Verteidigt die Berlin4! Stoppt die Abschiebung von Völkermordgegnern!

https://www.wsws.org/en/articles/2025/04/18/olrd-a18.html

Rede auf der Kundgebung vor der Humboldt-Universität zu Berlin

Verteidigt die Berlin4! Stoppt die Abschiebung von Völkermordgegnern!

Katja Rippert

18. April 2025

Am Donnerstag, den 17. April, fand vor dem Hauptgebäude der Humboldt-Universität zu Berlin die Kundgebung „Verteidigt die Berlin4! Stoppt die Abschiebung von Völkermordgegnern!“ statt.

Die von der Internationalen Jugend und Studentenorganisation für soziale Gleichheit (IYSSE) und der AStA der Alice-Salomon-Hochschule Berlin organisierte Protestaktion richtete sich gegen die drohende Abschiebung von vier Aktivisten, die sich gegen den Völkermord in Gaza ausgesprochen hatten.

Obwohl sie von keinem Gericht verurteilt wurden, müssen die drei EU-Bürger und ein US-Bürger Deutschland bis zum 21. April verlassen. Andernfalls werden sie zwangsweise abgeschoben. Obwohl die Abschiebung eines der Berlin4 durch eine kürzlich ergangene Gerichtsentscheidung vorübergehend ausgesetzt wurde, sind sie weiterhin in Gefahr.

Wir veröffentlichen hier die Rede, die Katja Rippert im Namen der IYSSE auf der Kundgebung gehalten hat.

***

Liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen, Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde,

wir, die Internationalen Jugend- und Studentengruppen für soziale Gleichheit, haben zu dieser Kundgebung aufgerufen, um breite internationale Unterstützung für die Berlin4, die vier Aktivist*innen und Gegner*innen des Völkermords, zu mobilisieren und ihre drohende Abschiebung zu verhindern.

Der Angriff auf Shane O’Brien, Roberta Murray, Kasia Wlaszczyk und Cooper Longbottom ist ein Angriff auf uns alle!

Was ist das angebliche Verbrechen, für das sie kriminalisiert werden?

Alle vier haben gegen den Völkermord in Gaza protestiert, der nach offiziellen Angaben über 50.000 Menschenleben gefordert hat. Vor wenigen Tagen hat die israelische Armee erneut ein Krankenhaus in Gaza-Stadt bombardiert. Nach Angaben der UNO sind rund 500.000 Menschen – eine halbe Million – im Gazastreifen vertrieben worden.

Ausgerechnet hier in Deutschland sollen nun wieder Menschen abgeschoben werden, weil sie auf die Straße gegangen sind, um gegen Völkermord zu protestieren.

Mit haltlosen Anschuldigungen und einem beispiellosen Vorgehen, das normalerweise Schwerverbrechern vorbehalten ist, werden den vier Aktivisten ihre demokratischen Rechte entzogen.

Diese Repression gegen Kriegsgegner an Universitäten und bei Gaza-Protesten ist nur der Anfang. An den Berlin4 soll ein Exempel statuiert werden, um jede politische Opposition in Zukunft zu unterdrücken.

Ihre Verfolgung richtet sich gegen die gesamte Arbeiterklasse und Jugend. Zuerst gehen sie gegen protestierende Studenten, Einwanderer und Flüchtlinge vor. Wer ist als Nächstes dran? Streikende Arbeiter? Wehrdienstverweigerer?

Dies ist auch Teil der umfassenden Angriffe auf Migranten und Flüchtlinge in Deutschland. Der Koalitionsvertrag zwischen den Christdemokraten (CDU/CSU) und den Sozialdemokraten (SPD) zur Bildung der nächsten Regierung kündigt eine drastische Verschärfung der Asylpolitik an. Flüchtlinge aus Gaza sind bereits ins Visier genommen worden. Die deutschen Behörden haben Asylverfahren für palästinensische Asylbewerber aus Gaza ausgesetzt – mit der zynischen Begründung, die Lage vor Ort sei „unklar“.

Gestern hat das Bundesverwaltungsgericht die Abschiebung von zwei Flüchtlingen nach Griechenland genehmigt, obwohl ihnen dort unmenschliche Behandlung, Inhaftierung und katastrophale Bedingungen drohen. Das hat Auswirkungen auf Tausende von Asylfällen.

Wir müssen uns gegen diese Angriffe wehren: Stoppt die Abschiebung aller Flüchtlinge! Nein zur Hetze gegen Migranten! Verteidigt eure migrantischen Kolleg*innen und Kommiliton*innen gegen Abschiebung!

Der Fall der Berlin4 geht weit über die Grenzen Berlins hinaus. Er ist Teil einer internationalen Entwicklung. Der Handelskrieg eskaliert weltweit. Mit seinen neuen Zöllen bereitet Trump einen Weltkrieg vor. Im Inland schafft er die Rahmenbedingungen für eine Diktatur und zerstört alle Sozialprogramme.

