zentrum der Terrorverherrlichung“ werden. Für die Linkspartei unterzeichneten der ehemalige Berliner Kultursenator Klaus Lederer und die ehemalige Berliner Arbeitssenatorin Elke Breitenbach den Aufruf.

Die Polizei handelte entsprechend. Ghassan Abu-Sitteh wurde am Berliner Flughafen die Einreise verweigert. Der Arzt, der nach Kriegsbeginn im Al-Shifa-Krankenhaus in Gaza gearbeitet und dem Spiegel am 6. Dezember ein erschütterndes Interview über seine schrecklichen Erlebnisse dort gegeben hatte, sollte am Abend auf dem Kongress einen Vortrag halten. Stattdessen wurde ihm mitgeteilt, dass er bis zum 14. April nicht nach Deutschland einreisen dürfe.

Als am Freitagmorgen der Ort des Kongresses bekannt gegeben wurde (die Organisatoren hatten ihn aus Sicherheitsgründen geheim gehalten), wurde ein großes Polizeiaufgebot mobilisiert. Von den für das gesamte Kongresswochenende vorgesehenen 2.500 Polizisten umstellten fast 900 die Kongresshalle in Tempelhof und errichteten Absperrungen. An einer von der CDU und zionistischen Gruppen organisierten Gegendemonstration gegen den Kongress nahmen etwa 25 Personen teil.

Unter dem Vorwand der „Brandschutzbestimmungen“ schränkte die Polizei den Zugang zur Kongresshalle ein. Obwohl der Saal für 1.000 Personen ausgelegt ist, ließen sie nur 250 Personen hinein. Die Warteschlange von weiteren 250 Personen, die nicht eingelassen wurden, wurde von der Polizei kurzerhand als Versammlung eingestuft, die bis 15.00 Uhr aufgelöst werden musste. Gleichzeitig nahm die Polizei Wartende fest, darunter ein Mitglied der Jüdischen Stimme, das ein Transparent mit der Aufschrift „Juden gegen Völkermord“ hochhielt.

Während den angemeldeten Teilnehmern der Zugang zur Versammlung verwehrt wurde, schleuste die Polizei mehrere Dutzend nicht akkreditierte Journalisten durch einen Hintereingang in das Gebäude, von denen die meisten von der Springer-Presse kamen, die am stärksten gegen den Kongress agitierte.

Uniformierte und bewaffnete Polizeibeamte waren auch im Tagungsraum, um die Teilnehmer einzuschüchtern. Wegen der Behinderungen durch die Polizei konnte der Kongress erst mit großer Verspätung beginnen. Der Vorwand für die Auflösung des Kongresses war ein Videovortrag von Salman Abu Sitta, dem ebenfalls der Zutritt verwehrt worden war.

Abu Sitta, der 1948 als Kind aus Palästina vertrieben wurde, hat sein Leben der Sache der Palästinenser gewidmet und sich an öffentlichen Debatten mit israelischen Friedensaktivisten wie Uri Avnery und Rabbi Michael Lerner beteiligt.

Zwei Minuten nach Beginn des Videovortrags stürmten 30 bis 40 Polizeibeamte gegen halb fünf Uhr das Podium, um die Übertragung zu blockieren. Als Begründung führten sie angeblich illegale Inhalte an. Anschließend drangen die Polizisten gewaltsam in den Regieraum ein und schalteten Strom und Licht im Kongresssaal aus, um den Livestream vom Kongress zu unterbrechen.

Weniger als eine Stunde später, um 17:24 Uhr, löste die Polizei den Kongress auf und forderte die Teilnehmer auf, den Tagungsraum zu verlassen. Die Polizei nannte vor Ort keinen Grund für diese Maßnahme. Später begründete sie ihre Willkür mit der Gefahr, dass Redner den Holocaust leugnen oder Gewalt verherrlichen könnten.

Kurze Zeit später wurde Udi Raz, Vorstandsmitglied der Jüdischen Stimme für den Frieden und Mitorganisator des Palästina-Kongresses, verhaftet. In einem Interview mit der Jungen Welt berichtete sie, dass ihre Verhaftung damit begründet wurde, dass sie einen Polizeibeamten als antisemitisch bezeichnet habe und dies als Beleidigung empfunden worden sei.

Die Polizeieinsätze im Stil einer Diktatur waren eng mit der Berliner Landesregierung und der Bundesregierung abgestimmt. Im Zusammenhang mit dem Palästina-Kongress kündigte Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) im Vorfeld im Innenausschuss an, er werde „alles tun, um Straftaten wie Volksverhetzung und das Verwenden verbotener Symbole zu verhindern“.

Berlins Bürgermeister Kai Wegner (CDU) bedankte sich am Freitagnachmittag bei der Polizei „für ihr entschlossenes Eingreifen bei dieser Hassveranstaltung“. Es sei deutlich gemacht worden, „welche Regeln in Berlin gelten“. Wegner weiter: „Wir haben deutlich gemacht, dass Hass auf Israel in Berlin keinen Platz hat. Wer sich nicht daran hält, wird die Konsequenzen spüren.“

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sagte: „Ich stehe voll hinter der Entscheidung der Polizei.“ Und das von Nancy Faeser (SPD) geführte Bundesinnenministerium schrieb im Vorfeld des Kongresses auf Twitter: „Es ist gut, dass die Berliner Polizei ein hartes Durchgreifen beim sogenannten Palästina-Kongress in Berlin angekündigt hat. Wir behalten die islamistische Szene sehr genau im Auge.“

Auch die Jugendorganisationen von SPD, CDU/CSU, Freien Demokraten und Grünen unterstützten den Polizeieinsatz. Im Vorfeld des Kongresses veröffentlichten sie eine gemeinsame Erklärung „gegen Antisemitismus und Terrorismusverherrlichung“, die angeblich vom Kongress gefördert wird.

Die autoritären Methoden, mit denen die herrschende Klasse in Deutschland gegen den Palästina-Kongress vorgeht, sind untrennbar mit ihrer Rückkehr zum Militarismus verbunden. Es ist unmöglich, Deutschland „kriegsfähig“ zu machen, wie Verteidigungsminister Pistorius sagte, ohne Meinungsfreiheit und Demokratie abzuschaffen.

Deutschland ist nach den Vereinigten Staaten der größte Waffenlieferant Israels und der größte Geldgeber der Ukraine. Die Regierung ist dabei, Milliarden aus dem Sozial- in den Militärhaushalt umzuschichten und die Wehrpflicht wieder einzuführen, um Kanonenfutter für weitere Kriege zu haben. Obwohl nicht mehr geleugnet werden kann, dass Israel einen Völkermord an den Palästinensern begeht, unterstützt die Regierung das Netanjahu-Regime bedingungslos und kriminalisiert jede Opposition dagegen.

Der Angriff auf den Kongress richtet sich gegen die wachsende Opposition gegen diese Kriegspolitik. Laut einer aktuellen Umfrage lehnen 69 Prozent der deutschen Bevölkerung die israelischen Militäraktionen im Gazastreifen ab. Doch je größer der Widerstand in der Bevölkerung wird, desto heftiger schlägt die herrschende Klasse zu. Mit diktatorischen polizeistaatlichen Maßnahmen soll jeder eingeschüchtert werden, der dieses militaristische Programm ablehnt.

Übersetzt mit deepl.com

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