An Universitäten in den USA werden Studierende wie Mahmoud Khalil, die friedlich gegen Völkermord demonstriert haben, verhaftet und inhaftiert.

Die herrschende Klasse in Amerika lässt, genau wie hier in Deutschland, die diktatorischen Methoden und willkürliche Kriminalisierung der Nazis wieder aufleben. Das dürfen wir nicht zulassen!

Wir stehen heute an einem historischen Ort. Im April 1933 begannen die Nazis, die Universitäten gewaltsam ihrer Ideologie unterzuordnen. Am 10. Mai 1933 verbrannten jubelnde Nazi-Studenten hier gegenüber – auf dem heutigen Bebelplatz – Bücher jüdischer und marxistischer Autoren: die Werke von Marx und Engels, die Romane und Gedichte von Heinrich Heine, Thomas Mann, Stefan Zweig und Erich Maria Remarque.

Die Bücherverbrennung von 1933 ist nicht nur eine düstere Erinnerung an die Vergangenheit, sondern eine hochaktuelle Warnung.

Heute erleben wir die Errichtung eines Polizeistaats, der darauf abzielt, Kriegsgegner, Sozialisten, Flüchtlinge und Migranten zu kriminalisieren und zum Schweigen zu bringen. Die Meinungsfreiheit wird mit Füßen getreten, Proteste gegen Völkermord werden niedergeschlagen.

Achtzig Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg unterstützt die deutsche Regierung Völkermord und rüstet in einem seit Hitler nicht mehr gesehenen Ausmaß auf. Bundestag und Bundesrat haben Kriegskredite in Höhe von über einer Billion Euro bewilligt.

Der designierte Kanzler Friedrich Merz will die Ukraine mit deutschen Taurus-Marschflugkörpern beliefern. Diese Drohung gegenüber Russland ist leichtsinnig und äußerst gefährlich.

Das Putin-Regime könnte die Lieferung und den Einsatz der Taurus-Waffe als Kriegserklärung interpretieren. Wer kann garantieren, dass Moskau nicht mit Angriffen auf deutsche Ziele reagieren wird?

Dieselben Politiker und Journalisten, die jedes Kriegsverbrechen Israels mit der Verantwortung Deutschlands für den Holocaust rechtfertigen, haben keine Skrupel, zum dritten Mal Krieg gegen Russland zu führen.

Gleichzeitig fördern sie die Umschreibung der Geschichte und die Relativierung der Nazi-Verbrechen. Hier an der Humboldt-Universität verharmlost der rechtsextreme Professor Jörg Baberowski Hitler und rechtfertigt den Vernichtungskrieg der Nazis gegen die Sowjetunion.

Die IYSSE kämpft für das Prinzip: Wissenschaft statt Kriegspropaganda! Keine Verharmlosung des Nationalsozialismus und keine Rüstungsforschung an unseren Universitäten!

Die Bundesregierung und alle kapitalistischen Parteien sowie die Gewerkschaftsführungen sind Komplizen dieser kriegstreiberischen Politik.

Im Bundesrat hat auch die Linkspartei die Aufrüstung gebilligt, sie verteidigt den Völkermord Israels und deportiert rigoros Flüchtlinge in allen Landesregierungen, an denen sie beteiligt ist.

Hier in Berlin haben viele junge Menschen die Linkspartei gewählt, weil sie sich als Gegnerin von Faschismus, sozialer Ungleichheit und Krieg präsentiert hat. Jetzt sind einige enttäuscht und verwirrt. Warum unterstützt die Linkspartei Völkermord? Warum stimmt sie für horrende Kriegsausgaben?

Es ist Zeit, alle Illusionen über die Linkspartei zu zerstreuen. Die Linkspartei hat nichts Linkes an sich, außer ihrem Namen. Sie ist eine prokapitalistische Partei, die ihre Aufgabe darin sieht, eine echte Bewegung von unten zu kontrollieren und zu unterdrücken.

Das hat sie in der Vergangenheit immer wieder bewiesen. Hier in Berlin wissen wir das nur zu gut. Ihre stalinistischen Vorgänger haben die Wiedereinführung des Kapitalismus in der Deutschen Demokratischen Republik [DDR] und die Zerschlagung der Fabriken dort während der Wende mitorganisiert.

Im SPD-Linksenats (Berliner Landesregierung) von 2001 bis 2011 hat die Linkspartei mit ihrer Sparpolitik die Hauptstadt ruiniert. Sie ist auch eng in die Rückkehr des deutschen Militarismus verwickelt. Wie alle Parteien des Establishments hat die Linkspartei mit ihrer arbeiterfeindlichen Sparpolitik den Weg für die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) geebnet.

Nein, wir können den Völkermord in Gaza und die Abschiebung der Berlin4 nicht stoppen, indem wir an diese Parteien und die Machthaber appellieren.

Staatliche Repression und die Eskalation des Krieges sind nicht das Ergebnis der falschen Politik dieses oder jenes Politikers. Sie folgen einer politischen Logik – der Logik des Kapitalismus.

Weltweit können Regierungen und Finanzeliten ihre Macht und ihren Reichtum nur mit autoritären Methoden aufrechterhalten.

Sie sitzen auf einem Pulverfass. Überall wächst die Wut über die Kluft zwischen Arm und Reich. Sozialkürzungen und Massenentlassungen stehen bevor. Die Kosten des Krieges sollen auf die Arbeiter*innen abgewälzt werden, junge Menschen sollen als Kanonenfutter geopfert werden.

Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt diese kriegsfreundliche Politik ab. Deshalb greifen die Machthaber zunehmend demokratische Rechte an. Ihre Politik der Repression ist kein Ausdruck von Stärke, sondern von Schwäche. Sie verteidigen mit aller Macht ein Sozialsystem, das gescheitert ist und nichts als Elend und Krieg hervorbringt.

In Gaza erleben wir täglich den Abstieg des Kapitalismus in die Barbarei, und Millionen Menschen fragen sich: Wie kann die Eskalation des Krieges endlich gestoppt werden? Wie können Deportationen verhindert werden?

Eines ist klar: Nicht durch Druck auf Regierungen und Hochschulverwaltungen oder Appelle an die kapitalistischen Parteien! Das ist eine Sackgasse, denn sie verfolgen in den Kriegen ihre eigenen wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen.

Wir sagen: Die Studierenden müssen sich an der Arbeiterklasse orientieren, der einzigen revolutionären Kraft in der Gesellschaft. Der Kampf gegen Völkermord und Krieg wird nicht hier auf dem Campus entschieden, sondern in den Fabriken, Häfen und anderen Arbeitsstätten weltweit.

Die internationale Arbeiterklasse ist eine mächtige soziale Kraft, die 3,5 Milliarden Menschen umfasst – 55 Prozent mehr als 1991. In Deutschland sind über 45 Millionen Menschen beschäftigt.

Ob Metallarbeiter oder Autowerker, Busfahrer oder Krankenschwestern, Paketzusteller oder Erzieher – die Arbeiterklasse hält jeden Tag die Gesellschaft am Laufen und schafft den gesamten gesellschaftlichen Reichtum. Viele Studenten müssen zusätzlich jobben, um steigende Mieten und Lebensmittelpreise zu bezahlen.

Die gefährliche Entwicklung in Richtung eines dritten Weltkriegs und die Vorbereitung einer Diktatur im eigenen Land können gestoppt werden, wenn die Arbeiterklasse auf der Grundlage einer revolutionären Politik mobilisiert und die Großbanken und Konzerne enteignet werden.

Dass dies möglich ist, zeigt ein entscheidendes Ereignis der Geschichte, an das ich am Ende meines Beitrags erinnern möchte.

Heute vor genau 108 Jahren, am 17. April 1917, wandte sich der russische Revolutionär Wladimir Lenin mit einer Rede an den Petrograder Sowjet, die als „Aprilthesen“ in die Geschichte eingegangen ist. Damit ebnete Lenin gemeinsam mit Leo Trotzki den Weg für die Machteroberung der Arbeiterklasse wenige Monate später, im Oktober 1917.

Die Oktoberrevolution beendete den Ersten Weltkrieg. Sie bewies, dass die Arbeiter in der Lage waren, das blutige Gemetzel zu beenden.

Der weitere Verlauf der Revolution zeigte jedoch auch, dass die Arbeiterklasse erstens eine revolutionäre Partei wie die Bolschewiki brauchte, die politisch vorbereitet war und die Massenbewegung anführte. Und zweitens, dass die Revolution nur verteidigt werden konnte, wenn sie auf dem Programm der Weltrevolution beruhte – und nicht auf der nationalistischen Politik, die Stalin dann vertrat.

Heute stehen wir vor der Aufgabe, eine solche revolutionäre Führung in der Arbeiterklasse weltweit aufzubauen.

Dafür kämpfen wir in den Internationalen Jugend- und Studentengruppen für Soziale Gleichheit. Als Jugend- und Studentenorganisation der Sozialistischen Gleichheitspartei sind wir Teil der trotzkistischen Weltbewegung.

Leo Trotzkis verteidigte die Perspektive des Internationalismus gegen Stalins reaktionären Nationalismus. Diesen Kampf müssen wir heute aufnehmen!

Wir rufen euch auf, den Marxismus und die Lehren der Geschichte zu studieren! Kommt an unseren Büchertisch und diskutiert diese Fragen mit uns. Werdet aktiv in der IYSSE, hinterlasst eure Kontaktdaten und unterstützt vor allem die Verteidigungskampagne für die Berlin4!

Ihr Schicksal hängt davon ab, dass wir eine revolutionäre Bewegung aufbauen, die gegen den Krieg und seine Wurzel, den Kapitalismus, kämpft.

Wie Rosa Luxemburg so treffend formulierte, stehen wir heute vor der Alternative: „Sozialismus oder Barbarei!“

Übersetzt mit Deepl.com

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